Die Kunstwerke von Peter Lenk stehen in vielen Städten in Baden-Württemberg. Sogar in Dörfern ist man stolz auf eine Figurengruppe des bekannten Bildhauers – der Gemeinderat kann sich dann seiner Modernität rühmen. Nur mit der Landeshauptstadt hat es nicht geklappt: Gemeinderat und Oberbürgermeister vergraulten den Satiriker aus Bodman, der das kritische Werk über den geplanten Tiefbahnhof S21 bereits gratis hingestellt hatte.

Inzwischen steht der Schwäbische Laokoon wieder im Garten von Peter Lenk. Der Künstler setzt mit einem Buch einen Schlussstrich unter das oft beschriebene Kapitel in Stuttgart 21. Lenk rechnet unter dem Titel „Zoff im Spätzlesumpf“ mit allem ab, was auch nur entfernt mit Schwaben und Metropole zu tun hat.

Der Porsche und die Pietisten

Wer seine Nase ins Buch steckt und die Augen voll Wunderfitz über wohlgestaltete Seiten schweifen lässt, liest sich bald fest. Genüsslich und mit hörbarem Spaß am Schreiben rechnet Lenk mit den Schwaben im Allgemeinen und mit den Pietisten im Besonderen ab. Dabei stört ihn nicht, dass in der Speckstadt am Neckar mehr Porschefahrer unterwegs sind als Pietisten; das Klischee von den orthodox verbogenen Schmalspurbürgern ist zu schön, um es nicht zu bedienen.

Die S21-Statue von Peter Lenk, hier noch an ihrem Stuttgarter Standort vor dem Stadpalais. Derzeit steht die Skulptur in Lenks Garten in ...
Die S21-Statue von Peter Lenk, hier noch an ihrem Stuttgarter Standort vor dem Stadpalais. Derzeit steht die Skulptur in Lenks Garten in Bodman. Und bald in Tübingen? | Bild: Sebastian Gollnow

So schreibt Lenk dahin, herrlich subjektiv und anti-dokumentarisch, streckenweise ungerecht und mit großer rhetorischer Wucht. Das Ringen um den Verbleib des kolossalen Kunstwerks wird schnell zum Politikum. Vertreter aller Fraktionen werden vorgeführt, am meisten aber die Grünen als der Partei, die im Kunstwerk über Stuttgart kräftig auf die Schippe genommen wird. Dafür erhält Heiner Geißler, der letzte anerkannte Querdenker, einen Heiligenschein.

Attacke gegen die Häppchen-Szene

Peter Lenk dreht den Spieß um. Er liest nicht nur die Kritiken seiner Werke genau, sondern ballert verbal zurück. „Manche Kritiker haben keinen Zugang zur Kunst“, sagt er. Im Buch heißt es unter Anspielung an den hohen Müllanteil in der modernen Kunst: „Klobrille, Fettecke und Blutwurst konnten in unheiliger Allianz mit sogenannten Experten zu einem wertvollen zeitgenössischen Kunstwerk hochgeschwätzt und verkauft werden.“ Hier kriegt nicht nur Joseph Beuys sein Fett ab.

Lenk wettert auch gegen eine sich mondän gebende Szene, die von Kunst spricht und Prosecco meint, mit kostenlosen Lachshäppchen inklusive. Lenks realistische Werke dagegen tun sich in diesen Kreisen erfahrungsgemäß schwer. Eine Rezensentin wollte ihm in einem langen Aufsatz nachweisen, dass es sich bei ihm überhaupt um Kunst handle.

Fairerweise erwähnt Lenk auch jene Medien, die über sein tonnenschweres Werk berichteten, ohne gleich das Fallbeil über der PC-Tastatur kreisen zu lassen. Auch der SÜDKURIER wird in seinem Buch ausführlich erwähnt; er hatte über die Kunstkomödie am Neckar regelmäßig berichtet.

Urach freut sich auf Peter Lenk

Peter Lenk steckt trotz Niederlage den Kopf nicht in den Sand. Die Aufregung über die Skulptur ist ihm so wichtig wie das Werk selbst – und Aufregung erntete das Kunstwerk mit dem fast nackten Ministerpräsidenten zuhauf. Laokoon beschäftigte den Gemeinderat, den OB sowie einige Minister.

Hunderte von Menschen zogen vorbei und reimten sich die Figuren zusammen. Von mehr als 1000 Spendern hatte Lenk 170.000 Euro gesammelt, um die Kosten zu decken. Der Chef der Stadtbibliothek war entnervt, die Pfarrerin entzückt, knipsende Bürger aufgewühlt. Die Stadtführer freuten sich auf Touren mit hohem Diskussionsanteil.

Während Lenk die letzten Seiten fertigstellte, hat er längst den nächsten Auftrag an Land gezogen. Die Stadt Bad Urach will ihren Hauptplatz schmücken und hat bei dem 74-Jährigen Satiriker deshalb etwas zum traditionellen Schäferlauf bestellt. Im Gemeinderat zählte man nur zwei Gegenstimmen. Alle anderen freuen sich bereits auf die Enthüllung im Sommer 2023, möglicherweise gibt es dann Spätzle. Die Stuttgarter werden tagsdrauf die Zeitung aufschlagen und sich wundern.

„Zoff im Spätzlesumpf“ – Buch von Peter Lenk, Cover, Bild von Verlag
„Zoff im Spätzlesumpf“ – Buch von Peter Lenk, Cover, Bild von Verlag | Bild: Stadler Verlag

Das Buch: „Zoff im Spätzlesumpf,“ 64 Seiten, 31 farbige Bilder, 15 Euro (Stadler Verlag)