Der Beruf ist mehrere Jahrhunderte alt und war zu seiner Entstehung ein Lebensgarant, sorgte der Schornsteinfeger doch für einen freien Kamin und damit weniger Brände. In Filmen wie Mary Poppins wird er besungen, ein Ballett ist ihm gewidmet und es soll Glück bringen, ihn zu berühren.

Doch bald könnte das der Geschichte angehören, wenn es nach Plänen der Regierung keine Feuerstellen wie Gas- und Ölheizungen mehr gibt. Stirbt der Schornsteinfeger dann aus? „Irgendwann ja“, sagt Stefan Hüsges, Schornsteinfegermeister und bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger aus Hilzingen. „Aber irgendwann sterben auch die Wärmepumpen wieder aus.“

Kamine kehren, mit Ruß bedeckt, eine Drahtbürste in der Hand auf dem Dach stehend – die klassische Vorstellung des Schornsteinfegers erfüllt der Beruf in der heutigen Zeit nur noch selten, weiß Hüsges aus eigener Erfahrung. 1976 begann der heutige Schornsteinfegermeister seine Ausbildung. Für ihn gar keine Frage, schon sein Vater war Schornsteinfeger, sein Bruder und Onkel ebenfalls.

„Wenn wir an 20 Tagen im Jahr reine Kehrarbeiten machen, dann ist das viel“, sagt Hüsges zu der Arbeit heute. Meist vermischen sich die Aufgabengebiete: Dann ist mal ein Kamin zu fegen, aber Öl- und Gasheizungen werden an diesen Tagen auch gewartet, es wird eine neue Feuerstätte in Betrieb genommen oder ein alter Kachelofen aufgerüstet, damit die modernen Abgaswerte erfüllt werden.

Verwaltungsarbeit statt Kehrarbeit

Doch er ersticke auch in Verwaltungsarbeit, sagt Hüsges. Besonders die berühmten Zettel an den Türen, mit denen sich der Schornsteinfeger zur obligatorischen Kontrolle anmeldet, sorge für nicht stillstehende Telefone. „Bei zehn Haushalten rufen mindestens die Hälfte an, weil sie den Termin verschieben müssen. Irgendwas ist immer“, so Hüsges.

Doch könnte bald das Telefon ganz still stehen? Denn nach den Plänen der Bundesregierung dürfen ab 2024 keine Öl- und Gasheizungen mehr in neuen Gebäuden verbaut werden. Stattdessen sollen Hauseigentümer auf beispielsweise Wärmepumpen setzen. Die kommen ganz ohne Feuerstätte aus. Und ohne Feuerstätte braucht es auch erst einmal keinen Schornsteinfeger, sagt Hüsges.

Schornsteinfeger trotz Wärmepumpe?

Doch es gibt da auch noch eine andere Idee. Volker Jobst ist Sprecher des Landesinnungsverbands Baden-Württemberg und bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger in der Region Wiesloch. Er sagt: Obsolet werden muss der Schornsteinfeger auch bei der Wärmepumpe nicht.

Volker Jobst, Sprecher des Landesinnungsverbands Baden-Württemberg und bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger in der Region Wiesloch
Volker Jobst, Sprecher des Landesinnungsverbands Baden-Württemberg und bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger in der Region Wiesloch | Bild: Volker Jobst

Denn diese müssen regelmäßig gewartet werden. Die Wartung werde zwar nicht der Schornsteinfeger übernehmen, aber die Kontrolle der Wärmepumpe auf ihre Effizienz wäre bei dem Berufsbild gut angesiedelt, so Jobst.

Bisher sieht der Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums die Kontrolle nur bei Mehrfamilienhäusern vor, allerdings ohne Festlegung auf Schornsteinfeger als allein Zuständige. Jobst plädiert auch auf die Kontrolle bei Einfamilienhäusern: „Sonst verbrauchen sie zu viel Strom und das ist auch nicht im Sinne des Klimaschutzes.“

80 Prozent der Anlagen könnten wegfallen

Schornsteinfegermeister Stefan Hüsges sieht es ohnehin gelassen: Denn bereits jetzt fallen immer mehr Gebäude weg, die kontrolliert werden müssen. „Es werden von Jahr zu Jahr weniger“, sagt er. Und in Hilzingen könnten bald sogar 70 bis 80 Prozent der Anlagen im Gebiet von Hüsges wegfallen, wenn die Pläne zum Wärmenetz umgesetzt werden.

Was erschreckend klingen mag, ist in den Augen des Gebietsschornsteinfegers eine gute Fügung: „Wir werden gemeinsam schrumpfen“, sagt Hüsges und meint damit den Gebäudebestand und die Schornsteinfeger. Denn gleichzeitig gebe es derzeit weniger junge Menschen, die den Beruf ausüben möchten.

Beitrag zum Klimaschutz: Von schmutzigen Händen zu sauberer Technik

Ein Nachwuchsproblem habe die Branche aber noch nicht, sagt Innungssprecher Jobst. „Wir haben keinen Mangel, aber Bedarf“, so Jobst. Trotzdem sei das Handwerk bundesweit gut aufgestellt.

Der Beitrag, den der Beruf künftig zum Klimaschutz leisten könnte, „würde uns in die Karten spielen“, sagt Jobst. Derzeit gibt es laut Innung rund 2300 Schornsteinfeger in gut 900 Bezirken landesweit.

„Mit Umstellungen können wir umgehen“, sagt Jobst. Es werde künftig darauf hinauslaufen, dass Schornsteinfeger mehr Energieberatungen durchführen und auch die Reinigung von Lüftungsanlagen, wie den Filterwechsel, übernehmen.

Schornsteinfeger werden sobald nicht verschwinden

Dazu kommt, dass der Schornsteinfeger auch als Informationsquelle dient: Niemand kenne den Zustand der Häuser in der Fläche, die Besitzerwechsel, die Feuerstätten und Rohrisolierungen so gut wie der Schornsteinfeger. „In meinem Gebiet stehen über 2000 Gebäude“, sagt Hüsges, „über die ich sehr gut informiert bin.“

Kommunen brauchen diese Daten beispielsweise, um ihre eignen Klimaziele zu definieren. Und Bundesministerien möchten künftig über den Wandaufbau und die Wärmedämmung der Häuser informiert werden, berichtet Hüsges. Beides Daten, die der Schornsteinfeger bereits hat oder erheben kann.

Aufgabenfeld von Schornsteinfegern wird sich wandeln

Hüsges will auch in der Energieberatung wieder mehr tätig werden und beispielsweise den hydraulischen Abgleich bei neu verbauten Heizungsanlagen vornehmen. Die Heizungsinstallateure müssen dann nur noch die Details umsetzen und können so entlastet werden, sagt Hüsges.

Zudem hat sich der Schornsteinfegermeister bei der Verbraucherzentrale als neutraler Berater eintragen lassen. Die Kunden würden sich eine Zweitmeinung zunehmend wünschen, weiß Hüsges aus eigenen Erfahrungen.

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Noch sei vieles Zukunftsmusik, doch auch wenn der Schornsteinfeger nicht mehr jährlich in die Privathaushalte kommt, habe er noch Zukunft, sind sich die beiden Männer sicher. Zumal Holzöfen zwar auch reguliert werden, vom Aus für Öl- und Gasheizungen aber nicht betroffen sind.