Das Handy muss Edith Zepf (69) immer dabei haben. Denn sie ist Einsatzleiterin beim Sozialen Netzwerk. Sie müsse so gut erreichbar sein wie die Feuerwehr, habe ihr Sohn gesagt. Und das ist sie. Sie koordiniert Anfragen aus dem Dorf. Menschen, die jemanden brauchen, der sie zum Arzt oder zu einem Konzert fährt. Und solche, die sich einen Besuch wünschen.

16 Fahrer sind in einer WhatsApp-Gruppe und vier Personen, die bereit sind für Besuchsdienste. Wenn eine Anfrage bei Edith Zepf eingeht, macht sie sich auf die Suche. „Hier im Dorf klappt viel, was sonst wo nicht klappt“, äußert sie sich lobend über die Einwohner des 953-Dorfes. Nach dem Kernort ist Watterdingen der größte Ortsteil von Tengen und liegt am Rande des Landkreises Konstanz.

19 Anfragen im Monat

Bis jetzt habe Zepf bei Bedarf immer einen Fahrer gefunden. Sie koordiniert die Einsätze für Watterdingen. Im vergangenen Monat seien es 19 Anfragen für Fahrten gewesen – und zwei Personen, die den Besuchsdienst angefragt haben. So ein Besuch würde so manchem allein lebenden Menschen viel bedeuten.

Neben Fahrdiensten bietet der Verein auch gesellige Anlässe an. Kaffee und Kuchen am schmutzigen Donnerstag, Vorträge zu Themen wie Erbschaft oder Erste Hilfe. Oder eine Suppenküche. Auch dort ist Edith Zepf aktiv. „Ich mache eine gute Rindfleischsuppe. Mein Mann mag sie gerne“, sagt sie. Viele Aktionen finden in Watterdingen statt, einige wie die Suppenküche im benachbarten 257-Seelen-Dorf Weil. Die Einsätze sind auf die beiden Dörfer begrenzt, man helfe sich gegenseitig auch aus und besuche die Anlässe im Nachbardorf.

Zukunftsmodell fürs Land

Werden wir in Zukunft immer älter werden? Und werden junge Menschen aus dem Dorf weg in die Stadt ziehen? Dann könnte es sein, dass alte Menschen einsam werden. Dieses Problem haben einige engagierte Menschen in Tengen-Watterdingen erkannt. Zum Zusammenschluss des sozialen Netzwerkes sei es vor einigen Jahren gekommen. „Was wird, wenn wir älter werden“, habe sich die 69-Jährige mit den Mitgliedern verschiedener Vereine gefragt. Man versuche gerade auf dem Land, die Eltern möglichst lange zuhause zu behalten. So war eine Frage, wie sich die Generationen gegenseitig helfen können. Ein bisschen Eigennutz gehöre auch dazu, räumt sie ein.

Der Verein biete auch kleine Alltagshilfen im Haus an. Pro halbe Stunde müsse man 2,50 Euro zahlen. Und bei einer Arztfahrt pro Kilometer 20 Cent. „Es wird aber bald etwas teurer werden“, so Zepf – auch das gehört zur Zukunft. Bei einer Fortbildung habe die 69-Jährige Koordinatorin mit anderen gesprochen, die ähnliche Vereine aufgebaut haben. „In anderen Orten ist es nicht selbstverständlich, dass man einander hilft.“ Dort könne es auch mal sein, dass man niemanden findet. In Watterdingen und Weil klappe das bisher prima. Es gebe aktuell sogar zwei neue Fahrer, die ins Team des sozialen Netzwerkes eingestiegen sind.

Erst die Jungen, jetzt die Alten

Treffpunkt des sozialen Netzwerkes ist die ehemalige Grundschule in Watterdingen. Die freiwillige Feuerwehr hat ein Klassenzimmer umgebaut und teilt sich nun den Raum mit dem Netzwerk.

Mit 16 Jahren war Edith Zepf Mitglied im Trachtenverein in ihrem Geburtsort Blumberg-Riedöschingen. Sie habe sich dort um die Kinder angenommen. Eine Ordensschwester habe dann gesagt, das mache sie gut. Sie könnte doch auch im Kindergarten arbeiten. Und dabei ist es dann geblieben. Ihr gesamtes Berufsleben war sie als Erzieherin tätig, zuletzt in Engen. „Früher war ich für die Kinder da, jetzt für die Senioren“, resümiert sie.

Einen Einschnitt gab es in ihrem Leben mit 44 Jahren: „Ich hatte einen Bandscheibenvorfall und die Schmerzen gingen trotz Tabletten nicht weg.“ Der Arzt habe Krafttraining empfohlen. So etwas Neumodisches wollte sie zunächst nicht. Doch dann habe sie es probiert. Nach drei Monaten seien die Schmerzen weg gewesen. Und für immer weg geblieben. Und auch heute noch, 25 Jahre später, geht sie zweimal pro Woche zum Gerätetraining. Und wenn sie mal keine Lust habe, überliste sie sich selber und sage: Dann gehe sie halt nur für eine halbe Stunde. Und dann sei es am Schluss doch meist über eine Stunde.

Letztes Jahr, da war sie auch schon 69 Jahre alt, hat sie mit drei anderen Frauen die Alpen überquert. „Von Obersdorf nach Meran. Wir waren sieben Tage unterwegs“, schildert sie. Und als nächste Wanderung überlegt sie sich, von Bozen an den Gardasee zu wandern. Im Vorstandsteam der Sonne, da ist sich Edith Zepf sicher, gebe es einige Personen, die die Einsatzleitung für sie in dieser Zeit gerne übernehmen würden.