Abschürfungen an den Beinen, Kratzer, Hämatome an den Oberarmen, an den Händen und Oberschenkeln. Abgebrochene Fingernägel. Kratzspuren und unzählige DNA-Spuren auf ihrer Kleidung. Franziska W. trug an jenem Abend Mitte Oktober ein langes Shirt, einen Rock mit einem Ledergürtel kombiniert, um den Hals eine Kette mit einem Kreuz. Ermittler Stefan Sandner beschreibt, welche Verletzungen bei der 18-Jährigen festgestellt wurden, als sie am Morgen danach die Polizeidienststelle in Waldkirch aufsuchte. Die Kleidung von jener Nacht trug sie noch.

Wie Franziska W. die Tat beschreibt

Was sich in jener Nacht abspielte, beschreibt Ermittler Sandner unter Berufung auf Franziska W.‚s Aussagen bei der Polizei. Sie war mit ihrer Freundin unterwegs, bevor sie zu dem Club im Freiburger Industriegebiet gingen, tranken sie etwas. Im Club angekommen begegnen sie Alaa A. Er verkauft ihnen zwei Ecstasy-Pillen – herzförmig und rot, beschreibt sie die junge Frau, die später in diesem Prozess als Zeugin auftreten wird. Die beiden nehmen die Pillen ein. Sie treffen auf Majd H. Er fragt, ob die beiden etwas trinken wollen. Sie antworten nicht, doch der 21-Jährige kommt zurück mit zwei Vodka-Bull.

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Franziska W. trinkt davon, ihre Freundin Corinna S. nicht. Die 18-Jährige kommt ins Gespräch mit H., es geht um seine Tattoos. Er will ihr ein weiteres Tattoo zeigen, am Oberschenkel – das will er nicht im Club machen. Er fragt sie, ob sie mit nach draußen kommt. Ihre Freundin versucht, das zu verhindern. Doch Franziska W. will mit. Sie macht mit Corinna S. einen Treffpunkt aus, zu dem sie nie erscheinen wird.

Die Vergewaltigung hat laut Kripo etwa zwei Stunden gedauert

Was folgt, daran erinnert sich Franziska W. nicht vollständig. Nur ihren ersten Peiniger kann sie identifizieren. Aber sie weiß noch, dass sich „mindestens zehn bis 15 Männer“ an ihr vergangen haben – so steht es in ihrer Aussage. Sie wird missbraucht, oral und vaginal, festgehalten am Hinterkopf, auf den Boden gedrückt. Später sagt sie bei der Polizei aus, dass sie geweint und gewimmert habe, versucht habe, mit ihrer Körperhaltung eine abwehrende Haltung einzunehmen. Doch die Wirkung der Drogen habe zugenommen. „Sie hatte die Kontrolle über ihren Körper nicht mehr“, zitiert Ermittler Sandner aus ihrer Aussage. Die Tat im Gebüsch neben der Disko habe, so hat es die Kripo rekonstruiert, etwa zwei Stunden gedauert.

Tatort Gruppenvergewaltigung Video: Moll, Mirjam

Der letzte soll Muhamad M. gewesen sein. Er bleibt bei der jungen Frau, bei der die Wirkung der Drogen langsam nachzulassen scheint. „Womit hat man das verdient“, fragt sie. Und irgendwann: „Ich fühle mich entehrt.“ Der junge Mann reagiert: „Ich bleibe bei dir, bis es dir gut geht, vielleicht brauchst du Hilfe“, antwortet die Männerstimme der automatischen Aufnahme des Smartphones von Muhamad M. Franziska schluchzt hörbar. „Wir haben dir gesagt, möchtest du nur Sex haben, blasen oder einfach Spaß haben, da hab ich gesagt ja ok“.

Muhamad M. hilft ihr aus dem Gebüsch, gemeinsam gehen sie zum Parkplatz des nahgelegenen Baumarkts. Franziska W. sieht in Muhamad M. in diesem Moment einen Helfer. „Du bist so ein unglaublich guter Mensch, ein Engel“, sagt sie ihm.

Inzwischen hat ihre Freundin Bekannte angerufen und bei der Suche nach Franziska W. um Hilfe gebeten. Corinna S. fragt Majd H. nach dem Verbleib von ihrer Freundin – der will nicht wissen, wo sie sich aufhält. Erst um 5 Uhr morgens finden sie sie auf dem Parkplatz. Sie sehen einen Streifenwagen in der Nähe, doch Muhamad M. überredet sie, nicht dorthin zu gehen. Sie kehren zurück zum Club, um Franziskas Sachen zu holen, zum Tatort, wo sie nach Armbändern, einem Ring und ihrer Uhr sucht.

Polizei kann mit Hilfe einer App Gespräche aufzeichnen

Die Tonbandaufnahme verzerrt die Stimmen ein wenig, aber die Passagen von Franziska W. sind gut zu verstehen. Muhamad M. telefonierte mit einem Freund, berichtete von der Frau und wo er ist – auf arabisch. Eine Hintergrundapp nimmt automatisch auf, speichert die letzten 200 Anrufe. So konnte das LKA die Aufnahme auswerten. „Es ist die einzige Aufnahme von der Tatnacht“, betont Richter Stefan Bürgelin.

In jener Nacht sieht Franziska W. in dem jungen Mann einen Helfer. Ihrer Freundin sagt sie sofort, als sie sie gefunden haben, dass sie vergewaltigt wurde. Am nächsten Morgen geht sie zur Polizei. Ihr wird Blut und eine Haarprobe abgenommen, darin werden Spuren von Betäubungsmitteln gefunden, die Staatsanwaltschaft vermutet K.O.-Tropfen. Ihre Kleidung wird rechtsmedizinisch untersucht.

Die Verletzungen an ihrem Körper werden dokumentiert. Ermittler Sandner zitiert aus dem Gutachten der Rechtsmedizin: „Die Verletzungen decken sich mit den Aussagen des Opfers.“ Demnach können die Hämatome nur durch ein starkes Festhalten entstanden sein – was für die Version des Opfers und gegen die Darstellung der beiden Angeklagten, die bislang aussagten, spricht, die junge Frau habe den Sex eingefordert.