Die Zahl der Straftaten ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. Das ist eine der guten Nachrichten dieser Corona-Pandemie. Denn das Virus und seine Folgen sind mitverantwortlich dafür, dass das Land sicherer geworden ist. Jedenfalls oberflächlich betrachtet, denn so manchem Kriminellen können auch Lockdowns und Abstandsgebote nichts anhaben.

1. Weniger Straftaten – dank Corona?

„Die Zahl der Gesamtstraftaten ging in Baden-Württemberg im Jahr 2020 auf den niedrigsten Wert seit dem Jahr 1991 zurück“, jubelt Jörg Lauenroth, Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) von Baden-Württemberg. Die Corona-Maßnahmen scheinen dabei eine deutliche Rolle gespielt zu haben.

Von Mitte März bis Mitte April und ab dem 16. Dezember war das Land mehr oder weniger abgeschlossen. Kontaktbeschränkungen galten, die Läden waren geschlossen, das öffentliche Leben kam zur Ruhe. Diese Maßnahmen sind deutlich sichtbar in der Kurve der Delikte pro Monat. Sie bricht ein und erreicht erst im Spätsommer, als sich die Lage kurzzeitig beruhigt hatte, das Niveau der vorangegangenen Jahre.

2. Einbrecher hatten eine besonders schwere Zeit

Mitleid ist wohl kaum angebracht, aber den Einbrechern im Land machte die Pandemie besonders zu schaffen. Auffällig ist das zu Beginn der dunklen Jahreszeit, wo normalerweise besonders häufig in Wohnungen eingebrochen wird. 2020 stagnierten die Zahlen stattdessen und fielen im Dezember sogar deutlich ab.

Der Rückgang „dürfte den pandemiebedingten Einschränkungen“ geschuldet sein, mutmaßt Jörg Lauenroth vom LKA. Die Leute blieben schlicht zu Hause, was es Einbrechern naturgemäß schwieriger macht, irgendwo unbemerkt einzusteigen.

3. Wegen Corona weniger Gewalt

Weniger Körperverletzungen, weniger Tötungen, weniger Schlägereien: Auch das ist ein Effekt der Pandemie – jedenfalls teilweise. Denn im Juli, als gelockerte Maßnahmen galten, die Touristen wieder durch das Land strömten und vereinzelt Feste gefeiert wurde, ist plötzlich kein Unterschied mehr zu erkennen zwischen dem Corona-Jahr und der Corona-Vorzeit.

Im Sommer treffen sich die Menschen teilweise bis tief in die Nacht hinein, erklärt Experte Lauenroth: „Damit geht regelmäßig auch eine höhere Anzahl von zwischenmenschlichen Konflikten und Straftaten einher. Die Lockerungen der pandemiebedingten Einschränkungen fiel genau in die beginnende Sommerzeit.“

4. Taschendiebe finden keine Taschen

Wenn die Straßen leer sind, was sollen Taschendiebe dann stehlen? Keine Gelegenheit macht keine Diebe, oder wie es unser LKA-Experte ausdrückt: Alltagsroutinen haben „nachweislich einen wesentlichen Einfluss auf die Häufigkeit von Eigentumsdelikten“.

Als der Taschendieb wieder Gelegenheiten gefunden hat, hat er sie genutzt. In den Sommermonaten steigt die Kurve, bleibt aber unter denen der Vorjahren, was „durchaus mit der Rückkehr der Menschen in die Öffentlichkeit korrespondiert“, meint Lauenroth.

5. Pandemie hilft nicht gegen Drogen

Nicht in allen kriminellen Ecken hat die Pandemie gewütet. Drogen zum Beispiel standen auch während der Pandemie zur Verfügung, allen Grenzschließungen und Kontaktbeschränkungen zum Trotz.

Händler und Konsumenten seien anpassungsfähig, sagt Jörg Lauenroth. Sie „nutzen teilweise andere Strukturen für ihr kriminelles Handeln, etwa in Form von verschlüsselten Nachrichtendiensten, Social-Media-Anwendungen und Post- und Hauslieferdiensten.“ Damit wird der Briefträger ungewollt zum Drogenkurier.

Dennoch: 2020 gab es weniger Drogendelikte als im Vorjahr. Zwar beläuft sich der Rückgang nur auf wenige Prozent, die Zahlen seien aber erstmals seit neun Jahren gefallen, sagt Lauenroth.

6. Fast neuartig: Subventionsbetrug

Neben diesen Klassikern der Kriminalitätsstatistik hat die Pandemie ein Delikt befördert, das zuvor nahezu unbekannt war. In den Jahren zuvor wurde der Staat fast gar nicht um Subventionen betrogen. Im Pandemiejahr 2020 sind allein im Mai 188 Fälle vermerkt.

Der Anstieg steht „unzweifelhaft in kausalem Zusammenhang“ mit den Corona-Soforthilfen, sagt LKA-Mann Lauenroth. Der unkomplizierte Antrag und verspätete Prüfungen hätten Betrug begünstigt.

Die Polizei in Baden-Württemberg ist mit den Folgen bis heute beschäftigt. Derzeit seien noch mehr als 1.000 Fälle im Zusammenhang mit der unberechtigten Beantragung und Inanspruchnahme von Corona-Soforthilfeleistungen in Bearbeitung, so der LKA-Sprecher.