Der Angeklagte lässt die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft über sich ergehen. Aus Eifersucht soll er seine Ex-Frau und Mutter von drei gemeinsamen Kindern am 29. Mai 2020 in der Schramberger Straße in Villingen-Schwenningen umgebracht haben. Der 50-Jährige nickt, schüttelt mit dem Kopf, zuckt mit den Achseln oder lehnt sich mit verschränkten Armen im Stuhl zurück.

Manchmal kommt ein Ja oder Nein oder ein kurzer Satz in gebrochenem Deutsch aus seinem hinter einer OP-Maske versteckten Mund. Viel mehr ist weder vom Angeklagten, noch von seinem Anwalt, Hartung Schreiber, vor dem Schwurgericht in Konstanz zu hören.
Dabei gäbe es noch viele Fragen, die unbeantwortet sind. Zum Beispiel: War der Täter zum Tatzeitpunkt betrunken? Stand er unter Drogen? Warum schlug der mutmaßliche Täter gerade an diesem Tag, zu dieser Zeit zu? War es eine Tat im Affekt oder plante der Angeklagte sein Vorgehen minutiös?

Dass der Angeklagte schweigsam ist, wundert nicht. Schon während seiner Zeit in Untersuchungshaft wollte er nicht einmal mit seinem Pflichtverteidiger reden – das war zumindest aus Justizkreisen zu hören. Ob der Angeklagte seine Strategie ändern wird, hängt wohl maßgeblich davon ab, wie sich die Indizienlage entwickelt.
Doch schon jetzt scheinen die Beweise gegen den 50-Jährigen erdrückend zu sein. Sowohl die Spurenauswertung der Spezialisten des Landeskriminalamts, als auch der mögliche Tathergang sprechen gegen den ihn.
„Es sah einfach nicht natürlich, irgendwie inszeniert, aus.“
Die beiden Ermittler, die als erstes am Tatort eintrafen, beschrieben vor Gericht eindringlich, wie sie die Situation wahrgenommen hatten. „Mir war sofort klar, dass hier etwas nicht stimmt“, erklärte ein Polizist, als er die tote Dreifachmutter auf dem Boden liegen sah. „Es wirkte einfach nicht natürlich, irgendwie inszeniert“, so der Beamte.
Die Staatsanwaltschaft geht auch deshalb davon aus, dass der Angeklagte den Mord an seiner Ex-Freundin als einen Unfall aussehen lassen wollte. Dafür soll er die Leiche nach dem Mord vom Flur in das Wohnzimmer geschleppt, einen Stuhl umgeworfen und eine Gardinenstande abgerissen haben.
Stutzig sei der Polizist auch deshalb geworden, weil die Leiche feinsäuberlich auf dem Rücken lag, viel zu viel Blut aus dem Hinterkopf austrat und an der Gardinenstange scheinbar gar kein Vorhang hing. „Das passte irgendwie alles nicht zusammen“, so der Kriminalbeamte. Und er soll recht behalten. Denn dass es sich um ein Gewaltdelikt handelt, ist mittlerweile eindeutig bewiesen.
Auch die Notfallärztin, die noch vor der Polizei am Tatort eintraf, hatte sofort Zweifel am natürlichen Tod der Frau. „Ich kam in die Wohnung und habe sie da liegen gesehen. Ich bin nur näher rangegangen, um zu prüfen, ob wir wirklich nichts mehr tun können“, sagte sie vor Gericht. Die Ärztin verzichtete auf eine ausgiebige Leichenschau, weil dabei wertvolle Spuren verloren gehen könnten.

Während Ärzte und Polizisten ihren Job machen, sitzt der Angeklagte am Küchentisch, nur wenige Meter von seiner toten Ex-Freundin entfernt. Er raucht eine Zigarette nach der anderen, wirkt ruhig, abgeklärt. So beschreibt die Notfallseelsorgerin vor Gericht die Szenerie. „Ich war in diesem Moment nur für ihn da. Meine Aufgabe ist es, nicht zu urteilen. Und ich wusste bis kurz vor Schluss nicht einmal, dass es um ein Tötungsdelikt geht und der Mann verdächtigt wird“, so die Seelsorgerin.
In den folgenden zwei Wochen wird das Gericht versuchen, alle Perspektiven einzunehmen und Unklarheiten in der Beweisaufnahme zu klären. Dafür wurden sechs Prozesstage angesetzt. 28 Zeugen, mehrere Gutachter und Sachverständige werden aussagen. Ein Urteil wird am 2. Februar erwartet. Sollte der Angeklagte wegen Mordes schuldig gesprochen werden, droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Bis dahin gilt für den 50-Jährigen die Unschuldsvermutung.