Tobias Lange

Dass E-Mails heutzutage oft einen dubiosen Inhalt haben, ist nichts Neues. Längst nutzen Betrüger die Anonymität des Internets aus, um sich an gutgläubigen Personen zu bereichern. Nun werden immer mehr Menschen Ziel einer neuen Masche, bei der die Täter das Schamgefühl ihrer Opfer ausnutzen wollen. Sextortion nennt sich diese Form der Erpressung, bei der es kaum eine Chance gibt, den Missetäter zur Rechenschaft zu ziehen.

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Was ist Sextortion?

Diese Art der Erpressung gibt es laut Polizei in mehreren Varianten. Meist verschicken die Täter Erpresserschreiben per E-Mail, in denen sie behaupten, in den Computer oder die Kamera des Betroffenen eingedrungen zu sein – das Gerät „gehackt“ zu haben – und dadurch an anzügliche Bilder oder Videos vom Opfer gekommen zu sein. Sie drohen damit, das vermeintliche Material zu veröffentlichen, und fordern Geld oder Bitcoins von den Betroffenen.

Wie viele solcher Erpressungsversuche es in der Region gibt, kann die Polizei nicht beziffern. Laut Polizeisprecher Oliver Weißflog werden Fälle von Sextortion noch nicht gesondert erfasst, sondern fallen in den allgemeinen Bereich der Erpressung. Mitte August meldete die Polizei lediglich „mehrere Personen“ in Friedrichshafen, die Anzeige erstattet hatten. Hinzu kommen die Fälle, in denen keine Anzeige erstattet worden ist.

Mit solchen und ähnlichen Worten fordern die Erpresser ihre Opfer zur Zahlung auf.
Mit solchen und ähnlichen Worten fordern die Erpresser ihre Opfer zur Zahlung auf. | Bild: Lange, Tobias

Was tun bei einer solchen E-Mail?

Uwe Nortmann bekam Anfang 2018 zum ersten Mal eine solche E-Mail. Seitdem landeten mehr als 20 im Postfach des Ingenieurs und Fluglehrers. Dabei gebe es kein einheitliches Schema, sagt er. „Bei manchen stand gleich ‚Hacker‘ dran, andere sahen aus, als kämen sie von ganz normalen Adressen.“ Manche seien auf Deutsch, andere auf Englisch gewesen. „Man kann das relativ leicht entlarven“, ist Nortmann überzeugt. Er räumt aber auch ein, dass jemand mit weniger Ahnung nervös reagieren könnte. Deshalb rät er: „Ruhe bewahren. Und grundsätzlich nicht zahlen.“

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Die Polizei empfielt bei solchen Erpresserschreiben zudem, Anzeige zu erstatten, auch wenn die Aufklärungsrate gering ist. Uwe Nortmann hat das nach mehreren E-Mails getan. Weil er Angst vor schädlichen Programmen hatte, erklärt er. „Zurück kam, dass man nichts machen könne.“ Die Absenderadressen und Konten könnten nicht nachverfolgt werden. Grund dafür sei, dass sich die Täter meist im Ausland aufhalten und die Absenderdaten gefälscht haben.

Gibt es die intimen Bilder und Videos überhaupt?

Bei dieser Variante nicht. Zumindest ist laut Polizei bislang kein Fall bekannt, bei der solches Bildmaterial tatsächlich veröffentlicht worden ist. Es gibt aber eine weitere Variante von Sextortion, bei der das Opfer den Erpressern solche Bilder selbst zugänglich gemacht hat.

Dafür nehmen die Täter über das Internet Kontakt auf und überreden das Opfer später, sich beispielsweise vor der Bildschirmkamera auszuziehen. Diese Bilder nutzen die Täter dann für die Erpressung. Zur Vorbeuge rät die Polizei, die Kamera abzudecken und sich nicht zu intimen Handlungen überreden zu lassen.

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Besteht beim Lesen der E-Mail eine Gefahr durch Viren?

Der Friedrichshafener IT-Spezialist Stefan Lanz gibt Entwarnung. „Mir ist Stand heute kein Fall bekannt, bei dem es schon beim Empfang einer E-Mail zur Verseuchung kam“, sagt er. Gefährlich wird es erst dann, wenn eine angehängte Datei geöffnet wurde. Beispielsweise eine Word-Datei. Wenn das Opfer diese anklickt, öffnet sie sich kurz und schließt sich dann sofort wieder. Der in der Datei versteckte Virus ist dann schon auf den Computer gesprungen. „Die Leute merken das gar nicht“, warnt der IT-Fachmann. „Die Devise ist, nichts aufmachen, das man nicht kennt.“

„Mir ist Stand heute kein Fall bekannt, bei dem es schon beim Empfang einer E-Mail zur Verseuchung kam.“ Stefan Lanz, IT-Berater
„Mir ist Stand heute kein Fall bekannt, bei dem es schon beim Empfang einer E-Mail zur Verseuchung kam.“ Stefan Lanz, IT-Berater | Bild: Stadtmarketing

Aber selbst das bietet keinen hundertprozentigen Schutz. Denn Viren und andere schädliche Programme greifen mitunter auf die gespeicherten Kontaktadressen zu und verschicken dann E-Mails, erklärt der Experte. Für solche Fälle sei es wichtig, zu überprüfen, ob die E-Mail Sinn ergibt. Zum Beispiel indem man sich fragt, ob man diese Informationen vom Absender angefordert hat. „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.“

Welche Sicherheitstipps gibt der Fachmann?

Stefan Lanz gibt zwei Ratschläge: Zunächst empfiehlt er, regelmäßig mehrere Sicherheitskopien zu machen. So sind wichtige Daten geschützt, auch wenn es doch einmal zu einem Virusbefall kommen sollte. Zweitens rät er dazu, eingehende E-Mails mit Online-Virenscannern zu überprüfen.

Diese haben gegenüber normalen Virenscannern den Vorteil, dass sie immer auf dem neusten Stand sind. „Es gibt jeden Tag zehntausende neue Viren“, warnt der IT-Experte. Da könne der normale Scanner, was die Aktualität angeht, nicht immer mithalten.