Seit bald 30 Jahren dreht sich die Imperia an der Hafeneinfahrt von Konstanz. Sie zählt zu den meistfotografierten Motiven in der Stadt, ja: am ganzen Bodensee. Vielen gilt sie gar als Wahrzeichen der alten Bischofsstadt – als steingewordene Sharon Stone wacht sie über den Schlaf der Bürger.

Für ihren Schöpfer Peter Lenk ist dieses Jubiläum ein guter Anlass, um die Ereignisse in den frühen 90er-Jahren Revue passieren zu lassen. In seinem neuen Buch lässt der Schalk aus Bodman nochmals die Akteure von damals auffahren.

Der Gipfel des Lenk-Kosmos

Die Figur der Kurtisane darf als Gipfel des Lenk-Kosmos gelten. Es begann damit, dass der Künstler mit einem Journalisten zusammenstand, was bereits kreativverdächtig ist. Werner Häusler (gestorben 2015) war freiberuflicher Gerichtsreporter, der für den SÜDKURIER und andere Zeitungen schrieb – und der als Chef des Verkehrsvereins grübelte, was Konstanz dem Lindauer Löwen entgegensetzen könnte. Im Gespräch entwickelten Häusler und Lenk den Plan für eine Hafenfigur. Am 24. April 1993 wurde sie aufgestellt.

In seinem Buch schildert Lenk den langwierigen Weg dorthin – natürlich aus seiner persönlichen Sicht. Er beschreibt Häuslers Begeisterung und die Gegnerschaft des Konstanzer Gemeinderats, der sich selbst als kunstverständig betrachtete. Das Gremium sah sich überrumpelt, es war tatsächlich nur ein banger Zuschauer.

Peter Lenk hat Konstanz mit der Imperia ein Wahrzeichen verschafft.
Peter Lenk hat Konstanz mit der Imperia ein Wahrzeichen verschafft. | Bild: Uli Fricker

Lenk beschreibt, wie Sponsoren in die Tasche langten, damit für das Projekt keine einzige Steuermark nötig war. Und er schildert, wie ihm die Deutsche Bundesbahn den Weg ebnete – denn ihr gehört das Areal, auf dem die Konstanzer Sphinx bis heute ihre Runden dreht.

Auch als Autor ist Peter Lenk ein Satiriker erster Güte. Wo sich andere nicht trauen oder in die Offensive des Schweigens gehen, schreibt er frei von der Leber weg. Ob alle Dialoge, die er da widergibt, exakt so stattgefunden haben, ist eine andere Frage.

Mütterliche Figur oder attraktive Kurtisane?

Jedenfalls lässt der 75-Jährige tief in den schöpferischen Prozess blicken, wenn er etwa notiert: „Soll die Figur eher mütterlich werden, Papst und Kaiser an ihren Brüsten nuckeln lasse wie die etruskische Wölfin? Oder zwingt die Geschichte nicht vielmehr dazu, dass Papst und Kaiser nackt in den Armen einer attraktiven Kurtisane verschaukelt werden?“

Sätze wie dieser stehen in dem breit illustrierten Buch zuhauf. Es sind typische Lenk-Sätze: Anspielungsreich, artistisch, ein bisschen verrückt und objektiv betrachtet subjektiv. Und noch etwas, was der Bodmaner so nicht ausdrücken würde: Aus seinem Werk als Bildhauer und Worthauer schaut immer auch der Bildungsbürger Lenk heraus. Dieser schöpft bewusst die Tradition aus, sei es literarisch oder eben historisch.

Während der Corona-Pandemie trug auch die Imperia zeitweise eine Maske.
Während der Corona-Pandemie trug auch die Imperia zeitweise eine Maske. | Bild: Felix Kästle/dpa

Die Dame Imperia etwa findet sich in einer der „Tolldreisten Geschichten“ von Honoré de Balzac. Mit der vollbusigen Schönheit nahm Lenk zugleich das Konzilsjubiläum vorweg, das 2014 bis 2018 in Konstanz gefeiert wurde. Imperia gleicht darin dem legendären Fußballer und Schalke-Verteidiger Reinhard „Stan“ Libuda: An ihr kommt keiner vorbei, auch wenn er sie unpassend finden sollte.

Tatsache ist auch: Jede und jeder schaut sie gerne an, auch jedes Kind. Das „Triumphweib“, wie sie der Lenk-Unterstützer und Kulturjournalist Helmut Weidhase damals treffend beschrieb, ist gar zu prächtig. Das verdankt sie nicht nur ihrer enormen Oberweite und ihrem spitznasigen Stolz.

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Durch ihre Verankerung in der Stadtgeschichte passt sie nur nach Konstanz, während man den Lindauer Löwen auch im Bayrischen Wald aufstellen könnte. Und die beiden gnomenhaften Herrscher, die sich von der Hübschlerin auf den Arm nehmen lassen, reduzieren das Mannsbild auf seine wahre Größe.

Fast könnte man meinen, dass Peter Lenk mit der feministischen Bewegung sympathisiert, indem er eine starke Frau auf den Sockel stellt. Doch auch hier belehrt das bunte Buch eines Besseren: Die damalige Konstanzer Frauenbeauftragte reklamierte, dass die Darstellung großbusiger Frauen eindeutig frauenfeindlich sei! Auch darauf muss man erst einmal kommen.

Das Buch „Imperia Konstanz. Eine tolldreiste Geschichte“ (64 Seiten, 18 Euro viele Abbildungen) von Peter Lenk ist im Konstanzer Stadler-Verlag erschienen.