Einige Besetzungen des neuen Bundeskabinetts überraschten die Öffentlichkeit, doch diese Personalie wurde kaum kritisiert: Karin Prien (CDU) leitet nun das Bundesministerium für Bildung. Und die Begeisterung ist berechtigt, denn es kommt eine Frau mit viel Expertise in dieses wichtige Amt.
Prien war seit 2017 Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, sie koordinierte in dieser Position schon seit Längerem die unionsgeführten Bundesländer in der Kultusministerkonferenz. Karin Prien gilt als sehr fachkundig in sämtlichen Bildungsbereichen, die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, bezeichnete Prien als „kluge und erfahrene Bildungsexpertin“.
Karin Prien muss ihr Ministerium umstrukturieren
Selbst die Lehrerverbände sind mit der Auswahl also zufrieden. Wem Bildungsthemen am Herzen liegen, der muss sich über diese Besetzung freuen. Und man darf hoffen, dass sich hier tatsächlich etwas bewegen wird.
Zunächst muss Prien den Umbau ihres Ministeriums organisieren. In der vergangenen Legislaturperiode war das Ministerium für Bildung und Forschung für Schulthemen verantwortlich. Nun fusioniert das Bildungsministerium mit dem Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Keine einfache Aufgabe, schließlich müssen nun Hunderte Mitarbeiter den Arbeitsplatz wechseln.
Fusionierung ist ein kluger Schritt
Und doch steckt darin eine Chance: Schon jetzt ist das Familienministerium für die Ganztagsbetreuung verantwortlich. Ab dem Schuljahr 2026/2027 haben Grundschüler einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Die neue Bundesregierung möchte daran festhalten. Künftig wird das von einem Ministerium umgesetzt. Das ist ein kluger Schritt.
Karin Prien selbst hatte die Fusionierung gefordert, auch die bisherige Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz, Stefanie Hubig (SPD), jetzt Bundesjustizministerin, hatte bereits eine solche Lösung ins Spiel gebracht. Denn es gibt es noch mehr gute Gründe. Sie hängen mit den sehr konkreten Vorstellungen zusammen, die Karin Prien vom deutschen Bildungssystem hat.
Kooperation über Partei- und Ländergrenzen hinweg
Kitas sollen ihrer Auffassung nach künftig als Bildungseinrichtungen verstanden werden. In der frühkindlichen Förderung sieht Karin Prien einen wichtigen Baustein, um Bildungsungerechtigkeit entgegenzuwirken. Deshalb fordert sie für Kinder zwischen null bis zehn Jahren verbindliche Bildungspläne. Es ist daher logisch, dass Bildung und Familie nun in einem Ministerium angesiedelt sind.
Das zeigt, dass Karin Prien bereit ist, wirklich etwas zu verändern. Bildungsforscher kritisieren das Bildungssystem in Deutschland schließlich schon seit Längerem als hochgradig ungerecht. Dass es ihr tatsächlich gelingen könnte, Mehrheiten für ihre Ideen zu schaffen, zeigt das Konzept „Bessere Bildung 2035“. Karin Prien hat das Papier im vergangenen Jahr gemeinsam mit Stefanie Hubig und der baden-württembergischen Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) erarbeitet. Das Konzept entstand also nicht nur über Länder-, sondern auch über Parteigrenzen hinweg.
Prien muss Erwartungen gerecht werden
Hubig, Schopper und Prien sprechen sich darin für eine länderübergreifende Bildungsagenda aus, in der zumindest einige wenige gemeinsame Ziele einheitlich definiert werden. Das ist ungewöhnlich, wo die Länder doch gerade bei Schulthemen auf den Föderalismus pochen. Diese Kooperation lässt hoffen, dass es Karin Prien als Bundesbildungsministerin gelingen könnte, die Minister der Länder hinter ihren Ideen zu vereinen.
Gegenüber ihrer Vorgängerin Bettina Stark-Watzinger hat Prien außerdem den Vorteil, dass einige der Landeskultusminister Parteikollegen sind. Durch ihr vorheriges Amt weiß sie selbst, wie es ist, Forderungen an den Bund zu stellen. Eine Perspektive, die ihr im neuen Amt nun nützen kann.
Karin Priens ambitioniertes Vorpreschen lässt die Erwartungen an sie nach oben schießen. Ob sie diesen gerecht wird, muss sie nun zeigen. Im Dezember einigten sich Bund und Länder auf den milliardenschweren Digitalpakt 2.0, der Schulen etwa mit moderner IT ausstatten soll. Prien muss ihn nun umsetzen. Wie ihr das gelingt, wird viel über ihre Kompetenz als Bundesbildungsministerin aussagen.