„Hiermit lege ich mein Amt als erster stellvertretender Bürgermeister mit sofortiger Wirkung nieder“: Das hat der langjährige Gemeinderat Siegfried Willibald Daisendorfs Bürgermeisterin Jacqueline Alberti am 15. Februar geschrieben. Damit ist Willibald bereits der zweite erste Stellvertreter, der innerhalb eines Jahres das Amt vorzeitig niederlegt. Bereits im März 2023 war Thomas Ritsche von diesem Ehrenamt zurückgetreten – bevor er im November schließlich auch als Gemeinderat vorzeitig aus dem Amt ausschied.

Doch anders als Ritsche, der eine hohe berufliche Belastung als Grund für seinen Rückzug genannt hatte, legte Siegfried Willibald der Bürgermeisterin seine wahren Beweggründe dar. Für ihn sei „jegliches Vertrauen verloren gegangen“, schrieb er und führte Beispiele an für Sachverhalte, die „nicht so weitergegeben“ worden seien, wie sie sich „tatsächlich ereignet“ hätten.

Bürgermeisterin schaltet Kommunalamt ein

Doch anders als im Fall Ritsche schaltete Bürgermeisterin Jacqueline Alberti nun das Kommunal- und Prüfungsamt in Friedrichshafen ein. Es seien noch Fragen zu klären, begründete Alberti. Dies wurde bei der jüngsten Gemeinderatssitzung öffentlich, als Willibald das Thema, das Alberti eigentlich nicht öffentlich im Gremium behandeln wollte, selbst ansprach.

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Sobald die rechtliche Prüfung abgeschlossen sei, werde „dieser Sachverhalt selbstverständlich öffentlich beraten und die notwendigen Beschlüsse als Vorschlag dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt“, sagt Alberti dazu dem SÜDKURIER.

Gemeindeordnung regelt Rückzug des Stellvertreters nicht

Die rechtliche Einschätzung des Kommunalamtes liegt nun vor. Da sich in Paragraf 48 der baden-württembergischen Gemeindeordnung (GemO) zwar Regelungen zur Bestellung des stellvertretenden Bürgermeisters finden, aber nicht zur Aufgabe dieses Amtes, zieht das Kommunalamt eine Kommentierung der Juristen Kunze, Bronner und Katz zur Gemeindeordnung zu Hilfe. Da die zusätzliche Belastung aus dieser Funktion für einen Gemeinderat unzumutbar sein könne, bestehe die Möglichkeit, einen wichtigen Grund nach Paragraf 16 der Gemeindeordnung geltend zu machen, ohne dass sich diese Ablehnung zugleich auch auf das Amt als Gemeinderat beziehen müsse, heißt es aus Friedrichshafen.

Rat hat über Begründung zu entscheiden

Wörtlich schreibt das Kommunalamt: „Nach Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht ist diese Regelung auch für den Fall anzuwenden, dass eine Unzumutbarkeit für die Übernahme der Funktion des Stellvertreters nicht gleich zu Beginn, sondern erst im Laufe der Legislaturperiode auftritt. Aber auch in diesem Fall müsste ein wichtiger Grund geltend gemacht werden. Ob dies vorliegt, entscheidet nach §16 Abs. 2 GemO der Gemeinderat als Gremium.“

Vertrauensbruch ein „wichtiger Grund“?

Übersetzt heißt das: Bei der kommenden Sitzung am 19. März muss der Gemeinderat entscheiden, ob aus seiner Sicht ein wichtiger Grund für Willibalds Rücktritt vorliegt. Wobei der Vertrauensbruch, den Siegfried Willibald in seiner Begründung anführt, in der Gemeindeordnung nicht als „wichtiger Grund“ angeführt wird. Explizit als Gründe genannt sind dort jedoch eine Gemeinderats- oder sonstige ehrenamtliche Tätigkeit von mehr als zehn Jahren – Willibald ist seit 23 Jahren Gemeinderat –, sowie das Erreichen eines bestimmten Lebensalters. Dieses wurde zwar im vergangenen Jahr von 62 auf 67 Jahre angehoben, doch Willibald wird dieses Jahr bereits 70.

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Zwei Stellvertreter hat Alberti noch

Einen Stellvertreter-Engpass für die Bürgermeisterin gibt es in Daisendorf unterdessen nicht. Als weitere Bürgermeister-Stellvertreter fungieren derzeit Christian Hack und Birgit Schley. Wobei sich nach Willibalds Rückzug dann einer von beiden zum ersten Stellvertreter wählen lassen müsste.