Der Zwist zwischen Daisendorfs Gemeinderat und Bürgermeisterin Jacqueline Alberti geht in eine neue Runde: Bei der jüngsten Ratssitzung am Dienstag sollte das Gremium darüber abstimmen, ob für 2295 Euro netto ein Mediator engagiert wird. Dieser soll es dem Gemeinderat in einem moderierten Feedback-Gesprächsprozess ermöglichen, der Bürgermeisterin „in geschützter und vertraulicher Atmosphäre konstruktive Rückmeldung“ zu geben. Dem stimmten – bei einer Enthaltung – auch alle Mitglieder des Gemeinderates zu. Denn „genau das wollen wir ja“, sagte einer von ihnen.

Warum am Dienstagabend dennoch die Wogen hochgingen, hatte einen anderen Grund: Im Vorfeld der Beschlussfassung hatte Jacqueline Alberti noch einmal pointiert die im offenen Brief des Gemeinderats erhobenen Vorwürfe gegen sie aufgelistet, etwa Passivität oder fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit, um dann anhand eines Zeitstrahls die Chronologie der Ereignisse aus ihrer Sicht darzustellen.

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Der Anstoß dabei: Der Zeitstrahl beginnt mit der Sitzung am 23. Januar, als der offene Brief verlesen wurde, und endet am 26. März, an dem die Bürgermeisterin noch immer auf eine Antwort des Gemeinderats zur Terminierung des Feedback-Gesprächs wartete, wie sie sagte – und noch einmal betonte, dass kaum einer Interesse an der von ihr ursprünglich vorgeschlagenen Mediation gehabt habe. Um dann öffentlich in die Runde der Gemeinderäte zu fragen, wer denn nun eigentlich die Zusammenarbeit verweigere.

Räte weisen Kritik entschieden zurück

Das war der Runde dann offenbar zu viel. „Dieses Bild ist unvollständig“, merkte Gemeinderat Heinrich Straub in gewohnt nüchterner Art an. Der Zeitstrahl müsse vielmehr im November beginnen. Damals hatte der Gemeinderat nach erfolglosen Einzelgesprächen einen Mediator beauftragt, Martin Brugger aus Konstanz. Er sollte der Bürgermeisterin die Probleme des Gemeinderats näherbringen und sie zu einem moderierten Dialog einladen. Vereinbart war, dass sich die Bürgermeisterin nach einer Bedenkzeit dem Moderator oder dem Gemeinderat gegenüber äußere. „Wir haben sieben Wochen gewartet“, sagte Christian Hack. „Doch es kam nichts.“ Erst danach sei im Gemeinderat der Entschluss zum offenen Brief gefallen, den acht der zehn Räte unterzeichneten. Es klingt aus heutiger Sicht fast wie eine Verzweiflungstat. Siegfried Willibald fand es denn auch „nicht in Ordnung, das jetzt herumzudrehen“. Er kritisierte das eigenmächtige Handeln der Bürgermeisterin – und „dass Sie uns nicht mitnehmen“.

Rätin verlässt kurz den Saal

Unterdessen beharrte Jacqueline Alberti darauf, dass der Moderator Probleme ihr gegenüber nicht adressiert habe. Sie hatte allerdings auch gleich im Januar klargemacht, dass sie den Moderator des Gemeinderats nicht akzeptieren werde. „Aber er kam ja nicht zu Ihnen, um den Strom abzulesen“, entgegnete Straub. „Dann müssen wir den Moderator eben hierherholen“, entfuhr es Markus Schramm. Doch vermutlich wird niemand etwas über den Inhalt dieses Gesprächs mit der Bürgermeisterin erfahren, der Moderator ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Zwischenzeitlich musste eine sichtlich aufgewühlte Monika Bernhard – die als Einzige aus der aktuellen Ratsrunde auch im neuen Gemeinderat die Fahne hochhalten möchte – den Saal verlassen.

Alberti: Kein Anspruch auf Umsetzung

Doch so wird es nun trotz allem zu einem Austausch unter Moderation eines Beraters kommen, den Jacqueline Alberti ausgewählt hat. Dazu soll zunächst ein Einzelgespräch mit der Bürgermeisterin und ein Gespräch mit dem Gemeinderat stattfinden, anschließend das gemeinsame Treffen. Doch bereits am Dienstagabend machte Alberti dem Gemeinderat klar: „Ein Anspruch auf Umsetzung besteht dabei nicht.“ Doch wozu dann das Verfahren? „Für uns bringt das nichts mehr“, sagte Gemeinderat Heinrich Straub gegenüber dem SÜDKURIER, „aber es soll dem neuen Gemeinderat einen besseren Start ermöglichen.“

Mediator schlägt begleiteten Start für neuen Rat vor

Martin Brugger, seit 40 Jahren als Mediator für zahlreiche Unternehmen aktiv, hielt auch einen begleiteten Kommunikationsprozess zum Start des neuen Gemeinderats für hilfreich – „um von Anfang an auf ein gutes Miteinander und ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten“. Beziehungen zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen seien nicht immer leicht, weiß Brugger aus Erfahrung: „Ehrenamtliche müssen gepflegt werden.“ Zum konkreten Fall will Brugger nichts sagen. Nur so viel: „Die Wahrheit gibt es nicht. Sie wird konstruiert aus einzelnen Wirklichkeiten, die jeder unterschiedlich wahrnimmt.“

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Unterdessen hatte sich in der Gemeinderatssitzung ein Zuhörer zu Wort gemeldet. In seiner früheren Heimatgemeinde habe es auch schon mal geknirscht, sagte der ältere Herr. Doch da habe sich dann der Bürgermeister mit neutralen, engagierten Bürgern zum Austausch getroffen, um sich ein Bild zu machen und Lösungen zu suchen. „Wir leben hier ja nicht in einer Großstadt, sondern in einem Dorf“, sagte der regelmäßige Sitzungsgast anschließend dem SÜDKURIER. „Da kommt man einfach nicht drumherum, miteinander zu reden.“