Theo Schenkel ist 27 Jahre alt, trans und möchte im nächsten Jahr seine Freundin heiraten. Wo ist das Problem? Der größte Teil der Gesellschaft hat keines damit, bei seinem künftigen Arbeitgeber aber sieht das anders aus.

Theo Schenkel, der in Waldshut sein Referendariat absolviert, ist angehender Lehrer für Religion. Dafür benötigt er den kirchlichen Segen – und ob er den bekommen würde, stand aufgrund seiner sexuellen Identität, aber auch wegen der anstehenden – aus Sicht der Kirche – gleichgeschlechtlichen Heirat infrage. Seit Mittwoch ist klar: Theo Schenkel darf Religionslehrer werden.

Nicht die „Missio“, aber eine unbefristete Erlaubnis

Das Erzbistum Freiburg gewährt ihm zwar nicht die sonst übliche „Missio canonica“, aber immerhin eine unbefristete Unterrichtserlaubnis. Damit wird ein möglicher Verstoß gegen Kirchenrecht vermieden, das für seine Angestellten sogenannte Loyalitätsobliegenheiten vorsieht – also zum Beispiel die Übereinstimmung der persönlichen Lebensverhältnisse mit den kirchlichen Sexualvorstellungen erwartet.

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Die strengen Vorschriften des katholischen Kirchenrechts, die tief in das Privatleben der Mitarbeiter eingreifen, sind nicht nur für Theo Schenkel ein Problem. Eine vielbeachtete ARD-Dokumentation machte das im Januar deutlich: Der Film ließ schwule, lesbische und transidente Pfarrer, Erzieher und andere kirchliche Mitarbeiter zu Wort kommen, die aufgrund des katholischen Kirchenrechts Gefahr laufen, gekündigt zu werden. „Out in Church“ heißt die dahinterstehende Initiative, der sich auch Theo Schenkel anschloss. Ein mutiger Schritt für den angehenden Lehrer.

„Es fühlt sich immer noch verletzend an.“
Theo Schenkel

Nun hat sich sein Mut ausgezahlt – oder? „Ja und nein“, sagt der 27-Jährige beim Telefonat mit dem SÜDKURIER. Für ihn sei die Entscheidung „cool“, die Unsicherheit, womöglich seine beruflichen Träume beerdigen zu müssen, weg. Was ihn dennoch stört, ist, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Für Menschen in einer ähnlichen Situation ändert sich dadurch nichts – und dafür hatte sich Schenkel mit seinem Engagement für „Out in Church“ schließlich eingesetzt.

Theo Schenkel wohnt in der Schweiz und arbeitet an einer Schule in Waldshut. Der 27-Jährige hatte sein Coming-out als Transmann in einer ...
Theo Schenkel wohnt in der Schweiz und arbeitet an einer Schule in Waldshut. Der 27-Jährige hatte sein Coming-out als Transmann in einer ARD-Dokumentation. | Bild: Theo Schenkel

„Da hätte ich mir mehr gewünscht“, sagt der Waldshuter. „Es fühlt sich immer noch verletzend an.“ Schenkel erkennt aber auch an, dass diese Entscheidung die Bistumsleitung „einiges an Mut“ gekostet habe.

Warum sich das Bistum dafür entschieden hat

Das Bistum begründet das Gewähren der Unterrichtserlaubnis in einer Stellungnahme folgendermaßen: „Herr Schenkel hat trotz oder gerade wegen seiner persönlichen Situation eine tiefe Identifikation mit der katholischen Kirche und einen persönlichen Zugang zum Glauben gezeigt. Die Erzdiözese Freiburg ist überzeugt, dass Herr Schenkel ein auch persönlich überzeugender, authentischer Religionslehrer sein wird.“

Mal hören, was der Bischof sagt

Gewährt wurde die Unterrichtserlaubnis in diesem Fall vom Generalvikar, die Missio dagegen erteilt normalerweise der Bischof. Stephan Burger hat Schenkel bislang nicht persönlich gesprochen, aber am Donnerstag steht ein Gespräch an. Was Schenkel ihm sagen wird? „Ich weiß es noch nicht“, sagt Schenkel. Er werde erst mal zuhören, was Burgers Gedanken zum Thema sind.

Stephan Burger, Erzbischof von Freiburg, bei einer Pressekonferenz.
Stephan Burger, Erzbischof von Freiburg, bei einer Pressekonferenz. | Bild: Patrick Seeger, dpa

Möglicherweise zahlt sich der Einsatz von „Out in Church“ doch noch aus und Schenkels Missio light ist nur von vorübergehender Natur. Derzeit tagt eine Arbeitsgruppe von Bischöfen, die – auch wegen des Drucks durch „Out in Church“ – über das kirchliche Arbeitsrecht beraten. Möglich, dass die Kirche den Druck auf ihre Mitarbeiter in Sachen Sexualmoral entschärft. Die Synodalversammlung – bestehend aus Laien und Bischöfen – hatte sich im Februar jedenfalls für Reformen ausgesprochen.

Schenkel hofft darauf, dass die katholische Kirche queere gläubige Menschen wie ihn irgendwann voll anerkennt – nicht nur um seiner selbst willen.