Als das Coronavirus vor gut einem Jahr in Friedrichshafen ankam, war RRPS gleich doppelt betroffen: Zum einen hat sich Geschäftsführer Andreas Schell bei einer Ischgl-Reise selbst mit dem Virus infiziert und löste eine Quarantäne im Unternehmen aus. Zum anderen mussten 3000 Mitarbeiter von einem auf den anderen Tag ins Mobile Office und Hygienemaßnahmen in den Produktionshallen umgesetzt werden.
Ein Jahr später blickt Schell, bei dem die Infektion nach eigenen Angaben „sehr glimpflich“ verlaufen ist, bei der virtuellen RRPS-Jahrespressekonferenz am Freitag auf eine „schwierige Zeit“ zurück. Auch wenn die Krise den Antriebsspezialisten nicht ganz so hart getroffen hat wie andere Industrieunternehmen – sie hat doch deutliche Spuren bei den Finanzkennzahlen hinterlassen. Rot sind die allerdings noch lange nicht. „Wir sind deutlich in der Gewinnzone geblieben“, betont Finanzchefin Louise Öfverström.
Für 2021 und die darauf folgenden Jahre stehen viele Veränderungen an, die auch den Standort Friedrichshafen mit seinen rund 5500 Mitarbeitern betreffen:
Standortsicherung bis 2023 gilt
Trotz der Krise ist kein Jobabbau geplant, betont Schell. Aktuell seien deutlich weniger Mitarbeiter in Kurzarbeit als noch Mitte 2020, genaue Quoten nannte das Unternehmen jedoch nicht. Von den 550 Stellen, die durch freiwillige Abfindungsprogramme abgebaut werden sollen, sind bereits die Hälfte weg.
Geschäftsbereiche werden neu organisiert
Zu Ende März wird RRPS neu strukturiert in vier Bereiche: Mobile Power Solutions (Marine- und Industrie, also das Kerngeschäft), Stationary Power Solutions (Stromerzeugung), Sustainable Power Solutions (Brennstoffzellentechnik), Power Solutions für China (Chinamarkt). Durch die Neuorganisation verspricht sich RRPS mehr Kundennähe als „Lösungsanbieter“ und die Erschließung neuer Märkte. Für viele Mitarbeiter in Friedrichshafen heißt das, dass sie organisatorisch neuen Abteilung zugeordnet werden. Die Produktion, Entwicklung und Qualitätsmanagement in Friedrichshafen sind laut Unternehmenssprecher Wolfgang Boller nicht betroffen.

Ingenieure im Werk I erproben Brennstoffzellen
Im Werk I wird bereits an einem mit Brennstoffzellen betriebenen Demonstrator gearbeitet, der bis Juni in Betrieb gehen soll. „Wir sind überzeugt, dass Wasserstoff ein Zukunftsgeschäft ist“, sagt Schell. So soll diese Technologie 2021 einen „zweistelligen mittleren Millionenbetrag“ einbringen. Aktuell arbeiten im Werk I Entwickler an Modulen, die von Daimler geliefert wurden und in Container verbaut werden. Das Ziel: Diese Container sollen künftig die Notstromerzeugung für Datencenter sichern. Statt einem Dieselmotor sind dort Brennstoffzellen verbaut, so Boller. Künftig könnten sich also bald Kunden vor Ort ein Bild von der neuen Technologie machen, die kurz vor dem Durchbruch stehe. In die Modulfertigung wolle RRPS allerdings nicht einsteigen – aus Wirtschaftlichkeitsgründen.

Materialwirtschaftszentrums in Kluftern wird ausgebaut
Der 10.000 Quadratmeter große Bau soll in der zweiten Jahreshälfte 2022 fertig sein. Dort werden Bauteile für die Motorenreihe 2000, die am Standort in Manzell im Werk II gefertigt werden, gelagert. Außerdem soll die Produktion der MTU-Motoren dort interimsmäßig ausgelagert werden, da eine Sanierung des Werk II ansteht. Ob die Baureihe dann wieder in das Werk II zurückzieht – oder ob das Werk für andere Zwecke genutzt wird, ist allerdings noch nicht ganz klar. Das Gesamtinvestitionsvolumen für die gesamten Baumaßnahmen liegt laut Vorstand Otto Preis über die Jahre verteilt 30 Millionen Euro.