Drei Monate nach einem tödlichen Vorfall in Villingen-Schwenningen streitet der Verdächtige es immer noch ab, seine Ex-Freundin umgebracht zu haben. Sogar vor seinem Anwalt und der eigenen Familie weist er den Verdacht zurück. Obwohl sich das Paar vor der Tat getrennt haben soll. Obwohl es schon häufiger zu Handgreiflichkeiten gekommen sein soll. Obwohl Zeugen ihn mit der Dreifachmutter kurz vor dem Tod in der ehemaligen Wohnung gesehen haben wollen.
Doch die Schweige-Taktik des Ex-Freundes scheint vorerst nicht aufzugehen. Wie der SÜDKURIER erfuhr, wird die Konstanzer Staatsanwaltschaft vor dem Schwurgericht der großen Strafkammer beim Prozess auf Mord plädieren.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen komme man zu der Einschätzung, „dass zwei Mordmerkmale – Heimtücke und Niedrige Beweggründe – verwirklicht sind“, bestätigte Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth die Recherchen.
Der Grund: Ein Sachverständiger kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass auf den Hinterkopf der 39-Jährigen mindestens sieben Mal mit voller Wucht eingeschlagen wurde. Die Rechtsmedizin untermauert die These. Das ist zumindest aus Kreisen der Justiz zu hören.
Die Ermittlungen der Kripo ergaben offenbar auch, dass sich die zeitaufwendige Suche nach der ominösen roten Tasche mit Drohnen und Spürhunden nicht mehr lohnt. Anfangs ging man noch davon aus, dass der Ex-Freund darin die Tatwaffe versteckte. Nachbarn sagten dem SÜDKURIER kurz nach der Tat vor Ort, dass der Verdächtige sie unmittelbar nach der Tat im Umfeld des Mehrfamilienhauses versteckt habe.
Ein Tischbein wird zum Tatmittel
Mittlerweile ist klar: Den Kriminalbeamten lag der entscheidende Gegenstand immer vor Augen. Wie der SÜDKURIER aus Ermittlerkreisen erfuhr, soll die Frau nämlich mit einem Tischbein von hinten erschlagen worden sein, während sie auf Knien ihre Kleidung in einen Umzugskarton packte. Welche Beweise es für diese Theorie gibt, wird wohl erst am Tag des Prozesses klar werden. Einen Verhandlungstermin gibt es laut Staatsanwaltschaft zwar noch nicht. In der Regel wird nach Zustellung der Anklageschrift zum Verdächtigen innerhalb von sechs Wochen verhandelt.
Bis dahin könnte noch anhand der Spurenauswertung mit 3D-Technik genauer rekonstruiert werden, was sich in der ehemaligen gemeinsamen Wohnung Ende Mai abgespielt hat. Denn je nachdem, in welchem Winkel die Blutspritzer an der Decke kleben, lässt sich ableiten, wie groß und welche Statur der Täter haben müsste. Das Ergebnis lässt nach Recherchen des SÜDKURIER aber immer noch auf sich warten.
Verteidigung sucht nach Argumenten für Handlung im Affekt
Wie man hört, sucht die Verteidigung derzeit nach Indizien, die keine heimtückische Tat, sondern eher eine Handlung im Affekt plausibel erscheinen lassen. Sollte der verdächtige 49-Jährige nämlich im Überschwang der Emotionen, aus dem Moment heraus, gehandelt haben, käme nicht Mord, sondern Totschlag in Betracht. Im Gegensatz zu einer drohenden lebenslangen Haftstrafe bei Mord müsste der Ex-Freund – wenn das Gericht ihn für schuldig hält – dann nur zwischen fünf und 15 Jahren hinter Gitter.
Wie man hört, ist ein Mammutprozess zu erwarten. Wohl zwischen 25 und 30 Zeugen – viele aus dem familiären Umfeld des Verdächtigen und der Getöteten – sollen geladen werden. Prozessbeteiligte rechnen mit mindestens fünf Verhandlungstagen. Bis das Gericht urteilt, gilt für den Mann die Unschuldsvermutung.