Beim Thema Nachbarschaft steigt bei manchem in der Grenzregion der Blutdruck: Einkaufstourismus, Fluglärmstreit, Atommülllager, Landkauf, Pizza- und Taxistreit – die Liste der Reibungspunkte entlang der Grenze zur Eidgenossenschaft ist beträchtlich. Doch zumindest beim Handwerkerstreit hat sich die Situation ein wenig entspannt, wobei das Problem noch nicht beseitigt ist.
Seit Jahren gibt es Klagen unter deutschen Handwerkern wegen der Kautionspflicht und wegen der komplexen Anforderungen auf Schweizer Seite, die viele Unternehmer die Haare raufen lassen. Wenn ein Handwerker jenseits der Grenze eine Dienstleistung erbringt, muss er diese anmelden und – bei Aufträgen über 2000 Euro – eine Sicherheit in Höhe von 5000 Schweizer Franken und mehr hinterlegen. Die Schweiz hatte diese Regelung im Kampf gegen mögliche Dumpinglöhne eingeführt, auch um die eigene Wirtschaft zu schützen. Denn deutsche Handwerker sind in der qualitätsbewussten Schweiz willkommen, und der hohe Schweizer Franken bringt weitere Vorteile.
An der gesalzenen Kaution hat sich bis heute nichts geändert; dagegen sei das Verfahren inzwischen transparenter, erklärt Sonja Zeiger-Heizmann von der Handwerkskammer Konstanz. Die Juristin verfolgt den Zwist seit Jahren, berät die Handwerker in Deutschland und kommt zu dem Schluss: Für viele sei das ohne fachkundige Beratung nicht allein zu stemmen. „Oft rufen bei uns auch Steuerberater an, weil es viele kleine Punkte zu beachten gilt.“
Schon ein kleiner Fehler, etwa bei der Lohnkalkulation, kann dabei gravierende Folgen haben. Veranschlagt ein Unternehmer nur wenige Euro-Cent zu niedrig beim Stundenlohn beispielsweise für seine fünf Mitarbeiter, die drei Wochen in der Schweiz arbeiten, so kann er schon kräftig zur Kasse gebeten werden. Dann nämlich, wenn er den Schweizer Mindestlohn unterbietet. Immerhin habe die trinationalen Arbeitsgruppe erreicht, dass die Bagatellgrenze auf 100 Franken heraufgesetzt wurde, erklärt Zeiger-Heizmann. Bislang zahlte der Unternehmer nämlich mindestens 500 Franken Strafe, wenn die Gesamtsumme mehr als 4,9 Franken darüber lag.
Die Eidgenossen kontrollieren ausländische Baustellen streng. Weit über die Hälfte werde vor Ort unter die Lupe genommen, weiß Zeiger-Heizmann. Kein Wunder, denn das sei auch leicht organisierbar: Jeder ausländische Betrieb muss seine Tätigkeit in der Schweiz mindestens acht Tage vor Beginn melden. Da ist es ein Leichtes, Einsätze zu planen. Gegen die Kontrollen hat die Kammer zwar nichts. Für Verärgerung sorgt aber die Komplexität des Verfahrens, das sich Zeiger-Heizmann deutliche einfacher wünscht.
Eine Entschlackung der Vorschriften ist wünschenswert,“ sagt die Außenwirtschafts-Expertin und sie ergänzt: „Wir würden auch keine weitere Verschärfung begrüßen.“ Die droht aber von Bern aus, wo eine Änderung der Umsatzsteuerpflicht von 2018 an geplant ist. Deutsche Betriebe mit einem Gesamtumsatz von mehr als 100 000 Schweizer Franken jährlich sollen dann eine weitere Sicherheit hinterlegen. Dazu bedarf es eines Fiskalvertreters – eines Befugten, der wieder etwas kostet. „Das heißt, dass dann fast jeder Kleinbetrieb in die Mehrwertsteuerpflicht kommt,“ sagt die Juristin. Dadurch würden neue Hürden errichtet, die vor allem kleineren Betrieben zu schaffen machen könnten. Denn neben der Kaution und der Sicherheit für die Mehrwertsteuer entfallen dann auch noch ein paar hundert Euro für den Fiskalvertreter. Das würde sich für manchen nicht mehr rechnen.
Zeiger-Heizmann schlägt daher eine Ergänzung vor: „Wenn die Regel eingeführt würde, dass die Schweiz das über ein Online-Portal macht ohne einen verpflichtenden Fiskalvertreter, würde man damit leben können.“ Sie ist zuversichtlich, dass das Problem auf der politischen Schiene gelöst wird. „Die Schweiz investiert viel Geld und Zeit, um Regeln transparent zu machen. Ich gehe davon aus, dass sie dieses Know-how auch für die Mehrwertsteuer nutzt.“
Das sind die Regeln
- In der Schweiz kann jeder ausländische Betrieb 90 Tage pro Kalenderjahr arbeiten. Wichtig: Eine Anmeldung über das Online-Portal (meweb.admin.ch/meldeverfahren) ist Pflicht und muss mindestens acht Tage vorher geschehen.
- Die Handwerkskammer Konstanz weist darauf hin, dass sich bei Dienstleistungen in der Schweiz deutsche Arbeitgeber an bestimmte orts- und branchenübliche Arbeits- und Lohnbedingungen halten müssen. Seit April 2014 gilt eine überarbeitete Weisung zum internationalen Lohnvergleich.
- Ausländische wie Schweizer Handwerksbetriebe müssen eine Kaution hinterlegen. Diese ist eine Sicherheitsleistung, wenn sich Betriebe nicht an den Schweizer Mindestlohn halten.
- Handwerker aus Deutschland müssen bei einer Kontrolle neben der Meldebestätigung auch eine Sozialversicherungsbescheinigung und die Kopie des Werkvertrags vorlegen können. Weitere Informationen im Internet bei der Handwerkskammer unterwww.hwk-konstanz.de