Holzbank, Schiefertafel, Rohrstock: Friederike Lutz (61) weiß um den Eindruck, den Schulzimmer von anno dunnemals gerade bei den Schülern von heute hinterlassen. Wenn die Leiterin des Schulmuseums in Friedrichshafen Klassen oder Gruppen durchs Haus begleitet oder erzählt, wie Schule früher war, ist sie ganz in ihrem Element. Sie führt fort, was seit 45 Jahren Besucher fasziniert.

Es begann mit einer privaten Sammlung im kleinen Schulhaus in Schnetzenhausen. Seit 1989 ist das Museum mit über 100.000 Stücken in städtischer Obhut. Die Dauerausstellung erzählt Schulgeschichte vom Mittelalter bis in die 1970-Jahre, lässt die Besucher eintauchen in Klassenzimmer von der Kloster- und Dorfschule über das Kaiserreich bis zur NS-Zeit.

Als die gebürtige Westfälin 2016 die Leitung übernahm, kannte sie das Museum schon lange aus vorherigen Jobs. Erst als Journalistin einer Regionalzeitung, ab 2004 als Pressesprecherin im Rathaus Friedrichshafen und nach der Geburt ihrer Tochter als Referentin des Kulturbürgermeisters. Es gab viele Berührungspunkte mit dem Museum in der alten Villa.

Deutschlandweit nur 60 Schulmuseen

„Mein Ansatz damals war, das Museum bekannter zu machen und inhaltlich weiter zu entstauben – ein g‘mähtes Wiesle war das sicher nicht“, schaut Friederike Lutz zurück. Ihre Vorgängerin Sonja Nanko hatte ein paar Jahre vorher begonnen, das eher versteckte „Schatzhäusle“ mit seiner großartigen Sammlung wissenschaftlich aufzuarbeiten und zu professionalisieren.

Heute gehören 17 Mitarbeiter und zwölf Museumsführer zum Team Schulmuseum, das sich auch inhaltlich Schritt für Schritt erneuert. Inzwischen sei das Haus in der Museumslandschaft anerkannt. In Deutschland gibt es nur etwa 60 Schulmuseen, von denen die meisten immer noch ehrenamtlich geführt werden.

„Heute möchten wir weg vom etwas miefigen Label Schulmuseum“, erzählt die Leiterin. Schule ist Teil der Kindheit. „Da können wir jeden Besucher auf der emotionalen Ebene abholen“, erklärt sie den neuen Ansatz. „Erst dann kommen wir mit Wissen.“

Interesse an Schule in der NS-Zeit

Doch das ist nicht ihr Anspruch. „Wir verstehen uns als Ort der Demokratiebildung und wollen uns da noch stärker profilieren“, sagt Friederike Lutz. Sie thematisiert in einer Direktorinnenführung „Schule unterm Hakenkreuz“, zeigt, wie sehr die Propaganda der Nationalsozialisten ab 1933 auch Schule und Freizeit durchdrang.

Das werde aus guten Gründen immer stärker nachgefragt. Deshalb wird gerade auch die Dauerausstellung, die Schule und Kindheit in der NS-Zeit thematisiert, überarbeitet. Im November ist die Eröffnung geplant.

Wie funktioniert Indoktrination?

„Wir wollen erklären, wie Indoktrination funktioniert hat und noch immer funktioniert, wie Kinder aus ihrem Familienverband herausgelöst wurden“, sagt Lutz. Material dafür ist zuhauf da, etwa stapelweise Schulbücher von der Fibel bis zu Matheaufgaben in der Abiturprüfung, die durch und durch politisiert waren. Oder ideologisiertes Spielzeug. Sprechende Exponate, die deutlich machen, wie totalitär und umfassend die Ideologie war.

Mehr noch: Welche Konsequenzen der Widerstand gegen die NS-Diktatur damals hatte, zeigt das Schulmuseum in Kooperation mit der Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt, das erst ein Gestapo-Gefängnis, später eines der Stasi war. „Es ist für mich beglückend, so etwas konzipieren zu können und ein Team hinter mir zu wissen, das da mitzieht.“