Seit dem umstrittenen Unions-Vorstoß in der vergangenen Woche dreht sich der Wahlkampf vor allem um ein Thema: Migrationspolitik. Dem Deutschen Mieterbund (DMB) stößt genau das sauer auf. Er fordert: Das Thema Mieten und Wohnen muss zum Wahlkampfthema werden.

Mit dieser Forderung ist der DMB nicht allein, auch weitere Verbände wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel unterstützen die Forderung.

In einer Pressekonferenz hat sich der DMB die Wahlprogramme der Parteien in einem „Parteiencheck“ genau angeschaut. Das Ergebnis: Nicht in jedem Wahlprogramm findet das Thema Wohnen große Beachtung.

Die AfD und die FDP etwa lehnen die Mietpreisbremse, die regional greift und Ende des Jahres ausläuft, grundsätzlich ab. Diese Mietpreisbremse, die es in Baden-Württemberg aktuell in rund 90 Gemeinden gibt, sei nach Ansicht des Mieterbunds zu priorisieren und das zentrale Element im Kampf gegen hohe Mietpreise. Auch die DMB-Forderung des verbesserten Mieterschutzes finden laut Analyse des Mieterbunds bei CDU und FDP keine Beachtung im Wahlprogramm.

Das generelle Fazit des Mieterbunds: Die Union bleibt in ihrem Wahlprogramm beim Thema Wohnen und Miete unkonkret, die FDP sowie die AfD würden die Situation der Mieter deutlich verschlechtern. Die Grünen haben ein Wahlprogramm mit Vorschlägen, die die Situation auf dem Wohnungsmarkt deutlich verbessern würden, das umfangreichste und mieterfreundlichste Wahlprogramm legt aber die Linke vor.

„Ideologisch aufgeladener Wahlkampf“

Dass das Thema Wohnen im Wahlkampf und in der aktuellen Politik überhaupt keine Rolle zu spielen scheint, ist auch der Eindruck von Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee.

Laut ihm sei der Wahlkampf derzeit „ideologisch stark aufgeladen“ und die „harten Themen“ tauchen gar nicht mehr auf – dabei sei die Entwicklung auf den Wohnungsmarkt seit Jahren die gleiche. Kropp verweist auf den örtlichen Mietspiegel für eine 60-Quadratmeter-Wohnung. In den Jahren von 2007 bis 2022 sei der Mietpreis in Konstanz um 44 Prozent gestiegen, von 2017 bis 2022 um 15 Prozent.

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Winfried Kropp ist Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee und Mitglied im Landesvorstand des Mieterbunds Baden-Württemberg. Auch er sieht das Thema Wohnen im derzeitigen Wahlkampf vernachlässigt. | Bild: Guido Kasper

Die ehemalige Ampel-Regierung hatte das Ziel 400.000 Wohnungen zu errichten – ein Vorhaben, das laut Kropp kläglich gescheitert ist. Für gestiegene Bauzinsen könne niemand etwas, die Bundesregierung hätte laut ihm jedoch zumindest ihre Ziele realistisch anpassen können.

Stattdessen habe sie völlig an Glaubwürdigkeit verloren. Konzepte? Gebe es keine. Auch zu wohnungspolitischen Gesprächen mit Parteien sei man im aktuellen Wahlkampf nicht eingeladen worden – was ihn stark wundert. „Niemand interessiert sich für das Thema“, stellt der Mieterbund-Chef aus Konstanz fest.

Die Region ist massiv von Wohnungsmangel betroffen

Der Bodensee gilt als Region mit großem Zuzug, das Arbeitsplatz-Angebot sei vielfältig und auch sei die Region für Schweizer Grenzgänger interessant. Alles Gründe, was die Wohnungsnot in der Region laut Kropp verschärft. Das führt etwa dazu, dass junge Familien ihren Kinderwunsch aufschieben, aus Angst, keine größere Wohnung zu finden.

Das weiß er aus Beratungsgesprächen mit Mietern, wie er sagt. Auch habe die Haushaltsgröße zugenommen, ein weiterer Indikator für Wohnungsmangel – neue Haushaltsgründungen werden einfach aufgeschoben, sagt Kropp.

Wohnungsmangel schadet der Wirtschaft

Kropp sorgt sich um die wirtschaftliche Entwicklung in der Region: „Für Menschen, die für eine funktionierende Stadt notwendig sind, lohnt es sich bald nicht mehr, hier zu leben“, sagt er. Der soziale Zusammenhalt sei gefährdet, Fachkräfte würden fernbleiben.

Seine Forderung an die kommende Bundesregierung: Mietpreisbremse muss bleiben, sozialer Wohnungsbau muss gefördert werden, gegen Mietwucher muss vorgegangen und „offenkundige Sauereien“ unterbunden werden. Die vergangenen drei Jahre „Chaos“ dürfen sich nicht wiederholen, sagt Kropp.