Los geht es in der Friedrichstraße, dem Tor zur Häfler Innenstadt. Hier wird, wie an wohl keinem anderen Ort, deutlich, wie stark sich der Stadtkern im Wandel befindet. Erstmal ein Espresso im neu gestalteten Café Gessler, wo es mittlerweile keine Buchhandlung, dafür aber mehr Platz für Cafébesucher gibt.

„Der Buchverkauf findet nur noch online statt“, sagt Petra Borle vom Café Gessler, „im Café stellen wir aber weiterhin besondere Bildbände und auch Geschenkartikel aus.“ Das Café mit Wohnzimmer-Atmosphäre ist an jenem Donnerstagmorgen bereits gut besucht, auch von vielen Einheimischen.

Ein paar Häuser weiter, in der Friedrichstraße 61, flattern bunte Luftballons an der Ladentür. Der Nasch-Store eröffnet heute hier – mit Tortendeko, Backzubehör, Ballons und Partydeko. An der Kasse steht Martina König, die auf Instagram als „tortenkoenigin“ unterwegs ist und in ihrer Freizeit kreative Fondant-Torten backt. „Ich kenne den Nasch-Store über Instagram und habe jetzt extra bei meiner Tour durch Süddeutschland einen Stopp in Friedrichshafen eingelegt“, sagt sie und lacht.

Inhaberin Natalie Schwenk betreibt den Nasch-Store online seit zehn Jahren – und hatte zuvor ein Ladengeschäft in Nagold. Doch dann hat es die Häflerin mit ihrer Familie zurück in die Heimat Friedrichshafen gezogen. „Wir sind total glücklich, hier so ein tolles Ladengeschäft gefunden zu haben“, sagt die Betriebswirtin. Ihre Mutter sei Konditorin und habe ihr eine Leidenschaft für das Backen mitgegeben. „Alles was hier im Laden ist, habe ich bereits ausprobiert“, sagt sie. Zusätzlich zum Backzubehör gibt es bunte Partydeko, eine große Auswahl an Ballons, die mit Helium befüllt werden können – und Ballongeschenke.
Direkt daneben fällt der Blick auf riesige Fenster im Schaufenster. Hier hat sich das Fensterstudio Verizont, das vorher ein kleines Ladengeschäft in der Buchhornpassage hatte, vergrößert. Auch wenn der Fensterkauf nicht unbedingt zur Shoppingtour gehört, ist interessant, dass sich in der Häfler Innenstadt auch Handwerksgeschäfte wie das Verizont oder – neu – das Küchenstudio Küchenräume in der Karlstraße 19 ansiedeln.

An der Ecke Friedrichstraße/Eckenerstraße, am Eingang zur Fußgängerzone, gibt es gleich zwei Baustellen. Auf dem Trapp-Areal entstehen Wohnungen, aber auch Ladengeschäfte. Im Erdgeschoss des sogenannten „Panzerhochhauses“, wo bis Frühsommer die Modekette Hallhuber war, wird umgebaut. Wer den Laden renoviert und was die Kunden erwartet, bleibt noch eine Überraschung. Tatsache ist: Es bleibt nicht leer.
„Aktuell liegt die Leerstandsquote bei unter vier Prozent“, bestätigt Thomas Goldschmidt, Geschäftsführer der Stadtmarketing GmbH. Das sei ein sehr niedriger Wert und es gebe damit weniger Leerstände als noch vor Corona. „Angesichts der extremen Herausforderungen, vor denen die Gewerbetreibenden aus Handel, Gastronomie, Dienstleistung in den letzten zwei Jahren standen und stehen ist es eine erfreuliche Entwicklung, dass es einige Neueröffnungen in der Innenstadt gibt“, so Goldschmidt.
„Mode für Männer oder Outdoor-Kleidung sollte es mehr geben.“Thomas Goldschmidt, Stadtmarketing
Gleich um die Ecke, in der Wilhelmstraße 17, weist ein roter Aufsteller auf eine dieser Neueröffnungen hin. Dort, wo einst das Modegeschäft Orsay war, gibt es wieder Jeans, T-Shirts und andere Kleidung und Accessoires zu kaufen. Ein echter Gewinn, denn laut Stadtmarketing sind es oft Lücken im Branchenmix, die von den Kunden bemängelt werden. „Mode für Männer oder Outdoor-Kleidung zum Beispiel könnte es im Verhältnis zur Stadtgröße und Kaufkraft mehr geben“, sagt Goldschmidt. Doch dieser Lückenschluss sei schwierig, da sich die von vielen Kunden gewünschten großen Ketten gar nicht in der Größenklasse und Standortkategorie ansiedeln wollten.

Verkaufsleiter Seyhan Dayan ist zur Eröffnung von Jeans Fritz extra aus Hüllhorst bei Bielefeld gekommen. Derweil begrüßt Derya Karasu ihre ersten Kunden. Die Filialleiterin war vorher bei Orsay beschäftigt und wurde – wie das gesamte Team – von Jeans Fritz gleich mit übernommen. „Wir suchen nichts Bestimmtes, bummeln nur ein bisschen durch die Stadt“, sagt Iris Puschmann, die mit ihrem Mann Klaus Urlaub am Bodensee macht. Wie sie die Laden-Auswahl in Friedrichshafen so finden? „Für eine Stadt dieser Größe ist sie wirklich gut“, antwortet Klaus Puschmann, „uns erinnert Friedrichshafens Fußgängerzone ein bisschen an die von Cuxhaven oder Wilhelmshaven.“ Städte, die im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurden, sie haben es in Sachen Charme eben nicht so leicht wie pittoreske Altstädte wie Ravensburg oder Konstanz.

Ein Stückchen weiter, Ecke Karlstraße/Wilhelmstraße, steht ein großer Baustellencontainer. Nanu, wo ist denn der Brillen Fielmann hin? Ein Schild verweist auf einen großen Umbau, die Filiale wurde kurzerhand zwischenzeitlich in die Karlstraße 41 verlegt. Stillstand? Den gibt es in der Friedrichshafener Innenstadt definitiv nicht.