Vor der Dießendobelhütte am westlichen Hang des Schauinsland im Schwarzwald stehen an diesem Freitagnachmittag 13 Kinder, eine Rangerin und eine Erlebnispädagogin um einen Tisch herum. Darauf liegt ein großer Block Ton und ein Bündel Schilfrohr aus einem alten Zaun.

„Wir bauen heute Insektenhotels“, erklärt Anke Haupt. Es ist laut, die Kinder plappern durcheinander, machen Witze. „Wie viel kostet ein Zimmer?“, ruft jemand laut. Die Kinder lachen. Spaß haben sie an diesem Nachmittag auf jeden Fall. Doch es geht auch um ernste Themen. „Wisst ihr, warum die Wildbienen kaum noch Nistplätze finden?“, fragt Erlebnispädagogin Anke Haupt. „Wegen den Pestiziden in der Landwirtschaft“, antwortet ein Mädchen.

Die Gruppe Rothirsche trifft sich im Schwarzwald zum Bauen von Insektenhotels.
Die Gruppe Rothirsche trifft sich im Schwarzwald zum Bauen von Insektenhotels. | Bild: Nathalie Metzel

Die Kinder gehören zur Junior-Ranger-Gruppe Rothirsche. Sie sind zwischen sieben und zwölf Jahren alt und treffen sich einmal im Monat im Schwarzwald. „Die Kinder lernen bei den Junior Rangern ihre Heimat spielerisch kennen und lieben. Was sie lieben, werden sie später auch schützen“, sagt Rangerin Susanne Vorndran. „Es ist heute noch wichtiger als früher, die Kinder raus in die Natur zu bringen.“

Schon Grundschulkinder sind im Internet aktiv

Die Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geben ihr recht. Bereits im Grundschulalter sind Kinder täglich online: 15 Prozent der Sechs- und Siebenjährigen nutzen jeden Tag das Internet, bei den Zehn- und Elfjährigen sind es bereits 40 Prozent. Je älter die Kinder werden, desto länger sind sie pro Tag im Internet unterwegs.

Bei den Junior Rangern geht es laut Vorndran darum, die Kinder zum Nachdenken anzuregen. Sie gehen gemeinsam Müll sammeln, bauen Fledermauskästen und Nisthilfen für Vögel oder helfen in der Landschaftspflege beim Sägen und Fällen von Bäumen. Manchmal machen sie auch Ausflüge. Zum Beispiel zu einem Biohof, der Hinterwälder Rinder hält, die typischen Schwarzwälder Rinder.

Wildbienen finden keine Nistplätze mehr

Und an diesem Tag geht es eben um Insektenhotels. Tatsächlich sind Pestizide ein Problem für Wildbienen, erfahren die Kinder von Anke Haupt. Aber auch Monokulturen sind für Wildbienen eine schwierige Umgebung. Bienennachwuchs benötigt unterschiedliche Pollen als Nahrungsquelle. Auf Feldern, auf denen ausschließlich eine Pflanzenart wie zum Beispiel Raps angebaut wird, können sie nicht überleben. Auch Wälder, in denen das Totholz nicht liegengelassen, sondern direkt abtransportiert wird, stellen ein Problem dar.

Leopold (links) und Lukas (beide zehn Jahre alt) schneiden das Schilfrohr für ihre Insektenhotels zurecht.
Leopold (links) und Lukas (beide zehn Jahre alt) schneiden das Schilfrohr für ihre Insektenhotels zurecht. | Bild: Nathalie Metzel

Kinder nehmen Insektenhotels mit nach Hause

Deswegen bauen die Kinder heute ihre eigenen Insektenhotels. Dafür haben Susanne Vorndran und Anke Haupt alte Konservendosen mitgebracht. In diese drücken die Kinder nun Ton, anschließend schneiden sie von dem Schilfrohr etwa zehn Zentimeter lange Stücke ab, die sie in den Ton stecken. So entstehen nach und nach viele kleine Insektenhotels, die die Kinder mit nach Hause nehmen können.

Die kleinen Rohre bilden den perfekten Nistplatz für Wildbienen und andere Insekten. Für die Kinder sei das sehr interessant, sagt Rangerin Susanne Vorndran: „Während der Treffen werden die Kinder selbst aktiv. Sie sehen zum Beispiel, dass so ein Insektenhotel wirksam ist und können schauen, ob tatsächlich Insekten hineingehen.“

Die achtjährige Lena steckt abgeschnittene Schilfrohrstücke in eine Konservendose, in die sie zuvor Ton hineingedrückt hat.
Die achtjährige Lena steckt abgeschnittene Schilfrohrstücke in eine Konservendose, in die sie zuvor Ton hineingedrückt hat. | Bild: Nathalie Metzel

Gruppen haben lange Wartelisten

Auf die Treffen gibt es laut Vorndran einen enormen Andrang: „Wir haben Wartelisten für alle Junior-Ranger-Gruppen. So viel wie angefragt wird, können wir gar nicht machen.“ Da das Biosphärengebiet drei Landkreise umfasst, haben die Kinder teilweise eine lange Anreise. Manche Eltern fahren eine Stunde, um ihr Kind zu den Treffen zu bringen.

Die zwölfjährige Chiara zum Beispiel ist seit zwei Jahren dabei. Sie geht in St. Blasien zur Schule und wurde direkt nach dem Unterricht an die Dießendobelhütte gebracht, die eine Dreiviertelstunde von St. Blasien entfernt liegt. „Ich finde es toll, etwas für die Artenvielfalt zu machen“, sagt Chiara. Das Handy nutzt sie eher selten, bei schönem Wetter ist sie am liebsten draußen. „Das ist viel besser, als am Handy zu hocken und sich irgendwas anzuschauen. Und man lernt viel mehr.“

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Auch Leopold und Lukas sind lieber im Wald unterwegs, als am Computer zu spielen. „Hier macht man was für die Natur“, sagt Leopold. „Und es bringt anderen was“, ergänzt Lukas. Sie finden es gut, dass sie bei den Junior Rangern etwas über die Tiere lernen. Was sie von diesem Treffen mitgenommen haben? „Die Wildbienen sterben aus, weil die Menschen ihnen den Lebensraum wegnehmen“, sagt Leopold.

Die Junior Ranger versuchen, die Insekten auf den Kärtchen zu erraten.
Die Junior Ranger versuchen, die Insekten auf den Kärtchen zu erraten. | Bild: Nathalie Metzel

Was die Kinder an Wissen mitbringen, ist laut Pädagogin Anke Haupt erstaunlich: „Die Kinder wissen richtig viel. Bei einem Projekt zur Plastikvermeidung war ich überrascht, als mir eine Elfjährige das Problem perfekt geschildert hat und was sie alles zum Thema Upcycling wusste.“

Und das ist laut Rangerin Susanne Vorndran auch der Zweck der Junior-Ranger-Gruppen: „Die Junior Ranger sind die Umweltschützer von morgen.“ An diesem Tag sorgen die Kinder jedenfalls dafür, dass die Wildbienen ein paar Nistplätze mehr in der Region finden.