Die Stadt Mengen (Kreis Sigmaringen) hat für die kommenden Adventstage eine zündende Idee: Der Strom für die Weihnachtsbeleuchtung strömt in diesem Jahr nicht aus der Steckdose, sondern von zwei speziell ausgerüsteten Fahrrädern.

Freiwillige können sich auf zwei sogenannte Stromböcke setzen, die fest installiert sind und unter einem Zelt stehen. Sobald sie tüchtig in die Pedale steigen, wird über einen Generator Strom erzeugt, der sofort in die Lämpchen des Christbaumes fließt.

Im Rathaus der schwäbischen Kleinstadt (9850 Einwohner) ist man euphorisch. Immer mehr Freiwillige melden sich, berichtet Kerstin Keppler dem SÜDKURIER. Die Pressesprecherin weiß von zahlreichen Vereinen, die mitmachen, damit es nicht plötzlich zappenduster wird während des Weihnachtsmarktes am bevorstehenden 1. Adventswochenende.

Allen voran wollen sich die Triathleten von Mengen, denen gute Kondition nachgesagt wird, einbringen. Es trifft sich günstig, dass der Revierförster Stefan Vollmer zugleich Trainer der Sportler ist und zahlreiche Mitstreiter mitbringen kann.

Zwei Stunden Strampelarbeit

Jeden Tag sollen Sportler und Nicht-Sportler für insgesamt zwei Stunden in die Eisen steigen. Der Weihnachtsbaum wird nur in dieser Zeit in Licht getaucht. Von der 24-Stunden-Beleuchtung ist Mengen damit abgerückt. Wer wird sich schon um drei Uhr Nachts auf einen kalten Fahrradsattel schwingen?

Der Spareffekt ist eher symbolisch. Die Stadt rechnet vor, dass sie in diesem Jahr 2000 kWh nicht aus dem Stromnetz entnehmen muss, das entspricht Kosten von 600 Euro, die man durch Pedaltreten sparen wird. Doch geht es der Stadt vor allem um ein Zeichen; die Zeiten, in denen ganze Plätze über vier Wochen illuminiert würden, sind auch in Mengen vorbei. Energie ist Mangelware geworden.

Der Umstieg auf die beiden energieerzeugenden Räder hat eine ernste Ursache: Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und dem Emporschnellen der Strompreise hat die Stadt bereits vor Monaten einen „Krisenstab Gasmangel“ einberufen.

Die Mitglieder dachten über verschiedene Wege nach, um Strom zu sparen. Die festliche Beleuchtung der Hauptstraße war eine Maßnahme, die ersonnen wurden. Die Weihnachtsbäume seien davon nicht betroffen, war sich der Krisenstab einig.

Es soll mehr sein als ein Gag

Sie sollten auch 2022 wieder leuchten, aber mit Hilfe von selbsterzeugtem Strom. Bürgermeister Stefan Bubeck habe die Idee eingebracht, die Zustimmung war dann groß. Die Aktion zum Reintreten ist auch ein Wink an die Bürger. „Vielen ist vielleicht nicht bewusst, dass wir zusammen 20 Prozent Strom einsparen müssen. Sonst werden die Gasvorräte in den Speichern über den Winter nicht ausreichen“, sagt Bubeck.

Mit dem Drahtesel-Experiment geht die Kommune mit gutem Beispiel voran – und hofft auf Nachahmer auch im privaten Bereich. Bei manchem weihnachtlich geschmückten Wohnhaus ist sicherlich noch die eine oder andere Birne, die nicht leuchten müsste.

Mengen strampelt sich ins Scheinwerferlicht

Die Sparattacke hat eine angenehme Nebenwirkung: Mengen, das sonst nicht im Scheinwerferlicht steht, genießt seit einige Tagen jede Menge an öffentlicher Beachtung. Der Bürgermeister und seine Mitstreiter werden befragt und gefilmt. Aus anderen Städten kommen Anfragen, wie das genau funktioniere.

Wo so viel adventliche Aufmerksamkeit auf das Städtchen fällt, gesellt sich die Politik schnell dazu: Robin Mesarosch (SPD), Bundestagsabgeordneter Zollernalbkreis-Sigmaringen, hat sich für einen Besuch angemeldet. Er werde aufs Rad klettern und für Energie sorgen, berichtet Kerstin Keppler.