Mittagessen an Schulen hat nicht gerade den Ruf, frisch, gesund und lecker zu sein. Oft wird auf billige Lebensmittel und täglichen Fleischkonsum gesetzt. Für emotionale Diskussionen sorgte jüngst der Beschluss der Stadt Freiburg, an Grundschulen und Kitas nur noch ein vegetarisches Einheitsmenü anzubieten.
Bei einer SÜDKURIER-Umfrage in Schulen der Region stellt sich heraus: Auch hier wird schon viel vegetarisch gekocht. Und das ganz ohne Aufregung.
Waldorfschule Überlingen setzt auf fleischfreie Ernährung
Die Waldorfschule in Überlingen ist dem Freiburger Beispiel einige Jahre voraus. „Grundsätzlich stehen bei uns die vegetarische und vegane Ernährung an erster Stelle“, berichtet Küchenleiter Christoph Zickmantel.
Ein Gericht mit Fleisch gebe es nur an einem Tag der Woche zur Auswahl. „Dieses Konzept besteht bei uns von Beginn an und überzeugt die Schüler und Eltern“, sagt er. Der Trend gehe eindeutig in Richtung vegan.

„Für die frisch gekochten Mahlzeiten verwenden wir größtenteils saisonale und regionale Produkte, wovon 90 Prozent aus Bio-Anbau stammen.“ Um die Kosten pro Gericht bei vier Euro zu halten, müsse die Schule den Essenspreis subventionieren.
Gegenwind für Freiburger Modell in Pfullendorf und Tuttlingen
Simon Klaiber von der Stadtverwaltung Pfullendorf, die für die Grundschulen der Stadt zuständig ist, lehnt ein strikt vegetarisches Menü ab. „Wir sehen uns nicht dazu befugt, jemandem etwas vorzuschreiben“, erklärt er. „Oft ist die Ernährung der Kinder familiär begründet, manche legen eben großen Wert auf Fleisch.“ In diese kontroverse Debatte wolle man sich deshalb nicht einmischen.
An der Wilhelmschule Tuttlingen hat man sich mit diesem Thema noch nicht auseinandergesetzt. „Gemüse und Salat essen die Kinder sowieso kaum“, sagt Schulleiterin Heike Schoppe. „Die allermeisten bevorzugen Fleischgerichte wie Spaghetti Bolognese.“ Das vom Tuttlinger Klinikum gelieferte Mittagessen werde täglich von 120 Schülern bestellt und koste 5,55 Euro.
„Ich bin begeistert von der Qualität und dem Preis-Leistungsverhältnis“, schwärmt Schoppe. Die Lösung angesichts steigender Lebensmittelkosten sei nicht der Umstieg auf vegetarisches Essen, sondern eine Preiserhöhung für die Schüler.
Droste-Hülshoff-Gymnasium Meersburg lässt Schülern die Wahl
Am Droste-Hülshoff-Gymnasium in Meersburg können die Schüler zwischen einem fleischhaltigen und einem vegetarischen Gericht wählen. Schulleiter Philipp Strack kann sich nicht vorstellen, das Angebot einzuschränken. „Die Schüler sind groß genug, selbst zu entscheiden, ob sie sich vegetarisch ernähren wollen“, sagt er.
Beate Fiechtner, die Leiterin der Hauswirtschaft am Internat, erklärt: „Am stärksten Tag sind 50 der 220 Essensbestellungen vegetarisch.“ Man versuche bereits, an zwei Tagen der Woche ein vegetarisches Menü für alle anzubieten. Doch an diesen Tagen meldeten sich besonders viele Kinder vom Essen ab.

„Wenn die Schüler an unsere Schule kommen, haben sie bereits sehr eingeschränkte Essenswünsche“, sagt Fiechtner. Der Ansatz müsse bereits bei den Jüngeren in der Ernährungserziehung stattfinden. Deshalb halte sie persönlich das Freiburger Modell für schlüssig.
Schülersprecher Simon Werner findet es wichtig, den Schülern bei ihrer Ernährung die Möglichkeit zur Mitsprache zu geben. Dass immer mehr Jugendliche fleischfrei leben, führt er darauf zurück, dass sie sich mehr als die vorigen Generationen mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen müssen. „Verbote halte ich für ungünstig“, sagt er. „Stattdessen sollte man es an der Schule mehr über Aufklärung versuchen.“
Konstanz als Klimaschutzvorreiter plant Großes
Seitdem Konstanz im Jahr 2019 den Klimanotstand ausrief, plant die Stadt, bis 2035 klimaneutral zu sein. Wird es hier auch bald einen Umstieg auf vegetarisches Schulessen geben, um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen? Größtenteils. Bis 2025 soll der Fleischanteil amEssens in Kitas, Schulen und der Stadtverwaltung auf 20 Prozent sinken. Die übrigen Gerichte sollen zur Hälfte vegetarisch und zur Hälfte vegan sein.
Das sagt die Ernährungs-Expertin
Gertrud Winkler, Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, hält die Diskussion für überbewertet. Außerhalb der Mensa gebe es noch genügend Gelegenheiten, Fleisch zu essen. Sie weist auf die Kostenfrage hin, der sich viele Schulen aufgrund steigender Lebensmittelpreise widmen müssen. „Fleisch ist eindeutig die teure Komponente im Schulessen“, erklärt sie.
Aber ist rein vegetarisches Schulessen überhaupt gesund? „Die Schule ist ein geeigneter Ort, um den Kindern und Jugendlichen näherzubringen, dass vegetarische Ernährung alles andere als einseitig ist“, sagt Winkler. „Mit pflanzlichen Proteinquellen wie Hülsenfrüchten lassen sich alle wichtigen Nährstoffe abdecken, die einem sonst das Fleisch bietet.“ Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, dass Kinder nur zwei bis dreimal pro Woche Fleisch essen.