Carola Dambach aus Friedrichshafen hat einen großen Traum. Ihr Rucksack, in dem ein mobiles Büro steckt, soll irgendwann zu einem echten Kultprodukt werden. „Vergleichbar mit den Freitag-Taschen“, sagt die Erfinderin von Carosmart, und erklärt: „Die beiden Brüder hatten in den 90er-Jahren eine coole Idee. Weil sie auf der Suche nach einer robusten Tasche nicht fündig wurden, haben sie diese aus ausgedienten Lkw-Planen selbst hergestellt. Heute kennt die Taschen jeder.“

Ähnlich sei es ihr bei der Entwicklung ihres Business-Rucksacks mit integrierter Sitz- und Arbeitsfläche gegangen. Sie habe ein passendes Produkt gesucht, aber nichts gefunden, erinnert sich die Gründerin. „Also habe ich mich selbst drangemacht.“ 2018 war ihr die Idee bei einer Fahrt durchs Höllental gekommen. Sie versuchte im Bus zu arbeiten, aber auf der kurvenreichen Strecke flogen Stifte, Handys und Kaffeebecher umher. „Mit einem riesigen Scheppern wurde alles runtergefegt“, erzählt die Grafikdesignerin.

Auch ein Hocker sollte reinpassen

Das muss doch anders funktionieren, dachte sie sich und entwickelte einen Rucksack, der viel Stauraum bietet und einen mobilen Arbeitsplatz integriert. „Ich war damals als Marketing-Managerin beruflich auch bei vielen Fotoshootings, da musste man oft warten und saß ständig irgendwo auf dem Boden. Daher war für mich klar, dass der Rucksack auch einen leichten und dennoch stabilen Klapphocker enthalten soll. Damit kann man auch an Bahnhöfen, Flughäfen oder auf Messen arbeiten.“

Auch am Bahnsteig lässt es sich so arbeiten.
Auch am Bahnsteig lässt es sich so arbeiten. | Bild: MartinWojenek

Als Mitarbeiterin eines Outdoor-Herstellers aus Obereisenbach nahm Dambach eines Abends ihren Mut zusammen, ging ins Büro von Vaude-Gründer Albrecht von Dewitz und präsentierte ihm ihre Idee. „Ich war total aufgeregt, als ich ihm eine erste Skizze angefertigt habe“, erinnert sie sich. Vom Prototypen bis zur Marktreife ging noch etwas Zeit ins Land. Sie habe getüftelt und weitere Features entwickelt. „Der kreative Prozess hat richtig Spaß gemacht“, sagt Carola Dambach.

„Der Hype am Anfang war groß“, sagt sie rückblickend, „wir haben direkt den Elevator Pitch gewonnen und uns über eine große Nachfrage gefreut.“ Dann kam Corona. „Ich war gerade bei einer Messe, um den Carosmart zu bewerben, da wurden immer mehr Leute abgezogen. Die Hallen waren regelrecht leergefegt“, so die Gründerin. „Da stand ich mit meinem tollen Produkt, aber keiner pendelte oder reiste mehr, ging ins Büro oder zur Uni.“ Und auf den großen Hype folgte die große Klatsche. Die Zielgruppe für einen Pendlerrucksack gab es vom einen auf den anderen Tag einfach nicht mehr. „Damit konnte ich mein Produkt erstmal in die Ecke werfen“, sagt Dambach.

Der Rucksack ist schwarz, lässt sich aber mit verschiedenen Patches aufmotzen.
Der Rucksack ist schwarz, lässt sich aber mit verschiedenen Patches aufmotzen. | Bild: Carola Dambach

Jetzt war Durchhalten angesagt. „Und es hat sich eine neue Gruppe aufgetan, die ich gar nicht im Fokus hatte – geschweige denn kannte.“ Sogenannte Urban Sketcher, Künstler, die Städte und Dörfer zeichnen, kamen mit Anfragen auf Carola Damach zu. „Sie wollen draußen sitzen und ihr Equipment dabei haben“, sagt die Selbstständige. Was als mobiler Arbeitsplatz gedacht war, funktionierte genauso als Zeichenunterlage, stellte sie fest. Zwar waren das keine großen Stückzahlen, aber „ich fand es total witzig, dass sich ein neuer Zweig ergeben hat“.

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Nach der Pandemie gingen die Verkaufszahlen nach oben. „Essen gehen, Urlaub, Shoppen, das war während Corona alles nicht möglich“, so Dambach. Die Konsumfreude zog nun wieder an. Mittlerweile haben sich die Zahlen eingependelt. Allerdings würden die Kunden inzwischen wieder mehr aufs Geld schauen, hat die Gründerin festgestellt. „Knapp 200 Euro für einen Rucksack wie unseren – das gibt man natürlich auch nicht mal schnell so aus“, sagt Carola Dambach. Insgesamt sei der Rucksack sicher noch ein Nischenprodukt, aber „es gibt ihn sonst wirklich nirgends“.

Und so funktioniert's Video: Fabiane Wieland

Bei der Vermarktung setzt sie vor allem auf den Onlinehandel, auch bei Messen sieht sie sich gut aufgehoben. Denn um die Vorzüge zu demonstrieren, führt sie das Produkt am liebsten direkt vor. „Das mache ich inzwischen in keinen zwei Minuten“, sagt sie schmunzelnd und legt direkt los. Zunächst wird der kleine Hocker ausgepackt, dann werden die Seiten ausgeklappt, wo Getränke oder Büromaterialien untergebracht werden können. „Ohne, dass ich den Rucksack auf dem Boden abstellen müsste“, erklärt die Gründerin. Weiter geht es mit der Steck-Arbeitsplatte, auf der man den Laptop platzieren oder sich Notizen machen kann.

Insgesamt könnte sie noch etwas mehr die Werbetrommel rühren, glaubt die Gründerin selbst. „Da bin ich noch etwas zu leise.“ Gerade bei Social Media wäre mehr möglich. Gründer brauchen Durchhaltevermögen und einen langen Atem. „Anfangs geht man mit richtig viel Power ran. Dann wird es auch mal anstrengend und man muss sich durchbeißen“, so Dambach. Da helfe es, wenn man eine Mentorin oder einen Mentor habe. Davon profitieren beide Seiten, glaubt sie.

Auch der Häfler Uferpark kann zum mobilen Arbeitsplatz werden.
Auch der Häfler Uferpark kann zum mobilen Arbeitsplatz werden. | Bild: Martin Wojenek

Die Ideen gehen ihr ohnehin nie aus. Sie habe immer Neues ausprobiert. „Vor 30 Jahren, damals bin ich ständig umgezogen, hatte sie die Idee für ein Steckregal, das an neue Räume angepasst werden kann. „Am besten eins, wo man die Module sogar noch als Umzugskisten nutzt“, erzählt sie. Damals war ich in einer Werbeagentur mit 14-Stunden-Tagen, hatte also gar keine Kapazität, mit so etwas auf den Markt zu gehen. „Später habe ich mich geärgert, dass ich es nicht umgesetzt habe. Als mir dann die Idee mit dem Rucksack kam, war mir klar, dass ich es dieses Mal machen muss.“

Das passende Equipment hat sie schon

Und noch einen Traum hat Carola Dambach – wenn auch eher privater Natur. „Schon als kleines Kind habe ich die Schnellzeichner auf Plätzen bewundert, die Passanten innerhalb weniger Minuten porträtieren. „Das möchte ich auch mal machen“, sagt sie schmunzelnd und hebt hervor: „Den passenden Rucksack dafür habe ich ja schon.“