Die Stadt Friedrichshafen kann sich den Betrieb des Medizin Campus Bodensee (MCB) allein nicht mehr leisten. In der Ratssitzung am Montag richteten Verwaltung und Gemeinderat den eindringlichen Appell an die Adresse des Landkreises, in Gespräche einzutreten, um die klinische Versorgung der Bevölkerung im Bodenseekreis abzusichern. Wie kommt das beim Kreistag an? Wir haben die Fraktionen um ein Statement gebeten.
CDU: Keinerlei Einblick
„Zur konkreten Situation am Medizin Campus Bodensee können wir aktuell gar keine Stellungnahme geben, weil der Kreistag bislang hierzu keinerlei Einblick hatte und hat“, sagt CDU-Fraktionschef Georg Riedmann. Aber seine Fraktion sei bereit, die regionale Vernetzung zu diskutieren und zu bewerten. Gespräche darüber, wie eine gute strategische Ausrichtung der Krankenhauslandschaft aussieht, gehören für ihn zur Verantwortung aller beteiligten politischen Ebenen.

Allerdings verfolge die CDU die Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem und besonders in der Krankenhauslandschaft mit großer Sorge. Auf dieser Ebene müssten zunächst die Hausaufgaben gemacht werden, um Strukturen so weiterzuentwickeln, dass eine regionale Krankenhausversorgung auf einem hohen Niveau funktioniert.
Freie Wähler: Kein Statement möglich
„Die Fraktionen des Kreistags waren in dem Prozess rund um den Medizin Campus Bodensee bislang nur Zaungast“, sagt Hendrik Wengert, Fraktionschef der Freien Wähler. Über viele Überlegungen und Erkenntnisse sei man nicht im Bilde, zum Beispiel über das bereits verabschiedete Sanierungskonzept. Das Thema war auch noch nie im Kreistag. Insofern sei die Informationslage unvollständig, was eine Bewertung der Situation und der möglichen Optionen erschwere. „Deshalb ist es mir nicht möglich, ein adäquates Statement abzugeben“, so Wengert.

Da es aber um die Gesundheitsversorgung im Bodenseekreis geht, werde sich seine Fraktion einer Diskussion keinesfalls verschließen. Der Kreistag müsse bei der künftigen Ausrichtung der Gesundheitsversorgung den Blick sicherlich auch auf die gesamte Region richten.
Grüne: Erhalt der Kliniken wichtig
Für die Grünen sei der Erhalt notwendiger Kliniken grundsätzlich wichtig, sagt Fraktionschefin Silvia Queri. Aktuell finde aber bereits eine öffentliche Diskussion vor der eigentlichen statt, in der alle Beteiligten an einem Tisch sitzen und über eine gute Lösung beraten.

Den Kreisräten sei im Moment nur bekannt, was sich in den Ratsunterlagen der Stadt Friedrichshafen finde und was die Presse berichtet hat. „Deshalb wäre aus unserer Sicht eine finale Positionierung auf dieser Datenbasis politisch nicht seriös“, so Queri. Die Grünen begrüßen es aber sehr, dass Landrat Luca Prayon bereits in engem und gutem Kontakt mit der Stadt stehe. Ihre Fraktion würde sich nun eine zeitnahe Einbindung auch Kreistagsmitglieder wünschen. Und zwar möglichst vor der Haushaltsdebatte, „damit wir alle notwendigen Informationen erhalten, um konkrete Möglichkeiten der Unterstützung im Kreistag abstimmen zu können“.
SPD: Dialog sinnvoll und notwendig
„Die SPD-Fraktion hält es mehrheitlich für sinnvoll und notwendig, dass Stadt und Landkreis in einen Dialog über eine gesicherte Klinikstruktur im Kreis eintreten“, sagt Fraktionschef Dieter Stauber. Gespräche darüber, ob und inwieweit der Landkreis nun stärker unterstützen kann, seien genauso wichtig und richtig wie die Information des Kreistags. Aus Sicht von Stauber, der Bürgermeister in Friedrichshafen ist, soll sich aber auch das Land mit einbringen. Bisher habe die Stadt einen Großteil der Finanzierung beider kommunaler Kliniken in Friedrichshafen und Tettnang getragen. Viele Einwohner des Landkreises nehmen diese Kliniken wie die in Überlingen in Anspruch. Stauber verweist aber auch darauf, dass der Landkreis laut Krankenhausgesetz den Versorgungsauftrag hat, wenn andere Träger die Krankenhäuser nicht betreiben.

FDP: Kein einfaches „Ja“ möglich
„Die Lage am Medizin Campus Bodensee ist dramatisch“, stellt Klaus Hoher für die FDP-Fraktion fest. Dass die Stadt Friedrichshafen den Betrieb nicht mehr allein stemmen kann, sei verständlich. „Doch die Frage, ob der Bodenseekreis sich stärker beteiligen soll, ist nicht einfach mit einem ‚Ja‘ zu beantworten“, so Hoher. Es könne nicht sein, dass der Landkreis hier einspringt, ohne dass grundlegende Reformen umgesetzt werden.

„Bevor über eine finanzielle Beteiligung gesprochen wird, müssen Strukturen geschaffen werden, die den dauerhaften Erhalt der Kliniken sichern“, sagt der FDP-Fraktionschef. Einfach nur Geld nachzuschießen sei keine Lösung. Es könne nicht Aufgabe des Landkreises sein, immer neue finanzielle Löcher zu stopfen, ohne dass grundlegende Veränderungen vorgenommen werden, um den Betrieb langfristig zu sichern. „Wir fordern daher, dass vor jedem Gespräch über eine mögliche Beteiligung des Landkreises ein konkreter Sanierungsplan vorgelegt wird, der eine nachhaltige Lösung sicherstellt.“
Fuhrmann: Kreis soll sich nicht aus der Verantwortung ziehen
Philipp Fuhrmann (Netzwerk für Friedrichshafen) meint, dass sich der Bodenseekreis hier nicht länger aus der Verantwortung ziehen könne. „Er sollte sich zeitnah als Gesellschafter nachhaltig am MCB beteiligen.“ Letztlich biete der MCB eine sehr gute Gesundheitsversorgung für den gesamten Bodenseekreis an. Am Klinikum Tettnang ist der Bodenseekreis ja bereits beteiligt.

AfD: Keine Denkverbote
„Die AfD-Fraktion begrüßt, dass sich die kommunale Familie an einen Tisch setzt, um eines der wichtigsten aktuellen Themen zu besprechen“, teilt AfD-Fraktionschef Christoph Högel mit. Dies erscheine schon deshalb logisch, da der Bodenseekreis bereits zu 5,1 Prozent an der Klinik Tettnang GmbH beteiligt ist, die wiederum zum MCB gehört. Auch die AfD vertritt, dass zunächst alle Informationen auf den Tisch müssen, bevor über eine „wirtschaftlich tragfähige Lösung“ diskutiert werden kann. Dabei dürfe es keine Denkverbote geben. Weder über die Frage der Standorte, Angebote noch wer eine Klinik betreiben sollte.

Allerdings sei fraglich, wie ein externer Dienstleister 14 Millionen Euro Einsparpotentiale aufzeigt, die einem städtisch geführten Haus jahrelang nicht auffallen.
Anmerkung der Redaktion: Im ursprünglichen Text stand, dass die AfD-Fraktion kein Statement abgegeben hat. Das erklärt sich damit, dass wir um Stellungnahme bis Freitag gebeten hatten. Das Statement der AfD-Fraktion ging erst lange nach Redaktionsschluss ein, wir haben den Beitrag aber dahingehend ergänzt.