Nach wie vor dominiert eine Asphaltwüste das Erscheinungsbild der Eisenbahnstraße in Fischbach – mit einer Ausnahme: Neben der alten Dieseltankstelle ragen schneeweiße, bis zu sechsgeschossige Neubauten in die Höhe. So hat sich das der Bauträger allerdings nicht gedacht. Seit zwei Jahren ist die neue Mitte in Fischbach, jener Wohn- und Gewerbekomplex am Bahnhof, fertig. Doch noch immer stehen Ladenlokale leer. „Derzeit sind von elf Gewerbeeinheiten zwei noch nicht verkauft“, sagt Carolin Deggelmann von der Firma BDS Universal-Bau GmbH in Konstanz.

Immer noch stehen Ladenlokale leer

Zwei weitere Einheiten seien zwar verkauft, stünden jedoch noch leer. Neben den derzeit vier verwaisten Ladenlokalen würden zwei weitere Einheiten momentan ausgebaut und sollen in den kommenden Wochen öffnen. Ein Kosmetikstudio und ein Büro ziehen ein.

Auch zwei Jahre nach Fertigstellung der neuen Ortsmitte sind vier von elf Ladenlokalen leer.
Auch zwei Jahre nach Fertigstellung der neuen Ortsmitte sind vier von elf Ladenlokalen leer. | Bild: Cuko, Katy

Warum lassen sich die Läden so schwer an den Mann bringen? „Kleinere Ladeneinheiten dieser Größe sind beim heutigen Einkaufsverhalten außerhalb von Innenstädten sicherlich schwieriger zu vermarkten“, erklärt Carolin Deggelmann. Doch es sei Wunsch der Stadt gewesen, die neugeschaffene Ortsmitte mit kleinen Ladengeschäften zu beleben.

Bundesstraße bestimmt Ortsmittelpunkt

Der Stadtteil verfüge bereits über eine sehr gute Infrastruktur. Und solange die Bundesstraße direkt durch Fischbach führt, sei der Ortsmittelpunkt eher dort. Die neue Mitte Fischbachs werde wohl erst dann zur tatsächlichen Ortsmitte, wenn die Bundesstraße verlegt und die Bahnunterführung gebaut werde.

Stillstand beim Bebauungsplan „Eisenbahnstraße„

Allerdings resultiere die schwache Nachfrage bei den Ladenlokalen „auch aus Unklarheiten bezüglich der Bebauung der Eisenbahnstraße„, sagt die BDS-Vertreterin.

Das Umfeld sieht genauso aus wie seit Jahren. Tatsächlich wollte die Stadt mit der neuen Mitte in Fischbach schon viel weiter sein. Bereits im Mai 2018 fand das mit großem Aufwand betriebene Workshopverfahren seinen Abschluss.

Bild 2: Neue Ortsmitte in Fischbach: Warum im Westend von Friedrichshafen weiter Warten angesagt ist
Bild: Kerstan, Stefanie

Die Fischbacher hatten in dem monatelangen Verfahren fleißig ihre Ideen mit eingebracht, wie das Areal zwischen Bahnlinie und Zeppelinstraße einmal aussehen soll. Am Ende stand ein städtebaulicher Entwurf für den Bebauungsplan „Eisenbahnstraße„, der große Hoffnungen weckte: viele Wohnungen, Platz für ein Mehrgenerationenhaus, den Bahnhofsboulevard, ein grüner Spazierweg von der neuen Ortsmitte bis hinunter zum See, ein Parkhaus.

Noch immer kein Entwurfsbeschluss

Da sah der Fahrplan noch vor, dass der Gemeinderat bis zum Jahresende 2018 Baurecht schafft und es dann nahtlos losgeht. Bis heute ist noch nicht einmal der Entwurfsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst.

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Der ist nach Angaben des Rathauses nun „vor der Sommerpause“ geplant, wie eine Sprecherin der Stadtverwaltung auf Nachfrage schreibt. Wegen der Wichtigkeit des Projekts sei eine „schnellstmögliche Umsetzung angestrebt“. Warum dauert das alles aber so viel länger? Es bestehe noch Klärungsbedarf, heißt es aus dem Rathaus. Die Rede ist von Altlasten, Gewerbenutzung, Eigentumsverhältnissen, aber auch von „naturschutzfachlichen Problemstellungen“. In der Fischbacher Runde sind zwei Knackpunkte bekannt: Der Standort fürs Parkhaus sei noch in der Diskussion und die Karosseriewerkstatt nach wie vor im Weg.

Noch kein Bauantrag für Bahnüberquerung

Das sind aber nicht die einzigen Probleme. Eine jahrelange Hängepartie ist die Bahnquerung, mit der nicht nur die Konstanzer BDS „eine zusätzliche Attraktivierung“ der neuen Ortmitte verbindet. Hier war eigentlich im Dezember 2016 schon der Knopf dran. Da beschloss der Gemeinderat, beim Bahnhof eine vier Meter breite Unterführung zu bauen – mit zwei Aufzügen und großzügiger Gestaltung zur neuen Mitte ihn.

Blick von der Hohentwielstraße über einen Zaun hinweg auf den Bahnhof Fischbach. Seit Jahren wünschen sich Anwohner eine Querung über ...
Blick von der Hohentwielstraße über einen Zaun hinweg auf den Bahnhof Fischbach. Seit Jahren wünschen sich Anwohner eine Querung über die Gleise. | Bild: Ganter, Toni

Seit Jahren fordern die Fischbacher die bessere Anbindung der Wohngebiete nördlich der Gleise ans Ortszentrum. 2,5 Millionen Euro hatte die Verwaltung für das Bauwerk damals veranschlagt, die 2018 in den Haushaltsplan aufgenommen werden sollten.

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Doch auch hier gibt es Verzögerungen. Zuletzt Ende 2018 hieß es aus dem Rathaus, die Verhandlungen mit der Bahn wegen der Untertunnelung der Gleise verliefen schleppend. Auf Nachfrage erklärt eine Bahnsprecherin, dass inzwischen ein Vor-Ort-Termin stattgefunden habe. Dieses sogenannte Planungsauftaktgespräch habe es gegeben, um Chancen und Risiken einer Eisenbahnüberführung abzuwägen.

Sobald es konkrete Planungen gebe, müsse die Stadt das Vorhaben beim Regierungspräsidium oder dem Eisenbahnbundesamt baurechtlich genehmigen lassen. „Dieser Schritt ist noch nicht erfolgt“, erklärt die Bahnsprecherin. Mit anderen Worten: Ein Bauantrag wurde noch gar nicht eingereicht.

Kein Geld mehr für Bahnunterführung?

Außerdem hängt es offenbar am Geld. Die Unterführung sei „nach wie vor städtebauliches Ziel“, antwortet die städtische Pressestelle auf Nachfrage. Doch wann sie gebaut werden könne, hänge davon ab, ob der Posten im neuen Haushaltsplan aufgenommen wird. Jetzt werden die Gelder allerdings knapp, selbst beschlossene Projekte will Oberbürgermeister Brand auf die Wartebank schieben. Bis dato gibt es kein Signal, dass für dieses Projekt nun grünes Licht zu erwarten ist.

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Dietmar Nützenadel, Sprecher der Fischbacher Runde, zeigte beim traditionellen Neujahrsempfang öffentlich seine Verärgerung. Mit dem Bebauungsplan Eisenbahnstraße und damit der neuen Mitte, der Bahnunterführung und auch noch dem Uferweg seien drei zentrale Projekte für die Fischbacher ins Stocken geraten. Dass der Fahrplan für die Ortsmitte mehr als zwei Jahre im Verzug sei, könnten die Anwohner nicht nachvollziehen. „Die Randbedingungen waren klar“, sagt er. Dann dürfe man sich auch nicht wundern, wenn der Elan der Bürger nachlasse, bei Workshopverfahren mitzumachen.