- Wie viele amtierende Gemeinderäte werden im Mai 2019 nicht mehr antreten? Bei dieser Frage halten sich die Fraktionen noch bedeckt. Achim Brotzer (CDU) erklärt: "Wer 2019 kandidieren und aufgestellt werden wird, entscheidet sich zur rechten Zeit im Rahmen der Kandidatenaufstellung." Auch bei den Freien Wählern ist dies noch "nicht endgültig geklärt". Bei den Grünen wird eine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt fallen und bei der SPD hat "zum jetzigen Zeitpunkt kein Mitglied der SPD-Fraktion eine erneute Kandidatur oder den Verzicht darauf bekannt gegeben". Lediglich Peter Strötz, Fraktionsgeschäftsführer ÖDP/Parteilos, erklärt bereits: "Alle drei Aktive treten wieder an."
- Wie schwer ist es für die Fraktionen im Häfler Gemeinderat, Kandidaten zu finden? Dass die Bereitschaft sinkt, sich lokalpolitisch zu engagieren, kann keine Fraktion bestätigen. Kandidaten für die 40 Listenplätze zu finden ist laut Gaby Lamparsky (FDP) dennoch "eine kleine Herausforderung". Grundsätzlich falle eine solche Entscheidung keinem leicht, glaubt auch Achim Brotzer (CDU). Ein Gemeinderatsmandat anzustreben, heiße Verantwortung zu übernehmen. Man sei aber zuversichtlich, auch 2019 überzeugende Persönlichkeiten und sympathische kompetente Köpfe als Kandidaten gewinnen zu können. "Es ist nicht einfach, Menschen dafür zu begeistern und auch ehrlich auf den zu erwartenden Umfang der ehrenamtlichen Arbeit vorzubereiten ohne sie abzuschrecken", erklärt Dagmar Hoehne von den Freien Wählern. Mögliche Kandidaten würden sehr genau abwägen, ob sie sich dieser Aufgabe gewachsen fühlen und sie auch zeitlich ausfüllen können. Das klassische Modell, einer engagiert sich im Ehrenamt und der andere hält ihm den Rücken frei, gebe es nur noch selten. Das Ehrenamt müsse auch zum Lebensmodell passen. Auch bei den Grünen hat die Erfahrung der vergangenen Wahlkämpfe gezeigt, dass es nicht einfach wird. Man habe bei den zurückliegenden Wahlen aber immer 40 Kandidaten aufgestellt und werde dies auch zur Kommunalwahl 2019 tun. "Eine sinkende Bereitschaft können wir nicht erkennen, aber es bedarf manchmal einer gewissen Überzeugungsarbeit." Dieter Stauber, SPD, glaubt, dass es Menschen gibt, die bereit sind, sich stark zu engagieren. Und auf der anderen Seite Menschen, die gar nichts machen wollen, "dazwischen fehlt mir ein bisschen die Gruppe von Menschen, die empathisch mit dabei ist". ÖDP/Parteilos erklärt: "Einfach ist es sicher nicht. Wir müssen leider immer wieder feststellen, dass viele lokalpolitisch durchaus Interessierte Bürger vor einer Kandidatur zurückschrecken, selbst dann, wenn sie unsere politischen Ziele befürworten."
- Wie und wo sprechen die Parteien potenzielle Kandidaten an? Der Vorschlag für die SPD-Liste zur Gemeinderatswahl wird laut Dieter Stauber von den Vorständen der drei Ortsvereine Friedrichshafen, Ailingen und Kluftern erstellt und die Nominierung durch die Mitglieder stattfinden. Die Fraktion und die Ortsvereinsvorstände sind bereits auf der Suche nach Einwohnern, die auf der SPD-Liste in Friedrichshafen kandidieren möchten. "Bis jetzt ist es uns immer gelungen, die Kandidatenliste mit 40 Personen plus Ersatz- beziehungsweise Nachrückbewerbern zu füllen." Die persönliche Kandidatenansprache geht bei den Christdemokraten von den Leitungsgremien der Häfler CDU mit seinen drei Ortsverbänden sowie den amtierenden Mitgliedern der Gemeinderatsfraktion aus. Formal gesehen ist für die Listenaufstellung der CDU-Stadtverband zuständig. "Wir sprechen Kandidaten an, die uns als engagiert für die Sache und interessiert an politischer Basisarbeit auffallen. Dies kann in verschiedensten Bezügen sein, Vereinen, Gruppierungen, im persönlichen Umfeld." Bei den Freien Wählern gilt: "Da wir nicht parteipolitisch gebunden sind, ist zunächst vor allem das Engagement für die Sache, für das Wohl unserer Stadt, maßgeblich." Die Grünen haben eine Wahlkampfkommission gegründet, die ihre Arbeit bereits aufgenommen hat. "Wir sind in den ersten Sondierungen." Bei jeder sich bietenden Gelegenheit spreche man potenzielle Kandidaten an – sowohl im privaten als auch im weiteren Umfeld. Das gilt auch für ÖDP/Parteilos: Die Kandidatensuche laufe in erster Linie über persönliche Kontakte und Gespräche.
- Mit Blick auf den derzeitigen Altersdurchschnitt der Friedrichshafener Gemeinderatsfraktionen: Wie können Parteien auch jüngere Kandidaten für die Lokalpolitik gewinnen? "Hilfreich ist, dass wir in der SPD in den letzten Monaten einen größeren Mitgliederzuwachs an jungen Menschen bekommen haben, die eindeutig mehr als nur passives Parteimitglied sein wollen", sagt Stauber. Zudem habe man eine sehr aktive Jugendorganisation, aus der auch einige für den Gemeinderat kandidieren wollen. Die CDU hat eigenen Angaben zufolge schon die Wahl 2014 genutzt, um auch weniger bekannten Nachwuchskandidaten der Liste eine Stimme in der kommunalen „Arena“ zu geben. Laut Achim Brotzer versuche man, den Nachwuchs frei nach Platon mit dem Argument zu überzeugen: "Wer sich für zu jung oder klug hält, um sich in der Politik zu engagieren, wird damit bestraft, dass er von Leuten regiert wird, die älter und möglicherweise weniger klug sind als man selbst." Die Idee der Freien Wähler lautet: Jungen Menschen eine Chance zu geben, Verantwortung zu übernehmen, sie einzubeziehen und ihnen etwas zuzutrauen. Die Grünen wollen offen gegenüber den jungen Menschen und ihren Anliegen sein und sie in ihren Themen unterstützen. Bei der FDP wollen laut Gaby Lamparsky einige Jungliberale kandidieren.
- Wollen Sie auch gezielt parteilose Kandidaten ansprechen? "Für uns steht im Vordergrund, dass ein Bewerber den grünen Ideen nahesteht und die Wählbarkeit besitzt", erklärt Felix Bohnacker, Vorsitzender des Grünen-Ortsverbands. Eine Parteimitgliedschaft sei wünschenswert, stehe aber nicht im Vordergrund. Die FDP sucht zunächst in den eigenen Reihen. Aber: "Unter den Kandidaten werden jedoch sicherlich auch Nicht-Parteimitglieder sein." Eine CDU-Mitgliedschaft ist für die Gemeinderatsarbeit nicht zwingend erforderlich, erklärt auch Achim Brotzer. "Wir suchen kompetente Persönlichkeiten aus der Mitte der Gesellschaft und Bürgerschaft vor Ort mit dem Mut, zur eigenen Überzeugung zu stehen." Bei der SPD ist man auch an Kandidaten interessiert, die noch nicht Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sind. "Bisher waren aber alle Kandidaten zum Zeitpunkt ihrer Nominierung bereits SPD-Mitglied. Wer auf der SPD-Liste kandidieren möchte, kann sich aus meiner Sicht auch problemlos für eine Mitgliedschaft entscheiden", so Stauber.
- Bei einer ZDF-Studie kam kürzlich heraus, dass der Anteil der Frauen an den Mandaten in den Kreistagen und Gemeinderäten im Bodenseekreis von 2012 bis 2016 bei 18,3 Prozent lag. Was tun Sie für ein ausgeglichenes Verhältnis auf den Kandidatenlisten? Über die Kandidatenaufstellung und das Verhältnis von Frauen und Männern entscheiden bei den Christdemokraten die Mitglieder des CDU-Stadtverbands in einer Nominierungsversammlung. Bei der Aufstellung der Liste geht es laut Brotzer nicht um Quoten. "Wir sind überzeugt: Die gute Mischung macht's!" Dagmar Hoehne (FW) erklärt: "Wir suchen definitiv nach Frauen und ermuntern sie ausdrücklich, sich zur Verfügung zu stellen." Frauen seien in der Abwägung für oder gegen eine Kandidatur meist noch kritischer als angesprochene Männer. Die SPD nominiert die Listenplätze für die Gemeinderatswahl laut Dieter Stauber immer im Wechsel der beiden Geschlechter, sodass theoretisch durch dieses Verfahren 50 Prozent Frauen auf der Liste gewährleistet werden. Für die Grünen ist es eigenen Angaben zufolge "selbstverständlich, dass 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer kandidieren". Zudem sei die Fraktion mehrheitlich mit Frauen besetzt. Die FDP ist mit ihren zwei Sitzen derzeit zu 100 Prozent weiblich. Über das endgültige Verhältnis entscheiden dann die Wähler, die Kandidatenliste ist das Auswahlangebot, so Gaby Lamparsky. Die Fraktionsgemeinschaft ÖDP/Parteilos erklärt: "Wir hatten schon immer ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern." Es bestehe dennoch die Notwendigkeit für ein gezieltes Ansprechen von Frauen, "um bei ihnen den Anspruch zu reduzieren, perfekt zu sein und sich ihrer Stärken bewusst zu machen".
55 Jahre: Altersdurchschnitt von CDU und Grünen im Gemeinderat
60 Jahre: Altersdurchschnitt bei ÖDP/Parteilos
62,9 Jahre: Altersdurchschnitt bei den Freien Wählern im Rat
65 Jahre: Altersdurchschnitt der SPD-Gemeinderatsfraktion
100 Prozent weiblich ist die FDP-Fraktion
Auch andere Parteien/Gruppen wollen in den Gemeinderat
Mit Josef Mayer war die Linke 2014 zum ersten Mal im Gemeinderat vertreten. Doch Mayer trat 2015 aus der Partei aus und sitzt seither als Parteiloser in einer Fraktionsgemeinschaft mit der ÖDP. Im kommenden Frühjahr will die "Die Linke" wieder antreten. "Speziell in Friedrichshafen wollen wir in den Gemeinderat einziehen, da es die größte Stadt im Bodenseekreis ist", erklärt Joachim Rittler vom Kreisverband. Man sei sich sicher, in Friedrichshafen und auch anderen Kommunen eine starke und kompetente Liste aufstellen zu können. "Wir glauben nicht, dass die grundsätzliche Bereitschaft, sich politisch zu engagieren, gesunken ist." Allerdings hätten sich neben den Rahmenbedingungen, wie fehlende Zeit oder fehlendes Geld, für ein intensives Engagement auch die Art der Bereitschaft zum Engagement verändert. "Das erschwert zwangsläufig auch die Kandidatensuche", so Rittler. Man beobachte aber auch, dass vor allem junge Menschen sich wieder vermehrt in die Politik einbringen. "Kandidaten, die ein ernsthaftes Interesse haben, gibt es bereits. Aber natürlich werden wir weiter suchen."
Tritt das Netzwerk für Friedrichshafen an? Die Initialzündung des Netzwerks war der Schöllhornabriss. "Wir konnten nicht verstehen, wie mit historisch bedeutsamen Gebäuden in Friedrichshafen verfahren wird", teilt Birgit Kubalczyk mit. An dieser Stelle frage man sich, wo und wie man am besten wirksam werden könnte. "Der naheliegendste Schritt wäre, sich für den Gemeinderat aufstellen zu lassen. Die Frage ist nur, wie effektiv das Netzwerk in so einem Gremium sein könnte." Jetzt stehe man vor der Entscheidung: "Treten wir selbst an, wählen wir einen komplett anderen Weg oder fahren wir zweigleisig?" Auf alle Fälle sei sicher, dass man nicht die gleichen Pfade betreten wolle wie die Mitbewerber – "sofern das Netzwerk antreten sollte". Man habe schon ein paar Interessenten. "Wir sind aber noch ganz entspannt und deswegen würde ich es noch nicht als Kandidatensuche bezeichnen", erklärt Birgit Kubalczyk.
Die Anfrage, ob die AfD bei der Kommunalwahl in Friedrichshafen antreten wird, blieb unbeantwortet.