Schwerer Schlag für den Industriestandort St. Georgen. Bei der Firma J.G Weisser, die sich im Insolvenzverfahren befindet, sollen 108 Mitarbeiter entlassen werden. Sie sollen in eine Transfergesellschaft wechseln. Dies verkündete Rechtsanwalt Markus Fauser, der mit Kollegen die Insolvenzverwaltung übernommen hat, bei einer Belegschaftsversammlung am Donnerstag. Durch diesen massiven Einschnitt, so verdeutlichte er vor den Mitarbeitern, gebe es noch eine Chance, das Unternehmen zu retten.
Bislang kein Investor gefunden
Anlass für diese drastische Maßnahme: Schon seit Monaten führt das Team um Markus Fauser und Tobias Wahl von der Kanzlei Anchor Rechtsanwälte als Generalbevollmächtigte des Insolvenzverfahrens Verhandlungen mit potenziellen Investoren, die Interesse haben, das angeschlagene Unternehmen in St. Georgen zu übernehmen. Wie berichtet, hat das Maschinenbauunternehmen im September 2024 Insolvenz angemeldet. Obwohl es offenbar eine ganze Reihe von Interessenten gibt, so führte Fauser vor den Mitarbeitern aus, hat bislang noch kein Investor eine Unterschrift geleistet.
Die Insolvenzverwalter teilten jetzt in einer Presserklärung mit, dass eine „langfristige Lösung für die Zukunft des Unternehmens angestrebt“ werde. Und wörtlich: „Im Rahmen der laufenden Restrukturierung war es nun notwendig, personelle Maßnahmen zu ergreifen, um die Fortführung des Geschäftsbetriebs abzusichern. Insgesamt 108 Beschäftigte müssen das Unternehmen verlassen – die Information ist gestern (Donnerstag) erfolgt.
Für die betroffenen Mitarbeiter soll demnach eine Transfergesellschaft mit einer Laufzeit von bis zu sechs Monaten eingerichtet werden. Ziel ist es dabei, den Übergang in neue Beschäftigungsverhältnisse sozialverträglich zu gestalten, neue Perspektiven zu eröffnen und Qualifikationsmaßnahmen anzubieten.
Der Schritt war „alternativlos“
Wörtlich heißt es weiter: „Diese Entscheidung „ist uns außerordentlich schwergefallen. Wir wissen um die Verdienste der Kolleginnen und Kollegen und bedanken uns ausdrücklich für ihren Einsatz. Gleichzeitig war dieser Schritt alternativlos, um die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zu sichern und den laufenden Sanierungsprozess nicht zu gefährden“, sagt Markus Fauser von Anchor Rechtsanwälte, der gemeinsam mit Tobias Wahl und David Blum als Generalbevollmächtigter bei J.G. Weisser den Sanierungsprozess begleitet.
Zwei Lösungswege im Fokus
Die verantwortlichen Akteure setzen weiterhin alles daran, eine nachhaltige Zukunftslösung für den Automobilzulieferer zu finden. Mehrere Interessenten, so die Insolvenzverwalter, hätten ihr fortbestehendes Interesse einer Übernahme bekundet, befinden sich jedoch weiter noch in der Phase der Prüfung.
„Der Investorenprozess läuft unverändert weiter. Die aktuelle Lage auf den internationalen Märkten sowie die geopolitischen Verwerfungen haben die Abläufe deutlich verzögert. Dennoch arbeiten wir mit Hochdruck an einer Lösung. Das Unternehmen verfügt über eine sehr starke und treue Kundenbasis, ein herausragendes technologisches Know-how, eine starke Marke sowie qualifizierte und motivierte Mitarbeitende“, betont Fauser. Parallel wird ein alternativer Fortführungspfad entwickelt, der die eigenständige Weiterführung des Unternehmens ermöglichen soll, falls kein tragfähiges Investorenkonzept realisiert werden kann. Dieses Szenario befindet sich derzeit in konzeptioneller Erarbeitung.
Fauser verdeutlicht zugleich, dass er die Liquidation unter allen Umständen vermeiden will. Denn das Unternehmen und seine Produkte hätten wie vor einen sehr guten Ruf am Markt.
Angebot einer Transfergesellschaft
Dass den betroffenen Mitarbeitern angeboten wurde, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, wo sie bis zu einer Vermittlung eine Bezahlung und Fortbildung beanspruchen können, wird aus Sicht der Gewerkschaft IG Metall als sehr positiv zu wertendes Angebot beurteilt. Dass ein Unternehmen in Insolvenz ein solches Angebot unterbreite, „ist schon sehr ungewöhnlich“, freut sich der Thomas Bleile, der 1. Bezirksbevollmächtigte.
Maßnahme nicht überraschend
Die Entlassungen gehen offenbar querbeet durch alle Abteilungen. Nach dem Eindruck von Bleile haben schon viele Beschäftigte mit Entlassungen gerechnet, nach dem sich seit vergangenem September in Sachen Übernahme nichts Entscheidendes getan hat. Einzig die hohe Zahl von über hundert Kündigungen habe doch überrascht.
Viele sind schon gegangen
Von den ehemaligen 340 Mitarbeitern haben sich Kenntnis des Gewerkschafters viele auf eigene Faust eine andere Beschäftigung gesucht und seien gegangen. Die Zahl der noch bei Weisser Beschäftigten liegt nach seiner Kenntnis inzwischen „unter 300“.
Der Insolvenzverwalter informierte in der Versammlung auch, dass derzeit intensiv mit den Kunden des Unternehmens verhandelt werde, um festzustellen, ob diese in ausreichender Zahl weiterhin der IG Weisser treu bleiben. Diese Verhandlungen werden wohl noch fortgesetzt.
Eine letzte Chance für Weisser?
„Es tut uns brutal weh, wenn 107 Mitarbeiter hier ihren Job verlieren“, betonte Thomas Bleile. Allerdings attestierte er dem Anwaltsteam von Anchor-Rechtsanwälten, dass diese intensivst bemüht seien, das Unternehmen zu retten. Die jetzigen Entlassungen eröffne für den Rest des Unternehmens eine Chance, dass es weitergehen könne.
Bürgermeister: „Ein großes Drama“
Bürgermeister Michael Rieger erfuhr vom SÜDKURIER von der dramatischen Entwicklung. „Es ist ein großes Drama, für die Firma, ganz besonderes für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für die Stadt und die Region“, sagte Rieger. IG Weisser sei ja nicht irgendwer, sondern war seit Generationen ein bedeutender Name und großer Arbeitgeber. „Die Nachricht über die Entlassungen ist definitiv ein Schlag in die Magengrube und es stimmt sicher nicht nur mich traurig, was da gerade passiert. Die Frage wird sein, wohin die künftige Reise geht und wer letztendlich die Geschicke dort in die Hand nimmt.“

Rieger sagte aber auch: St. Georgen sei als Industriestandort immer wieder von solchen negativen Meldungen betroffen gewesen, habe es aber immer geschafft, „gestärkt aus solchen Krisenzeit herauszukommen“. Leider spiegle diese Situation von einigen Ausnahmen abgesehen, die gesamtwirtschaftlich Lage wider, die Deutschland gerade durchmache.
Jetzt gelte es, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern nach Möglichkeiten zu suchen, die den Schaden abmildern und die Lage verbessern. „Leider sind mir persönlich oder der Stadt in diesen Dingen die Hände gebunden. Aber sollte es Möglichkeiten geben, wo wir helfen können, werden wir das sicher tun.“