Es ist ein einziger Satz, der fast alles an diesem Tag Gesagte auf eine knappe Formel bringt. „Er hat unser aller Leben bereichert und unsere Welt zu einer besseren gemacht“, formuliert Enkelin Louisa Stauss über Hans-Peter Repnik, als in der Fürbitte für den Verstorbenen die Trauernden gleichermaßen gebetet wird.
Das Radolfzeller Münster kann die Gemeinde kaum fassen, es sind Hunderte, die den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten auf seinem letzten Weg begleiten und der Familie Trost spenden wollen. So verweben sich ein halber Staatsakt und ganz privater Abschied auf eigentümliche Weise an diesem Frühjahrstag am Bodensee.
Die Polizei ist mit einem großen Aufgebot vor Ort, und als sich eine Motorradeskorte nähert, halten viele Touristen die Handys hoch. Sie wissen nicht, worum es hier geht – aber dass sich ein bedeutendes Ereignis abspielt, liegt in der Luft.
Dann steigt Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und künftiger Bundeskanzler, aus dem Auto. Am Abend zuvor war er noch bei Caren Miosga in der Talkshow, am Mittag darauf ist er am anderen Ende der Republik.
Der Termin im Bodensee ist Merz wichtig, und im Münster wird dann auch deutlich, warum. Es war eben nicht nur eine politische, sondern auch eine sehr persönliche Freundschaft, die die beiden verband – und eine Freundschaft, die auch in den dunklen Stunden wuchs.
So erinnert Merz an 1998. Er und Hans-Peter Repnik hätten gemeinsam alles versucht, Wolfgang Schäuble als Kanzlerkandidaten der Union durchzusetzen. Doch Kohl räumte den Platz nicht, die Folge war die Abwahl.
Ein persönlicher Freund für Merz
Die Union war nach 16 Jahren raus aus der Regierung, Merz Chef der größten Oppositionsfraktion und Hans-Peter Repnik der Erste Parlamentarische Geschäftsführer. Und sie hatten mehr als eine Arbeitsbeziehung: „Absolutes Vertrauen und absolute Verbindlichkeit“ verband sie, sagt Merz.
Am 5. Februar bei seinem Auftritt in Singen sah er Hans-Peter Repnik, und sichtlich bewegt sagt der künftige Kanzler, er habe damals schon gespürt, dass es ein Abschied auf immer werden könnte.
„Er hatte immer eine Haltung“
Dass Politik eben nicht nur kaltes Machtspiel ist, sondern auch auf persönlichen Beziehungen beruht, zeigen die anderen Beiträge bei der Trauerfeier gleichermaßen. Auch Andreas Jung, den Repnik früh als seinen Nachfolger im Wahlkreis Konstanz aufbaute, muss zwischendurch um die Fassung ringen.
Er muss Abschied nehmen von dem Mann, der ihn förderte, seit er mit 16 anfing, sich in Stockach bei der Jungen Union zu engagieren. Seine Worte, „tiefer Schmerz und große Dankbarkeit“ können es nur knapp umreißen.
Denn Hans-Peter Repnik, auch das wird nochmals deutlich, hatte einen Wirkungskreis von seinem Heimatort Markelfingen am Gnadensee bis nach Rio de Janeiro, wo er 1992 am Umweltgipfel mitwirkte. Die „Grüne Charta“, ein damals fast revolutionäres Papier der Jungen Union Südbaden, trägt auch Repniks Handschrift.
Es sind die Schultern, auf denen Andreas Jung bis heute steht. Und es ist sein Vorbild: „Er hatte immer eine Haltung, in der Öffentlichkeit wie im Privaten, auch im Angesicht des Todes“, sagt der CDU-Bundesvize.
Repniks Offenheit Neues und sein Eintreten für Benachteiligte seien beispielgebend: „Das Gedenken an ihn ist auch Aufgabe für uns, Verantwortung zu übernehmen.“
Es wären noch viele andere Menschen im Radolfzeller Münster gewesen, die etwas Substanzielles zu Hans-Peter Repnik hätten können.
Der Abgeordnete und mögliche künftige Bundesminister Thorsten Frei, Landesinnenminister Thomas Strobl, die Radolfzeller und Konstanzer Oberbürgermeister Simon Gröger und Uli Burchardt, der EU-Abgeordnete Andreas Schwab – sie alle haben sich die Zeit genommen für diesen Abschied.
Und sie alle treten zurück, damit noch einer zu Wort kommt, der eine weitere Facette im Leben von Hans-Peter Repnik beleuchten kann.
Es ist der frühere slowenische Ministerpräsident Alojz Peterle. Mit ihm war Hans-Peter Repnik, Sohn eines nach dem Zweiten Weltkrieg geflohen Handwerkers, engstens vertraut. „Er hatte Deutschland als Heimat und Slowenien als Vaterland“, sagt er über den Verstorbenen.

In der kritischen Zeit der Unabhängigkeit war Repnik Fürsprecher der jungen Demokratie südlich der Karawanken und der wichtigste Kontaktmann zur Regierung Kohl. „Er hielt immer Wort“, sagt Peterle und würdigt auch den persönlichen Mut Repniks: „Er hatte keine Angst vor dem Tod, weil er keine Angst vor dem Leben hatte.“
Nachdem sich auf dem Markelfinger Waldfriedhof Hans-Peter Repniks Sarg in die Erde hinabgesenkt hat, streut Pfarrer Heinz Vogel, ein Seelsorger im besten Sinne, Erde aus Slowenien auf den Sarg, und es erklingt eine Volksweise aus dem Land. Dann spielt ein einsames Flügelhorn aus der Ferne „Amazing Grace“.
Für einen Moment scheint auch für die sonst so rastlosen Polit-Granden die Zeit stillzustehen.
Felix Stauss bringt die Kraft auf, am offenen Grab des Großvaters zu sprechen: „Du hast mir die erste Krawatte gebunden und ich Dir Deine letzte“, sagt er.
Es folgen zwei Sätze, die auf ihre Art auch diesen großen Abschied von einem großen Menschenfreund und Politiker zusammenfassen: „Das Leben mit Dir war wunderschön“ – und: „Die Leere werden bald Freude und Dankbarkeit füllen“. Mit letzterem, zeigt dieser Tag, hat es schon angefangen.