Bis 1972 die Gemeindereform für Umwälzungen gesorgt hat, gab es im Deggenhausertal sechs selbstständige Gemeinden. Sie hatten je ein eigenes Rathaus, eine Verwaltung, einen Bürgermeister und viele weitere eigenständige Einrichtungen. Und natürlich auch ihre Freiwillige Feuerwehr – wobei die Feuerwehr Roggenbeuren zu Wittenhofen gehörte. Aus den Orten Deggenhausen, Homberg, Wittenhofen, Untersiggingen, Roggenbeuren und Urnau entstand dann die Flächengemeinde Deggenhausertal.
Zusammenlegung der Feuerwehr eine Vorgabe der Gemeindereform
Seinerzeit war Alfons Schmidmeister Bürgermeister von Wittenhofen, der zunächst als Amtsverweser der neuen Gesamtgemeinde eingesetzt und später zum ersten Bürgermeister von Deggenhausertal gewählt wurde. Eine von zahlreichen Vorgaben der Reform war, die Feuerwehren zusammenzulegen. So fand am 20. Oktober 1972 die erste Generalversammlung statt, bei der Edwin Schiller zum Kommandanten gewählt wurde, der zuvor Kommandant der Wehr in Untersiggingen gewesen war. Zum 40-jährigen Bestehen der Gesamtwehr erinnert sich Schiller: „Mir war gleich klar, was da für eine Aufgabe vor uns lag.“

Schlechte Ausrüstung in allen Feuerwehrabteilungen
Das erste Problem sei die schlechte Ausrüstung gewesen, die sich durch alle Feuerwehrabteilungen gezogen habe. Es galt, 158 Feuerwehrleute aus allen ehemals eigenständigen Wehren zu einer einheitlichen Gesamtwehr hinzuführen. „Der Abteilungsgedanke war anfangs noch sehr in den Köpfen der Feuerwehrleute verhaftet“, sagt Schiller.
ab 1973 jährlich eine Gesamtübung
Die bisherigen Kommandanten der einzelnen Orte wurden zu Abteilungskommandanten. Ab 1973 fand einmal jährlich eine Gesamtübung in Wittenhofen statt – darüber hinaus lief alles weiter wie zuvor. Einen deutlichen Schritt nach vorn machte die Feuerwehr 1977 mit der Anschaffung des Löschfahrzeugs LF 16, das sehr teuer für die Gemeinde war.
Landrat Martin Herzog warb für teures neues Löschfahrzeug
Deshalb war der damalige Landrat Martin Herzog ins Tal gekommen, um den sparsamen Gemeinderat von der Wichtigkeit der Anschaffung zu überzeugen. Das moderne Fahrzeug hatte eine sehr gute Ausstattung, erstmals auch Atemschutzgeräten sowie Schere und Spreizer an Bord. Am 13. Juli 1978 rückte die Gesamtwehr mit dem neuen Fahrzeug zum ersten Großbrand auf dem Auenhof bei Untersiggingen aus. Das Interesse der Feuerwehrleute an Fortbildungen war nun groß. Es brauchte Maschinisten und weitere Spezialisten.

Neues Feuerwehrhaus an zentralem Standort
Bis 1985 fuhr noch jede Abteilung mit dem eigenen Fahrzeug zum Einsatzort. Nachdem mit staatlichen Zuschüssen ein weiteres Fahrzeug angeschafft worden war, kam die Frage nach einem Feuerwehrhaus an einem zentralen Standort auf. Drei Standorte wurden heftig diskutiert: in Untersiggingen beim Gewerbegebiet, in Wittenhofen Richtung Azenweiler und in Wittenhofen bei der Schule. „Mit einer Stimme Mehrheit wurde der Bau eines zentralen Feuerwehrgerätehauses an seinem heutigen Standort bei der Schule entschieden“, erinnert sich der damalige Bürgermeister Knut Simon.
Platz für Gemeinderatssitzungen und Empfänge
Da das alte Rathaus in unmittelbarer Nähe war, bot es sich an, einen großen Raum im Gebäude für Gemeinderatssitzungen und Empfänge vorzusehen. Im Rahmen eines Kreisfeuerwehrtags mit Übungen und einem Fest wurde das Feuerwehrhaus im September 1984 feierlich eingeweiht. Damit setzte sich die Zentralisierung der Wehr fort.
2007 wurden die Abteilungen aufgelöst
Entsprechend des Feuerwehrbedarfsplans wurden 2007 die Abteilungen in den Teilorten aufgelöst. Um Tradition und Kameradschaft zu pflegen, gründeten sich in den Teilorten Kameradschaften, wobei zu den einzelnen Festen jeweils auch die Kameraden der anderen ehemaligen Wehren kommen.

Ernst Mecking erinnert sich
Von 1996 bis ins Jahr 2014 war Ernst Mecking Kommandant der Gesamtwehr Deggenhausertal. Heute ist er Sprecher der Alterswehr. 1968 war Mecking in die Feuerwehr Urnau eingetreten. „Damals war es so, dass bei einem Brand im Dorf die Glocken geläutet wurden, später gab es dann Sirenen. Urnau war überwiegend landwirtschaftlich geprägt und die Menschen waren auf dem Feld oder zuhause. Wenn es gebrannt hat, sind sowieso alle zum Einsatzort gerannt, um zu helfen. Deshalb bin ich in die Feuerwehr eingetreten“, erklärt Mecking.
Löschanhänger wurden mit Traktoren zum Brandherd geschleppt
Wenn ein Gebäude im Vollbrand stand, galt es seinerzeit ohnehin in erster Linie, gegebenenfalls Menschen zu retten und die Nachbargebäude zu schützen. Die einzelnen Dörfer hatten nur Löschanhänger, die mit dem Traktor zum Brandort geschleppt wurden. Man habe seinerzeit die Wehrleute schon teils ausgebildet und sich gelegentlich zu Übungen getroffen. Von besonderem Interesse war für Mecking die Technik. „Als nach dem Zusammenschluss der Wehr 1972 das erste große Löschfahrzeug angeschafft wurde, hat mich Kommandant Schiller gefragt, ob ich nicht eine Ausbildung zum Maschinisten machen will“, sagt Mecking. So wurde er auch Fahrer des Fahrzeugs.
Brandbekämpfung macht heute nicht mehr die meisten Einsätze aus
Die Feuerwehr heute könne man nicht mehr mit früher vergleichen. Das sei eine hochtechnologische Einrichtung und jeder Bereich habe seine Spezialisten. Wobei heute die meisten Einsätze nicht der Brandbekämpfung dienen, sondern der technischen Hilfeleistung bei Unfällen, Unwettern und Brandmelder-Alarmen.

1998 kamen die ersten Frauen in die Feuerwehr
Als wichtige Daten für die Feuerwehr nennt Mecking die Gründung der Jugendfeuerwehr 1989, die Abschaffung der Feuerwehrabgabe nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sowie der Eintritt der ersten Frauen 1998, Sabine Stehle und Judith Mecking. Die Feuerwehr Deggenhausertal hat heute 142 Mitglieder, 85 aktive, 40 in der Alterswehr und 17 in der Jugendfeuerwehr. Kommandant ist Karl-Heinz Bentele und Stellvertreter sind Josef Schmidmeister und Claudius Mecking.
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