Etwas ist anders in diesem Sommer: Bislang gingen die Corona-Infektionszahlen mit steigenden Temperaturen und der Verlagerung des öffentlichen Lebens nach draußen in der wärmeren Jahreszeit immer deutlich zurück. Teils sank die Inzidenz sogar in den einstelligen Bereich.

Doch in diesem Jahr klettern die Infektionszahlen stattdessen immer weiter. Mehrere Landkreise in Baden-Württemberg weisen Inzidenzen über 1000 auf, der Durchschnitt liegt bei 735,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche (Stand: 26. Juli) – Tendenz steigend. Wie wirkt sich das auf die Patienten in den Krankenhäusern aus, wo aktuell 159 Covid-Patienten auf der Intensivstation liegen (Vorwoche: 131)?

Zahl der Patienten ist überschaubar

Ein Blick in die Region ergibt kein eindeutiges Bild. Im Gesundheitsverbund Konstanz (GLKN) sind derzeit drei Patienten mit Covid auf der Intensivstation, auf der Normalstation sind es 25. Stefan Bushuven, Chefarzt des Instituts für Infektionsprävention am GLKN, spricht dennoch von „einer hohen Zahl von Covid-Patienten auf den Allgemeinstationen“, hinzu kämen Personalausfälle – auch „wenn die Omikron-Varianten im Vergleich zu Delta etwas milder sind“.

Stefan Bushuven, Leitender Oberarzt und Krankenhaus-Hygieniker beim Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz.
Stefan Bushuven, Leitender Oberarzt und Krankenhaus-Hygieniker beim Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz. | Bild: GLKN

Im Klinikum Friedrichshafen sind derzeit 20 Patienten mit Covid auf der Isolierstation und zwei auf der Intensivstation, in Tettnang sind zwei Patienten auf der Isolierstation, wie Sprecherin Susann Ganzert auf Anfrage mitteilt. Bei der Mehrzahl der Patienten handle es sich bei Covid aber um eine Nebendiagnose, ergänzt sie. Die Patienten sind also primär wegen einer anderen Krankheit in stationärer Behandlung.

Im Schwarzwald-Baar-Klinikum (SBK) sind vier Patienten auf der Intensivstationen, 80 müssen auf der Isolierstation behandelt werden. Simon Steiff ist Medizinischer Direktor am SBK. Er bestätigt: „Die Verläufe der derzeitigen Variante des Virus sind nicht so Krankenhaus-kritisch wie die der vorherigen. Das kann sich aber mit der nächsten Variante auch wieder ändern“, mahnt er.

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Im Klinikum Tuttlingen werden derzeit 16 Patienten mit Covid behandelt – auf der Intensivstation gibt es aktuell keine Covid-Patienten. Dagegen konnte im Klinikum Waldshut die Anfrage wegen Krankheitsausfällen nicht beantwortet werden.

Weniger schwere Verläufe

Der Freiburger Virologe Hartmut Hengel sieht die Situation differenziert: Zwar sei die aktuelle Virus-Variante weniger virulent, also krankmachend, als die Varianten aus den Jahren 2020 und 2021. Wichtig sei aber auch, dass inzwischen viele Menschen geimpft seien und oder durch Infektionen zusätzlich immunisiert wurden.

Hartmut Hengel ist ärztlicher Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Freiburg.
Hartmut Hengel ist ärztlicher Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Freiburg. | Bild: Britt Schilling/Uni Freiburg

Allerdings, ergänzt Hengel, „ist es tatsächlich so, dass sowohl die Hospitalisierung von Covid-19-Patienten wie auch die Zahl belegter Intensivbetten mit Covid-19-Patienten langsam, aber beständig ansteigt“. Die aktuelle Entwicklung sei noch nicht besorgniserregend“, aber „doch ungünstig“.

Gerade ältere Menschen gelten als gefährdet: Bei ihnen baut sich der Impfschutz auch schneller ab.
Gerade ältere Menschen gelten als gefährdet: Bei ihnen baut sich der Impfschutz auch schneller ab. | Bild: Sina Schuldt/dpa

Hinzu kommt: Seit Anfang Juli sind die sogenannten Bürgertests nicht mehr kostenlos. Deshalb sei schwer zu sagen, ob die aktuelle Sommerwelle ihren Höhepunkt bereits erreicht habe, erklärt Hengel. Er geht aber von einer „erheblichen Untererfassung“ aus.

Mit einer Überlastung der Krankenhäuser rechnet der Experte aktuell zwar nicht. „Was aber zu einem Problem werden könnte, ist der Anstieg der erkrankten oder in Quarantäne befindlichen Mitarbeiter in Krankenhäusern“, ergänzt Hengel.