Nicht ein Mal, nicht zwei Mal, nicht drei Mal. Mit sieben wuchtigen Schlägen soll der 50-jährige Mann aus Villingen-Schwenningen seine Ex-Freundin am 28. Mai 2020 in der Wohnung in der Schramberger Straße von hinten zu Tode geprügelt haben – bis das Tischbein in seiner Hand zerbrach. Das geht aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hervor. Sie liegt dem SÜDKURIER exklusiv vor.

Darin sind die Erkenntnisse der Kriminalpolizei zusammengefasst. Die Staatsanwaltschaft beschreibt, wie es ihrer Meinung nach zu der Tragödie kam, wie der Verdächtige vorgegangen ist und was danach passierte. Ob die Annahmen schlüssig sind und für eine Verurteilung reichen, muss das Konstanzer Schwurgericht am 15. Januar 2021 entschieden. Bis dahin gilt für den Mann in Untersuchungshaft die Unschuldsvermutung.

Die Tat hat sich in der Schramberger Straße in VS-Schwenningen abgespielt.
Die Tat hat sich in der Schramberger Straße in VS-Schwenningen abgespielt. | Bild: Küster, Sebastian

Laut Anklageschrift gab es seit Februar 2020 heftige Auseinandersetzungen und gewalttätige Angriffe innerhalb der Familie, weil das Opfer sich von ihrem Partner trennte und einen neuen Lebensgefährten kennenlernte. Vier Wochen später zog sie mit ihren Kindern ins Frauenhaus in Villingen und kündigte die Wohnung in der Schramberger Straße zum 30. Juni. Das bestätigen Nachbarn gegenüber dem SÜDKURIER vor Ort. Seitdem keimte laut Staatsanwaltschaft im Kopf des Tatverdächtigen der Gedanke, seine Ex-Freundin – die Mutter dreier gemeinsamer Kinder – zu töten.

Zwei Holzbeine vor der Tat in der Wohnung deponiert?

Wenn man der Anklageschrift glaubt, soll sich die Tötung so abgespielt haben: Der Mann schraubt zwei 75 Zentimeter lange Holzbeine eines Tisches in seinem Keller ab und deponiert sie in der ehemaligen gemeinsamen Wohnung. Eines der beiden stellt er auf den Balkon, das andere Tischbein landet hinter einem Kleiderschrank.

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Der Tatverdächtige ahnt laut Staatsanwaltschaft bereits, dass seine Ex-Freundin am 28. Mai gegen 8 Uhr in der Wohnung sein wird, um persönliche Sachen zu packen. Als sich die Frau von ihrem Ex-Partner abwendet, auf Knien das untere Regal eines Schranks ausräumt und Kleidung in einem Umzugskarton verstaut, schlägt der Mann angeblich zu. Er greift nach dem Tischbein hinter dem Schrank und prügelt auf die wehrlose Frau ein – vorausgesetzt die Ermittler liegen mit dieser Theorie richtig.

Massive Riss-Quetschungen mit Frakturen der Schädelkapsel

Die Obduktion wird später ergeben, dass die dreifache Mutter mit sieben Schlägen zwischen Schläfe und Hinterkopf getötet wurde. Sie erleidet massive Riss-Quetschungen mit Frakturen der Schädelkapsel. Die Spurensicherung soll modernste Technik in der Wohnung eingesetzt haben, um de Tat bestmöglich zu rekonstruieren. Anhand von Blutspritzern an der Decke und am Boden können Profis heutzutage herausfinden, woher der Schlag kam, mit welcher Wucht der Hieb auf den Schädel traf und wie groß der Täter in etwa gewesen sein muss. Schon vor einigen Monaten erfuhr der SÜDKURIER aus Ermittlerkreisen, dass die Beweislage angeblich erdrückend sein soll – der Tatverdächtige laut Auffassung der Kriminalpolizei mich höchster Wahrscheinlichkeit der Mörder ist.

Um von seiner Tat abzulenken, täuscht der nach wie vor in Untersuchungshaft sitzende 50-Jährige laut Anklageschrift nach dem Mord einen Unfall in der Wohnung vor. Er soll eine Gardinenstange heruntergerissen, einen Stuhl am Fenster platziert und den leblosen Körper in die Nähe geschafft haben. Er soll Blutspuren am Boden beseitigt, das Tischbein an seinem T-Shirt abgewischt und beides in einer roten Tasche verstaut haben. Bis heute wurde diese Tasche jedoch nicht gefunden.

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Danach soll der 50-Jährige ein Lebensmittelgeschäft sowie einen Tabakladen in der Nähe aufgesucht und in einer Bank 1000 Euro abgehoben haben. Nachbarn schilderten damals gegenüber dem SÜDKURIER, dass der Mann seinen Sohn von der Schule abgeholt habe und mit ihm gemeinsam zur Wohnung gegangen sei, wo die Leiche der Mutter auf beide wartete.

Ein kleines Detail beschäftigte die Kriminalpolizei wohl besonders: Die Wohnungstür soll bei der Rückkehr bereits offen gestanden sein.Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass der Verdacht dadurch auf einen Nachbarn gelenkt werden sollte. Er hatte laut Anklage bereits einige Tage zuvor vom Tatverdächtigen einen Ersatzschlüssel für die Wohnung erhalten.

Die durch die Polizei versiegelte Wohnungstür, hinter der sich der Mord abgespielt haben soll.
Die durch die Polizei versiegelte Wohnungstür, hinter der sich der Mord abgespielt haben soll. | Bild: Küster, Sebastian

In zahlreichen Gesprächen mit Juristen, Polizisten und Ermittlern kristallisierte sich bei den Recherchen des SÜDKURIER vor Monaten schon heraus, dass der Tatverdächtige vermutlich so oder so ähnlich vorgegangen sein könnte, wie es nun auch die Anklageschrift der Konstanzer Staatsanwaltschaft offenbart. Sie wird wegen Heimtücke und niedrigen Beweggründen anklagen.

Aus Justizkreisen ist zu hören: der Mann schweigt bis heute – auch gegenüber seinem Anwalt. Die Kinder leben seit dem Mord der Mutter bei Verwandten der Getöteten.