Das brutale Verbrechen erschütterte Freiburg und war deutschlandweit in den Schlagzeilen. Vor zehn Jahren wurde in Freiburg ein achtjähriger Junge ermordet. Von dem Täter fehlt bis heute jede Spur, auch das Motiv ist unklar.

Die Ermittler, die damals im Einsatz waren, beschäftigt der Fall noch heute. Noch immer gehen vereinzelt neue Hinweise ein, Spuren werden überprüft und ausgewertet, Zeugen werden befragt. Der Erfolg, die Festnahme des Täters, bleibt der Polizei bis heute versagt. Doch aufgeben will sie nicht.

Armani wurde erwürgt

Es ist der zehnte Jahrestag eines ungewöhnlichen Kriminalfalls: Am 21. Juli 2014 findet ein Spaziergänger in einem Bach in Freiburg, direkt neben der Kleingartenanlage Vogelnest und nur 400 Meter vom Polizeipräsidium entfernt, ein totes Kind. Es ist die Leiche des achtjährigen Armani. Der Junge ist am Abend zuvor zuletzt lebend gesehen worden, auf einem Spielplatz in der Nähe seiner Wohnung, vier Kilometer vom späteren Fundort entfernt. Er spielte mit seinem Fußball. Bald steht fest: Armani wurde erwürgt. Der Fall sorgt bundesweit für Aufsehen.

„Wenn ein Kind gewaltsam zu Tode kommt, ist das für Polizisten, die den Fall aufzuklären haben, eine besondere Belastung“, sagt Thomas Schönefeld, Erster Kriminalhauptkommissar bei der Kriminalpolizei in Freiburg. Er war von Beginn an mit dem Fall betraut, leitete die nach der Tat gebildete Sonderkommission und Ermittlungsgruppe „Bach“ und ist heute der Hauptsachbearbeiter in dem Fall.

Der Fundort des getöten Armani in Freiburg, aufgenommen 2015. Der Bach befindet sich vier Kilometer von dem Spielplatz entfernt, wo der ...
Der Fundort des getöten Armani in Freiburg, aufgenommen 2015. Der Bach befindet sich vier Kilometer von dem Spielplatz entfernt, wo der Junge zuletzt lebend gesehen wurde. | Bild: Patrick Seeger/dpa

„Wir haben den Fall nicht zu den Akten gelegt. Der Fall Armani ist kein Cold Case“, stellt Schönefeld klar. Unter Cold Case verstehen Kriminalisten ungeklärte Verbrechen, in denen nicht mehr regulär ermittelt wird. Im Fall des toten Armani ist das anders, der gewaltsame Tod des Jungen beschäftigt auch ein Jahrzehnt nach der Tat die Kriminalisten.

„Der Fall umfasst 25 prall gefüllte Umzugskartons voller Aktenordner“, erzählt Schönefeld. Einige der Ordner stehen in seinem Büro und werden bearbeitet. Dass der gewaltsame Tod eines Kindes unaufgeklärt bleibt, sei ungewöhnlich und für alle eine Belastung, erzählt der Beamte.

2368 Zeugen, Tausende Zeugen

Die Ermittler sind in den zehn Jahren 2368 Spuren nachgegangen und haben mehrere Tausend Zeugen vernommen. 20 der Spuren stammen aus diesem Jahr. „Teilweise werden damals vernommene Personen nochmals vernommen und es werden aktuelle neue Hinweise bearbeitet.“ Denn aus der Bevölkerung gehen noch immer Hinweise ein: „Teilweise aus dem Umfeld des Opfers, teilweise melden sich aber auch nach wie vor Zeugen, denen im Nachhinein etwas eingefallen ist oder die eine neuerliche Beobachtung mit dem Fall Armani in Verbindung bringen.“

Die Beamten gehen diesen Hinweisen nach. Hinzu kommt die Kriminaltechnik: Spuren von damals werden regelmäßig neu untersucht – mit veränderten Fragestellungen oder anderen Methoden. Hierzu steht die Freiburger Polizei im Austausch mit Experten des Landeskriminalamtes (LKA) in Stuttgart.

Mit solchen Zetteln wurden 2014 Zeugen gesucht – bis heute bekommt die Polizei immer wieder Hinweise.
Mit solchen Zetteln wurden 2014 Zeugen gesucht – bis heute bekommt die Polizei immer wieder Hinweise. | Bild: Patrick Seeger/dpa

2019 und 2022 hat die Polizei noch einmal aufwendig recherchiert und Ermittlungsgruppen gebildet. So hatte sie nach der Tat alle Mülleimer rund um den Spielplatz, an dem Armani zuletzt lebend gesehen wurde, sichergestellt. Der Inhalt sämtlicher Eimer wurde durch die neu gebildeten Ermittlungsgruppen grundlegend untersucht. Jedoch ohne greifbares Ergebnis.

Die beiden Hauptsachbearbeiter der Kriminalpolizei in Freiburg, die sich heute um den Fall kümmern, sind auch Ansprechpartner für die Familie des Opfers und halten diesen Kontakt aufrecht. Die Mutter des Jungen hat jüngst RTL ein Interview gegeben. „Armani war ein Strahlemann, ein Sonnenschein, hat viel Humor gehabt“, erinnerte sie sich. Bis in die Morgenstunden habe die Familie damals nach ihm gesucht. Bis die Polizei die Leiche fand. Noch immer habe sie Hoffnung, dass Armanis Mörder gefasst werde.

„Jeden Stein umgedreht“

Mehr als 70 Polizisten arbeiten anfangs in einer Sonderkommission. „Wir haben jeden Stein umgedreht“, erinnert sich einer von ihnen. Zweimal suchten sie in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY – ungelöst“ nach Hinweisen, der Privatsender Vox widmete sich jüngst in der Sendung „Die letzte Spur“ dem Fall. Doch wesentliche Fragen sind bis heute unbeantwortet.

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„Wir wissen, wo Armani zuletzt lebend gesehen und wo seine Leiche gefunden wurde. Was dazwischen passiert ist, wissen wir nicht“, sagt Ermittler Schönefeld. Brauchbare Spuren fanden sich nur wenige. Und es gibt keine Zeugen, die etwas gesehen haben. Ob es sich um ein Sexualdelikt handelt, ist unklar. Es gebe keinen Hinweis darauf, ausgeschlossen werden könne es aber nicht, sagt die Polizei.

„Es ist aufgrund der schwierigen Spurenlage nicht zwangsläufig zu erwarten, dass Kommissar Zufall einen DNA-Treffer aus der polizeilichen Analysedatei ausspuckt“, sagt die Freiburger Polizeisprecherin Laura Riske. Aber dennoch gebe es regelmäßig neue Ansatzpunkte und somit die Hoffnung, den Mord irgendwann aufklären zu können.

Untersucht werden auch immer wieder mögliche Parallelen zu anderen Fällen – wenn beispielsweise Kinder Opfer von Verbrechen oder vermisst werden. Doch auch hier: bislang Fehlanzeige.