Schwarzwald-Baar Das Gesundheitshandwerk steht unter Druck: Fachkräftemangel, Bürokratie, Lohndruck und eine zunehmend ungerechte Konkurrenz durch Apotheken gefährdeten nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern auch die Existenz des Handwerks. Das sagt Markus Piro, Geschäftsführer des Orthopädie-Vital-Zentrums Piro, der dazu das Gespräch mit Derya Türk-Nachbaur, SPD-Bundestagsabgeordnete, suchte, berichtet das Büro der Abgeordneten.

„Die Probleme, mit denen wir kämpfen, sind existenziell. Unser Gesundheitssystem ist überlastet, und der Fokus liegt nicht auf Qualität, sondern auf günstigsten Versorgungsalternativen“, erklärte Piro. Besonders die Krankenkassen, so Piro, seien an günstigeren Versorgungen interessiert. „Die Qualität wird zur Nebensache, die Gefahr besteht, dass der Beruf des Orthopädietechnikers und Orthopädieschuhmachers zunehmend leidet und in Zukunft der Nachwuchs fehlt“, so Piro weiter.

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen sieht Piro ein weiteres großes Problem: Die mangelnde Unterstützung für die Ausbildung und Weiterbildung im Handwerk. „Die Meisterausbildung ist teuer und wird nur bedingt gefördert. Im Vergleich zu einem Studium gibt es wesentlich weniger finanzielle Unterstützung“, erklärte der Orthopädietechnikermeister. Diese Entwicklung mache das Handwerk langfristig weniger attraktiv. Besonders die Akademisierung des Berufs, wie sie in den USA bereits sichtbar ist, sieht Piro kritisch: „Dort haben die studierten Orthopädietechniker nur noch Kundenkontakt, aber die eigentliche Arbeit machen Leiharbeiter. Das kann nicht der Anspruch an ein Meisterhandwerk sein.“

Änderungen ab April 2024

Ein weiteres Problem, das die Branche massiv belaste, sei der zunehmende Wettbewerb durch Apotheken, die seit April 2024 ohne Präqualifizierung orthopädische Hilfsmittel anpassen dürften. „Das ist nicht nur wettbewerbsverzerrend, sondern gefährdet auch die individuelle Betreuung und Qualität der Versorgung“, warnt Piro. Orthopädische Hilfsmittel bedürften einer maßgeschneiderten Anpassung – eine Leistung, die Apotheken aus seiner Sicht nicht anbieten können. Doch auch der fehlende Zugang zur elektronischen Patientenakte stelle ein ungelöstes Problem dar. „Wenn wir keine Einblicke bekommen, müssen wir jedes Mal alle Informationen neu erfragen und manuell dokumentieren. Das ist nicht nur ineffizient, sondern verzögert auch die Behandlung“, kritisiert Piro.

Derya Türk-Nachbaur zeigte sich bei dem Gespräch besorgt über die schwierige Lage des Gesundheitshandwerks. „Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass wir die Bürokratie um mindestens 25 Prozent abbauen wollen. Die angesprochenen Probleme sind ein wichtiger Bestandteil dieses Ziels“, betonte die Abgeordnete. (pm/rob)