Wenn jeder zweite Bürger keine Idee davon hat, welche Partei uns in eine bessere Zukunft führen kann, dann ist das besorgniserregend. Und sagt viel darüber aus, wie die derzeitige politische Arbeit der gewählten Volksvertreter in Stuttgart bewertet wird: nämlich bescheiden.

Die grün-schwarze Landesregierung steht nach rund der Hälfte ihrer zweiten Regierungszeit nicht gut da. Nur jeder vierte Einwohner ist mit ihrer Arbeit zufrieden, das ergibt eine neue Umfrage der baden-württembergischen Tageszeitungen.

Das liegt vor allem daran, dass es aus Sicht der Wähler bei den wichtigsten Themen kaum oder nur schleppend vorangeht: beim Klima- und Umweltschutz, bei der Digitalisierung, beim Abbau von Schulden und dem Zurückstutzen von Bürokratie. Im Wahlkampf hatten die Menschen viele Versprechen gehört, von Ergebnissen spüren sie aber zu wenig. Dass sich das in den kommenden zweieinhalb Jahren noch einmal grundlegend ändern könnte, daran glauben nur wenige, und das ist ein Problem.

AfD-Wahl aus Verzweiflung

Es ist deshalb ein Problem, weil es denjenigen, die vermeintlich einfache Antworten haben, den Boden bereitet: den Populisten der AfD zum Beispiel. Nach der vorliegenden Umfrage können sich auch in Baden-Württemberg rund 25 Prozent der Menschen vorstellen, diese Partei zu wählen – ungeachtet der fortschreitenden Radikalisierung und ungeachtet der zynischen Rhetorik einiger AfD-Abgeordneter.

Manch ein Wähler, der mit einem Kreuz bei der in Teilen vom Verfassungsschutz beobachteten Partei liebäugelt, macht das nicht aus Überzeugung – sondern aus Verzweiflung.

Deshalb gehört zum Gesamtbild auch die desaströse Verfassung der Ampel-Koalition in Berlin. Der Bundesregierung wird ebenso wie der Regierung in Stuttgart in einigen Politikfeldern die Lösungskompetenz abgesprochen, wie frühere Umfragen zeigen.

Es gibt vor allem Rätselraten darüber, wie die Energiewende, der Umweltschutz und eine starke Wirtschaftsentwicklung zusammengehen sollen. Was fehlt, sind Konzepte, die die Bürger überzeugen und Vertrauen in Politik wiederherstellen. Die politischen Entscheidungsträger müssen mehr liefern und weniger taktieren. Nur vom Reden löst sich nichts.