Zehn Investoren haben sich beim Land Baden-Württemberg für den Bau von Windrädern auf dem Schiener Berg beworben. Das sagte Umweltstaatssekretär Andre Baumann am Freitagabend bei einer Informationsveranstaltung in Gaienhofen-Horn.
32 Hektar Wald stehen zur Verfügung
Auf der Halbinsel Höri könnten die ersten Windräder in unmittelbarer Nähe zum Bodensee entstehen. Auf dem Schiener Berg (716 Meter) wären sie weithin sichtbar. 32 Hektar Staatswald hat das Forstministerium als potenziellen Standort für Windräder ausgewiesen. Dafür war Ende März die Ausschreibungsfrist abgelaufen.

Baumann zeigte sich von der Anzahl der Gebote positiv überrascht und ließ keinen Zweifel am Willen der Landesregierung, das Tempo beim Ausbau der Windkraft zu erhöhen. „ForstBW wird sich die Angebote anschauen, dann geht das Genehmigungsverfahren los“, so Baumann. „Ob Genehmigungen erteilt werden, wird man dann sehen.“
Schließlich handle es sich beim Schiener Berg um eine „nicht ganz unsensible Natur“. Gleichzeitig machte Baumann deutlich, dass es das Ziel der Landesregierung sei, in Sachen Windkraft landesweit zu Genehmigungen zu kommen. „Das ist ein Paradigmenwechsel“, so Baumann. „Die Interessenten werden an die Hand genommen, damit es schnell geht.“
Sorgen wegen der Landschaft und der Lkw
Baumann war auf Einladung der Grünen-Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Konstanz, Nese Erikli, nach Gaienhofen gekommen, um den Ausbau der Windkraft mit Bürgern zu diskutieren.
Davon machten etwa 50 Interessierte Gebrauch. Ablehnung war dabei genauso vertreten wie Zustimmung. Etliche Bürger zeigten sich besorgt, dass Windräder die schöne Landschaft auf der Höri verschandeln könnten. Auch der Eingriff in die Natur durch zu schlagende Schneisen, Erdverdichtung und sich drehende Rotorblätter, sowie der drohende Schwerlastverkehr beim Bau der Windräder sorgt für erhebliche Bedenken. Andere begrüßten bei der Diskussion die Nutzung der Windkraft, aus Klimaschutzgründen, aber auch um unabhängiger zu werden von fossilen Energieträgern aus Russland.
Drei, fünf oder zehn Windräder?
Was bedeuten eigentlich 32 Hektar ausgewiesene Fläche? Wie man sich das konkret vorstellen soll und wie viele Windräder darauf stehen könnten, fragten sich einige aus dem Publikum. Darauf wusste Bene Müller, selbst im Publikum, Antwort: Der Chef der Singener Firma Solarcomplex geht beim Standort Schiener Berg lediglich von drei Windkraftanlagen aus, die dann etwa drei Hektar Stellfläche verbrauchten. Das entspräche etwa vier Fußballfeldern. Baumann hielt sich hingegen mit konkreten Aussagen zurück: „Ob es nun drei, fünf oder zehn Windräder werden, das weiß ich nicht“, sagte er am Rande der Veranstaltung.
Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Nese Erikli hält den Ausbau der Erneuerbaren Energien für dringlich wie nie: „Wir kommen nicht darum herum, wir müssen etwas verändern. Das zeigt uns der Ukrainekrieg auf ganz schmerzhafte Weise. Wir müssen weg von fossilen Energieträgern und das beginnt vor unserer Haustür“, sagte sie.
Stehen die Windräder bis in drei Jahren?
Keine Angaben machte Baumann zu konkreten Dauer des weiteren Verfahrens auf dem Schiener Berg. Bislang dauern Genehmigungsverfahren in Baden-Württemberg im Schnitt sieben Jahre, die grün-schwarze Landesregierung will auf drei bis dreieinhalb Jahre runter. So soll das im Koalitionsvertrag ausgegebene Ziel, 1000 Windkraftanlagen zu errichten, erreicht werden.
Beschleunigt werden soll das Verfahren durch eingeschränkte Widerspruchsmöglichkeiten, eine andere Definition von Artenschutz und zusätzliche Stellen bei den Regierungspräsidien, die den Investoren beim Genehmigungsverfahren unter die Arme greifen sollen.
Erst im Mai schaffte Grün-Schwarz das Recht auf Widerspruch bei der Genehmigung von Windrädern größtenteils ab: Die Pläne, die im Herbst in Kraft treten sollen, betreffen Windanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern. Der Klageweg bleibt aber offen.
„Wir stehen ganz am Anfang des Verfahrens“, so Baumann gegenüber den zum Teil besorgten und aufgebrachten Bürgern im Johanneshaus in Gaienhofen-Horn.