Weichenstellung bei der Finanzierung des Ausbaus der Bodenseegürtelbahn: Wie das Landesverkehrsministerium in einer Pressemitteilung erklärt, wird das Land, „die Hälfte der Kosten des Ausbaus und die vollständigen Kosten der Elektrifizierung“ übernehmen, soweit sie nicht durch die Bundesmittel abgedeckt werden. Im Fall der Bodenseegürtelbahn sind das geschätzte 135 Millionen Euro. Der Anteil der Kommunen an den Gesamtkosten von fast 650 Millionen Euro senkt sich dadurch um fast die Hälfte. Statt bislang 140 Millionen Euro entfallen auf die Kommunen nur noch 80 Millionen Euro. Der Bund finanziert voraussichtlich 435 Millionen Euro.
Verbesserte Starthilfe
Zudem übernimmt das Land die Planungskosten bis einschließlich zur Entwurfs- und Genehmigungsplanung als Vorfinanzierung zur Hälfte, heißt es weiter in der Mitteilung. Dass die Landesregierung nun vollständig für die Elektrifizierung aufkommt und die Hälfte der Planungs- und Ausbaukosten übernimmt, ist dem Doppelhaushalt 2025/26 zu verdanken, sagt Benjamin Hechler, Pressesprecher des Verkehrsministeriums, auf Anfrage.

„Vor der Neuregelung hätte das Land lediglich 25 Prozent der Planungskosten der Leistungsphasen 1 und 2 sowie eine Kofinanzierung in Höhe von 57,5 Prozent der nicht vom Bund geförderten, zuwendungsfähigen Kostenanteile im Gesamtprojekt übernommen“, schreibt Hechler. Das Land selbst spricht von den neuen Mitteln von „erheblich verbesserter Starthilfe“.
Keine schnellere Umsetzung
Wolfgang Heine, Geschäftsführer des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn und des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben stimmt dem zu: „Das Land hat dankenswerterweise erkannt, dass es den Kommunen bei Projekten, die unter das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz fallen, die also von Bund, Land und Kommunen gemeinsam getragen werden, entgegenkommen muss.“ Nun entfällt tatsächlich ein deutlich geringerer Anteil als beim bisherigen Verteilungsschlüssel auf die Kommunen.

Schnellere Umsetzung von Elektrifizierung und Ausbau sind deshalb allerdings nicht zu erwarten: „Es geht nicht um Schnelligkeit, es geht darum, das Projekt sicherzumachen“, kommentiert Wolfgang Heine. Da die Kosten für die Kommunen nun 60 Millionen Euro geringer ausfallen, sei man nun in einer Größenordnung, wo die Landräte es sich zutrauen, das Projekt nochmals vorzubringen“, sagt der Geschäftsführer des Interessenverbands Bodenseegürtelbahn.
Ausbau oder Elektrifizierung?
In einer gemeinsamen Erklärung sprechen die Landräte Luca Prayon und Zeno Danner davon, dass sich eine „tragfähige und gerechte Lösung bei der Verteilung der immensen Kosten abzeichnet.“ 12,5 Millionen der 80 Millionen sind laut Verkehrsministerium bereits bezahlt. Zukünftig sei es zweitrangig, welche Kostenpunkte unter Planung und welche unter Ausbau fallen, sagt Heine. Vielmehr müsse differenziert werden, fällt eine Maßnahme unter Elektrifizierung oder unter Ausbau der Strecke.
Der Bodenseekreis trägt 60 Prozent des Anteils, der Landkreis Konstanz die übrigen 40 Prozent. Idealerweise geben beide Kreistage möglichst vor der Sommerpause grünes Licht und stimmen dem Finanzierungsvertrag für die beiden anstehenden Leistungsphasen 3 und 4 zu, damit die Planung nahtlos fortgeführt werden kann, hofft Heine. Er sieht wegen des Koalitionsvertrags der neuen Bundesregierung sogar Chancen auf weitere Förderungen. Dort heißt es: „Die GVFG-Mittel (“GVFG“ steht für Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, Anm. d. Red.) werden wir schrittweise deutlich aufstocken und den Fördersatz erhöhen.“ Ist die Bodenseegürtelbahn dann bereits in Planungsphasen drei oder vier ist laut Heine von Vorteil, da man von einem weit fortgeschrittenen Projekt sprechen könne.
Das Dieselloch könnte Realität werden
Was den Zeitplan angeht, schreibt das Verkehrsministerium: „Die Genehmigungsplanung (Leistungsphasen 3 und 4) startet bei entsprechenden Gremienbeschlüssen noch 2025 und soll bis Ende des Jahrzehnts abgeschlossen sein.“ Bau und Ausführungsplanung (Leistungsphasen 5–8) folgten in den frühen 2030er-Jahren.
Jean-Christophe Thieke, Geschäftsführer des ÖV Bodenseeraum, sagt dazu: „Die Planung muss jetzt zügig weitergehen, damit das Know-how erhalten bleibt.“ Ihm geht es darum, dass die Menschen, die bisher das Projekt vonseiten der DB Infra-Go betreut haben, es weiter begleiten können und nicht wegen Beratung und Planungsstopps an andere Baustellen versetzt werden.
Thieke zufolge könnte es jedoch zu anderen Verzögerungen kommen: „Ab Ende 2027 soll die Strecke Basel-Radolfzell vollständig elektrisch befahrbar sein“, sagt er. Das bedeute aber auch, dass man auf der Verbindung Basel-Friedrichshafen in Radolfzell umsteigen muss, weil ab dort weiterhin Dieselzüge verkehren. „Erst mit Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn kann wieder eine durchgehende Verbindung hergestellt werden“, so Thieke.
Neben der Bodenseegürtelbahn profitiert auch die Brenzbahn zwischen Ulm und Aalen von den neuen Finanzierungskonditionen. Die Gesamtkosten beider Vorhaben belaufen sich auf mehr als 1,2 Milliarden Euro.