Zusammen mit vier seiner Vereinskameraden wollte Theo Schlegel von Romanshorn ins Strandbad Friedrichshafen – heute ist er dort Betriebsleiter – schwimmen. Mit seinem Trainer Udo Markfeld bereitete er sich gründlich vor, schwamm als Trainingsmaßnahme zweimal die Woche von Fischbach nach Friedrichshafen.
Von Kopf bis Fuß mit Kugellagerfett eingeschmiert
Am Sonntag, 29. Juli 1978, war es so weit. An der Tankstelle in der Löwentaler Straße (heute McDonald's) bekamen die vier jungen Leute einen großen Eimer Kugellagerfett geschenkt. Großzügig verteilten Theo Schlegel und sein 15-jähriger Freund Winfried Schenk das zähe Fett überall auf ihren Körpern, auch unter der badehose – ein Tipp, den sie von der DLRG bekommen hatten. Neoprenanzüge gab es damals noch nicht“, erklärt der heute 58-Jährige, „und in den steifen Taucheranzügen konnte ich nicht kraulen.“

Start bei 21 Grad Wassertemperatur
Um 9.55 Uhr ging es los. Ein Boot der DLRG hatte sie nach Romanshorn gebracht und die vier Freunde schwammen in dessen Begleitung bei 21 Grad Wassertemperatur los, im dichten Nebel, wie Schlegel sagt. Als sie die etwa 1,5 Kilometer breite Rheinströmung erreichten, kühlte das Wasser schlagartig auf 17 Grad ab und Georg Kleis und Andreas Brosy, beide ohne Fett unter der Hose, gaben wegen Unterkühlung auf.
In der Mitte des Sees bekamen Theo und Winfried zur Stärkung auf einem Stechpaddel Tee mit Traubenzucker und Brezelstückchen serviert und sie ruhten sich fünf Minuten im Wasser treibend aus. Doch müde seien sie zu keinem Zeitpunkt gewesen, sagt Schlegel. Während sein Kollege die gesamte Strecke kraulte, wechselte er von Zeit zu Zeit den Schwimmstil, um seine Muskeln zu entlasten.

„Wir hatten gar nicht auf die Zeit geachtet“
Dann riss die Nebeldecke auf und als endlich die Schlosskirche zu sehen war, bekamen die Schwimmer vom DLRG-Boot die Information, dass die geschwommene Zeit für einen Rekord sorgen könnte. „Darauf waren wir ursprünglich nicht aus und hatten deshalb auf die Zeit gar nicht geachtet“, erinnert sich Schlegel.
Doch jetzt gab er Gas. Um 13.54 Uhr erreichte Theo Schlegel das Strandbad Friedrichshafen und hatte mit drei Stunden und 59 Minuten auf der 12,5 Kilometer langen Strecke einen Rekord aufgestellt, der, wie Theo Schlegel sagt, erst 1988 gebrochen wurde. Fünf Minuten später traf auch sein Kumpel Winfried ein – mit einer Zeit von vier Stunden und vier Minuten.
Auf Schultern durchs Bad getragen
„Überall waren Menschen und unser Verein hat uns mit einem großen Transparent ‚der Schwimmverein gratuliert‘, empfangen, uns auf die Schultern genommen und durchs Bad getragen“, erinnert sich Schlegel, der seit 1999 im Strandbad Schwimmmeister ist.
Etwas Mühe bereitete dann aber das Kugellagerfett. Es musste mit einem Spachtel vom Körper abgekratzt und mit Waschbenzin und Handtüchern abgerieben werden. Theo Schlegel: „Wir standen noch ewig unter der Dusche.“

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Das Strandbad Friedrichshafen damals und heute
In Friedrichshafen, das schon früh um das Image einer Sommerfrischler- und Urlaubsstadt bemüht war, stellte 1846/47 eine Aktiengesellschaft dem Publikum zwei Badehäuser, ein Männer- und ein Frauenbad, zur Verfügung. Denn zur Aufrechterhaltung von Moral und Ordnung sorgten sowohl die Kirche, als auch konservative Politiker dafür, dass Männer und Frauen nicht gemeinsam badeten. Diese Badehäuser auf Pfählen im See waren von einem Sichtschutz umgeben und an manchen Orten wurde sogar erwogen, die Wasseroberfläche mit Holzspänen und Sägemehl zu bestreuen, damit die Konturen weiblicher Körper nicht sichtbar würden. Aus demselben Grund war es Frauen in Konstanz bis 1855 verboten, auf den offenen See hinauszuschwimmen. Nur zu festgelegten Tageszeiten durfte sich, nach Geschlechtern getrennt, die Jugend im Wasser tummeln.

Wie in der Bauzeitung für Württemberg zu lesen ist, schrieb die Stadtgemeinde Friedrichshafen 1913 einen Architektenwettbewerb für den Bau einer neuen Seebadeanstalt aus. Baufällig und zu klein geworden, wurden die alten Bäder 1916 bzw. 1919 abgerissen. Als aus dem Abbruchholz des Männerbads eine neue Badeanstalt errichtet wurde, forderten etwa 100 wahlberechtigte Bürger, in Friedrichshafen die Geschlechtertrennung aufzuheben und stattdessen ein Familienbad einzurichten. Doch der Stadtrat hielt an der Trennung fest und die Badeordnung machte unmissverständlich klar, dass die in der Mitte der Badeanstalt markierte Trennlinie nicht überschritten, und die für jedes Geschlecht besonders hergerichteten Flöße gegenseitig nicht benutzt werden durften.
So wurde weiter, obwohl ausdrücklich verboten, an geeigneten Uferabschnitten wild gebadet, Männer mit Frauen und dazwischen sprangen fröhlich die Kinder herum.
Schon bald platzte die neue Badeanstalt aus allen Nähten, wurde umgebaut und am 28. Mai 1927 neu eröffnet. Endlich hatte das größte Strandbad am Bodensee auch die Geschlechtertrennung aufgehoben.
Gebaut wurde das Bad in der damals als ideal betrachteten Form eines T. In der Mitte der Eingangsbereich mit der Kasse, links und rechts zwei lange Trakte mit den Umkleidekabinen und sanitären Anlagen, auf der einen Seite für Männer, auf der anderen für Frauen und in der Mitte einem Steg, der ins Wasser führt. Trotz Umbau und Sanierung entspricht das Strandbad bis heute seinem ursprünglichen Erscheinungsbild.