Qualitätsmängel, falsche CE-Zeichen und fragwürdige Teststandards. Der SÜDKURIER berichtete in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder über ungenügende FFP2-Masken. Doch davon wollte Sozialminister Manne Lucha (Die Grünen) in Bezug auf die vom Land beschafften Masken nichts wissen. Man verwies gebetsmühlenartig auf strenge Kontrollen vor der Auslieferung. Ein Fehler.
Denn jetzt wird klar: Dreieinhalb Millionen an Schulen, Unikliniken und Pflegeheime verschickte Masken schützen den Träger nur bedingt vor Corona.
„Aufgrund der Zweifel, die in jüngster Zeit immer wieder aufkamen, hatte sich das Sozialministerium am 12. Januar 2021 dazu entschlossen, die vorhandenen Bestände noch einmal von der DEKRA nachprüfen zu lassen“, sagt Ministeriumsprecherin Claudia Krüger dem SÜDKURIER. Heraus kam dieses erschütternde Ergebnis.
Um welche Hersteller es sich bei den schlechten Masken konkret handelt, will das Ministerium nicht mitteilen. Der Grund: Die Marktüberwachung nimmt die Ergebnisse noch einmal unter die Lupe und informiert die Hersteller. Die Stelle prüfe derzeit, „ob und inwieweit eine öffentliche Warnmeldung erforderlich und verhältnismäßig ist“, so Krüger.
12 von 24 Maskenhersteller weisen Mängel auf
Der öffentlich bestellte Gutachter für Medizinprodukte, Roland Ballier, ist mit Prüforganisationen und hochrangigen Medizinern vernetzt. Er weiß: Das Ministerium nahm 24 Hersteller unter die Lupe. Bei 12 seien Mängel festgestellt worden, so Ballier.
Einige Masken hätten den Normwert laut Ministerium zwar nur knapp verfehlt, dennoch dürfen betroffene Stellen den FFP2- und KN95-Mundschutz nicht mehr verteilen und verwenden. Sie erhalten neue, EU-konforme FFP2-Masken, aus deutscher Herstellung. „Erste Anlieferungen werden noch diese Woche erwartet“, sagt Krüger.
Bevor sie auch nach Südbaden verschickt werden, finden ab sofort „umfangreiche und regelmäßige Prüfungen jeder Teillieferung jedes Herstellers von der DEKRA“ statt. „Nur Masken, die die Normvorgaben erfüllen, werden anschließend verteilt“, so Krüger.
Ob Menschen sich wegen einer mangelhaften Maske mit dem Virus ansteckten, ist nicht bekannt. Dass dem Land dadurch aber ein hoher finanzieller Schaden entstand, steht jedoch fest. Zwar möchte Sprecherin Krüger diesen wegen laufender juristischer Verfahren nicht dazu äußern. Aufgrund der großen Anzahl betroffener Masken und den hohen Maskenpreisen im Bestellzeitraum, dem ersten Halbjahr 2020, muss jedoch von einem Millionenschaden ausgegangen werden.
Land will Schadensersatz erzielen
Juristen prüfen derzeit, ob das Ministerium bei den betroffenen Herstellern Schadensersatzansprüche geltend machen kann. „Es wurden erste Schritte für ein Vergabeverfahren eingeleitet, um eine renommierte Anwaltskanzlei zur Durchsetzung der Ansprüche des Landes beauftragen zu können“, so Krüger.