Der Beginn der Impfaktion verläuft holprig. Als großes Problem stellt sich die Vergabe von Terminen heraus und damit die Frage: „Wann bin ich dran?“

Verunsicherte Leser des SÜDKURIER  rufen an und bestätigen: Das ist nicht gut geregelt. Im Prinzip ist es so, dass sich jeder selbst für die Einladung in das nächste Kommunale Impfzentrum (KIZ) bemühen sollte. Die Hausärzte sind außen vor, ebenso die Gemeinden, obwohl diese über Adressen und Namen aller ihrer Bürger verfügen würden.

Der Weg ist klar: Ein Schild weist in Stuttgart den Weg zu Impfzentren. Einen Termin zu bekommen, ist jedoch gar nicht so einfach.
Der Weg ist klar: Ein Schild weist in Stuttgart den Weg zu Impfzentren. Einen Termin zu bekommen, ist jedoch gar nicht so einfach. | Bild: Marijan Murat, dpa

Zwei Wege führen zum Termin, beide gehen über die Startseite des Sozialministeriums des Landes Baden-Württemberg. Dort wird der Interessierte auf ein Formular verwiesen, das er ausfüllen kann – sofern er einen Computer hat und damit umgehen kann. Das wird vorausgesetzt. Für ältere Menschen ist das keine Selbstverständlichkeit. Für das Impfzentrum in Karlsruhe funktionierte die Anmeldung gar nicht.

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Anrufer hängen in der Warteschleife

Der zweite Weg führt über die zentrale Telefonnummer 116 117. Dort ist aber über Stunden kein Durchkommen, berichten entnervte Senioren, die halbe Tage am Telefon verbrachten. Nach Angaben des Sozialministeriums sitzen 500 Mitarbeiter im improvisierten Callcenter bereit – und doch hängen Anrufer in einer Warteschleife.

Kritiker wenden ein, dass eine personalisierte Einladung für die Impfung einfacher gewesen wäre. Das ginge dann so: Jeder Kandidat erhält einen Brief, in dem beschrieben wird, was der Impfwillige benötigt, wann und wo er seine erste Spritze erhält. Damit hätte man manche Unsicherheit vermeiden können, zumal ältere Menschen mit einer gedruckten Einladung mehr anfangen können als mit dem kompliziert aufgebauten Formular einer Homepage. Krankenkassen oder Hausärzte hätten in diesem Falle die beste Übersicht darüber gehabt, welche Menschen im Wartezimmer als erste in Frage kommen.

Der Weg zum Impftermin

Der Impfstoff gegen SARS-CoV-2 des chinesischen Pharmakonzerns Sinovac.
Der Impfstoff gegen SARS-CoV-2 des chinesischen Pharmakonzerns Sinovac. | Bild: Andre Lucas, dpa

Ein persönliches Anschreiben lehnt das Ministerium ab

Das Sozialministerium, das für die riesige Impfkampagne zuständig ist, lehnt das ab. „Wenn wir jeden persönlich anschreiben, ist das Frustrationspotenzial viel größer“, sagt ein Sprecher des Ministeriums im Gespräch. Denn es könne immerhin sein, dass die Angeschriebenen zu diesem Zeitpunkt nicht verfügbar sind. Dann müsse man Termine nachschieben und verhandeln, und das nehme Zeit in Anspruch. Wenn sich jeder selbst um ein Zeitfenster bemühe, sei es einfacher, meint man im Stuttgarter Ministerium zuversichtlich.

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Die Logistik steht, behauptet der Minister

Auch der zuständige Gesundheitsminister Manfred Lucha hatte in der vorigen Woche noch vollmundig gesagt: „Wir haben in den letzten Wochen mit Hochdruck daran gearbeitet, dass wir unmittelbar nach Lieferung des Impfstoffs mit dem Impfen loslegen können. Die Logistik steht.“ Mindestens für die Terminvergabe trifft der Optimismus des Grünen-Politikers Lucha nicht zu; die versprochene „Logistik„ erweist sich eher als Labyrinth.

Auch die Gemeinden sehen die Arbeit der Ministerien mit wachsender Skepsis. „Wir erhalten sehr viele Anrufe von besorgten Bürgern, die sich über das Impfen informieren wollen“, sagt beispielsweise Ralph Albrecht, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Waldshut-Tiengen. Der Aktionismus des Bundesgesundheitsministeriums nehme weite Teile der Bevölkerung nicht mit. Bei allem Verständnis für die Eile, müsse man auch an ältere Menschen denken und diese geduldiger ins Bild setzen.

Kein Termin für die 85-jährige Mutter

Auch in der Bundespolitik regt sich Unmut. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Karin Maag, kritisiert die Terminvergabe für die Corona-Impfungen. „Es kann nicht sein, dass man eine Impfkampagne startet und dann keine Termine bekommen kann“, sagte die Stuttgarter Bundestagsabgeordnete. Sie habe vergeblich versucht, für ihre 85-jährige Mutter einen Impftermin über den bundesweiten Patientenservice unter der Telefonnummer 116 117 zu reservieren.