Urlaub, Erholung, Pause, Auftanken: Für viele der über 3,2 Millionen Frauen und Männer, die Tag für Tag ein krankes Familienmitglied daheim betreuen, sind das Fremdworte. Die einen haben seit Ausbruch des Coronavirus noch keine einzige Woche am Stück frei gemacht. Ganz zu schweigen von Ferien. Andere schieben eigene Operationen und Klinikaufenthalte vor sich her, weil sie davor zurückscheuen, ihren Partner oder die Oma in die Obhut anderer zu geben.

Dabei haben auch Laienpfleger Anspruch auf Erholung. „Viele nehmen sich zu wenig längere Auszeiten, das ist aber gerade bei chronischer Überlastung wichtig“, so Daniela Sulmann, Pflegeexpertin und Geschäftsleiterin im Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP). Viele wissen nicht, wie sich Pausen von der anstrengenden Betreuung überhaupt organisieren lassen. Die Leistungen der Pflegeversicherung bleiben häufig ungenutzt. Was zu tun ist, was finanziell drin ist und wer berät.

Was ist möglich?

Grundsätzlich gibt es zwei Wege, Urlaub oder Pause von der Pflege zu machen, wie Michaela Gottfried, Sprecherin des Verbands der Ersatzkassen (VDEK), erläutert: Die Verhinderungspflege, bei der der Kranke zu Hause von einem „Ersatzmann“ versorgt wird. Und die Kurzzeitpflege, bei der der Patient vorübergehend in ein Heim kommt. Möglich ist eine Entlastung von bis zu acht Wochen im Jahr. Die Zeit muss nicht an einem Stück genommen werden. Sie kann auf mehrere Kurzurlaube verteilt werden.

Und dann gibt es noch die Möglichkeit, gemeinsam mit dem pflegebedürftigen Ehemann oder der Oma zu verreisen. Das ist aber nur innerhalb Deutschlands möglich. Wie Auszeiten im Einzelfall organisiert werden können, sollte sich an den Bedürfnissen des Pflegebedürftigen orientieren, rät Gisela Rohmann, Expertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Nicht jeder Kranke mag sein vertrautes Zuhause verlassen.

Was bedeutet Verhinderungspflege?

Sie kann eine gute Lösung sein, wenn eine Pflegeperson Pause braucht und Pflegebedürftige weiter zu Hause betreut werden wollen. Als Ersatz können dann ambulante Pflegedienste einspringen, Kinder, Geschwister, Nachbarn oder Freunde. Verhinderungspflege kann auch stundenweise in Anspruch genommen werden.

Die Pflegekasse übernimmt die Kosten ab Pflegegrad zwei, und zwar bis zu sechs Wochen lang, in einer Höhe von maximal 1612 Euro im Jahr. Während der Verhinderungspflege wird mindestens die Hälfte des Pflegegeldes weitergezahlt. Aber: Die volle Unterstützung von 1612 Euro gibt es nur dann, wenn ein Außenstehender als Ersatzperson einspringt, also etwa die Nachbarin oder die Freundin.

Was muss bei der Ersatzpflege bedacht sein?

Übernehmen nahe Verwandte ersten oder zweiten Grades die Verhinderungspflege, beispielsweise die Schwester oder der Enkel, fließt weniger Geld, und zwar anteilig nur das, was dem Pflegegeld entspricht. Sie können höchstens noch Extra-Kosten für Fahrtkosten, Verdienstausfall oder eine notwendige Kinderbetreuung in der Vertretungszeit geltend machen.

Außerdem wichtig, damit die Pflegekasse zahlt: Der oder die Kranke muss zuvor mindestens sechs Monate zu Hause gepflegt worden sein. Zu bedenken gilt immer: Werden Profis vom ambulanten Pflegedienst als Urlaubsvertretung engagiert, ist das Geld der Kasse recht schnell aufgebraucht, so Rohmann. Die Auszeit muss dann entweder kürzer ausfallen oder der Pflegebedürftige zahlt drauf. Die meisten Familien suchen deshalb einen Ersatz aus dem Umfeld.

Was bedeutet Kurzzeitpflege?

Findet sich kein Ersatz oder ist eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung gefragt, kann die stationäre Unterbringung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung eine Alternative sein. Viele Senioren- und Pflegeheime bieten Betten für Übergangszeiten an. Spontan verreisen dürfte aber kaum klappen. In der Urlaubszeit sind freie Plätze Mangelware, lange Vorbereitung tut Not.

Auch die Kurz­zeitpflege zahlt die Pflegekasse nur dann, wenn der oder die Kranke mindestens Pfle­gegrad zwei hat, dafür bis zu acht Wochen im Jahr mit bis zu 1612 Euro Zuschuss. Je höher die Pflegestufe des Kranken, desto schneller ist der Betrag erschöpft. Unterkunft und Mahlzeiten müssen Hilfsbedürftige zudem selbst zahlen. Aber: Die Hälfte des Pflegegeldes wird auch während der Kurzzeitpflege weitergezahlt.

Was ist mit Kombination drin?

Interessant kann die Kombination der Verhinderungs- mit der Kurz­zeit­pflege sein – wenn im laufenden Kalender­jahr keine Leistungen für die Kurz­zeit­pflege abgerufen wurden. Umge­kehrt gilt das ebenso. Auf Antrag stockt die Pflegekasse das Geld für die Verhinderungs­pflege dann um die Hälfte des Betrages für die Kurz­zeit­pflege von 1612 Euro auf maximal 2418 Euro auf. Oder sie erhöht den Zuschuss zur Kurz­zeit­pflege auf bis zu 3224 Euro, wenn die Verhinderungs­pflege ungenutzt blieb, wie Stiftung Warentest vorrechnet.

Geht auch eine gemeinsame Auszeit?

Ja. Wer zum Beispiel seinen kranken Ehemann oder die kranke Ehefrau mit in Erholung innerhalb Deutschlands nehmen will, kann das tun. „Es gibt immer mehr spezialisierte Urlaubsangebote für Pflegende und deren Angehörige“, erklärt Sulmann.

Inzwischen haben sich viele Pensionen und Hotels auf diese Art der „Pflegeferien“ spezialisiert. Wer möchte, kann die Kurzzeitpflege seines kranken Ehemanns in Bayern oder an der Ostsee organisieren und selbst dort Urlaub machen. Oder gemeinsam in einem Pflegehotel Zeit verbringen.