Drei Prozesstage, zehn Zeugen, ein Sachverständiger und zwei Dolmetscher waren für das Berufungsverfahren am Landgericht Ravensburg vorgesehen. Doch es kam anders, nach etwas über einer Stunde war der Prozess am Montag bereits beendet. Ein 30 Jahre alter Mann zog nach den Ausführungen des Richters und Rücksprache mit seinem Verteidiger seine Berufung zurück, auch die Staatsanwaltschaft nahm ihren Einspruch gegen das Urteil daraufhin zurück.

Darüber wurde verhandelt

Im Frühjahr hatte das Amtsgericht Tettnang den Mann zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, führte Richter Michalski zu Beginn des Berufungsverfahrens aus. Er soll im Jahr zuvor mehrfach Frauen auf offener Straße in Friedrichshafen sexuell belästigt haben, ihnen an die Brust oder zwischen die Beine gefasst haben. Nachdem er vorübergehend festgenommen worden war, folgten weitere Übergriffe. Vor zwei Jugendlichen soll er sich in der Innenstadt entblößt und sexuelle Handlungen an sich vorgenommen haben. Zudem musste der Mann sich vor Gericht wegen Diebstahl, Körperverletzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.

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Wie Zeugen dort schilderten, hatte der Angeklagte sich vor ihnen ausgezogen, er randalierte und griff Security-Mitarbeiter in seiner Unterkunft an, beschmierte Wände mit Kot. Bei einer Vernehmung habe er Polizisten sowie eine Dolmetscherin beleidigt und bedroht, vor dem Amtsgericht einem Dolmetscher eine Kopfnuss verpasst. Mehrmals wurde er vorübergehend in Gewahrsam genommen. Bei einer Vernehmung der Polizei gab er an, er werde so lange weitermachen, bis er abgeschoben werde. Er habe keinen Pass mehr, wolle aber zurück in sein Heimatland.

Richter: „So lange bleiben Sie in Haft“

Warum er nun Berufung gegen das Urteil eingelegt habe, wollte Richter Michalski von dem 30-Jährigen, der inzwischen seit einem Jahr in der Justizvollzugsanstalt in Ravensburg sitzt, wissen. Das Strafmaß, das das Amtsgericht verhängt habe, erscheine ihm in Anbetracht seiner Vergehen „nicht unangemessen“, so der Richter. Wenn die Beweisaufnahme neu aufgerollt werde, halte er es durchaus für denkbar, dass man zu einem ähnlichen Strafmaß komme. Da allerdings auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte, sei auch eine höhere Strafe nicht ausgeschlossen. Sollte er gegen dieses Urteil dann Revision einlegen, werde sich die nächste Instanz damit frühestens 2025 befassen. „Und so lange bleiben Sie in Haft“, betonte der Richter.

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Dabei sei es doch sein erklärtes Ziel, in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Wenn er seine Strafe teilweise verbüßt habe, bestehe zumindest die Möglichkeit, dass er dorthin innerhalb der nächsten Monate zurückgeführt werde. Nach einer Sitzungsunterbrechung, in der sich der 30-Jährige mit seinem Anwalt beraten konnte, zog die Verteidigung die Berufung tatsächlich zurück. Die Staatsanwaltschaft schloss sich an.