Was passiert derzeit bei Rolls-Royce Power Systems (RRPS)? Die Antwort auf diese Frage fällt sehr unterschiedlich aus – je nachdem, wen man fragt. Das zeigte sich am Dienstagnachmittag bei der Pressekonferenz nach der Betriebsversammlung im Friedrichshafener Messegelände.
Auf der einen Seite ist da die Sicht von Thomas Bittelmeyer, Chef des Betriebsrats. Er berichtete: „Das wichtigste Thema der heutigen Versammlung war die Frage: Wie steht das Unternehmen da mit der neuen Führungsstruktur in England?“ RRPS mit der Marke MTU gehört zum Rolls-Royce-Konzern, dieser wird seit Januar 2023 vom Tufan Erginbilgic geführt. Bittelmeyer: „Der neue CEO hat mit dem Unternehmen nichts Gutes vor.“ Konkret sorgt sich Bittelmeyer, aus RRPS könnten derart viele Gelder abgezogen werden, dass die Zukunft des Betriebs gefährdet ist: ein sogenannter Cash-Out, wie er es nannte.
Mehrere Investoren interessiert
„Rolls-Royce steht nicht gut da“, fuhr Bittelmeyer fort. Tatsächlich steckt der Mutterkonzern seit einiger Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. Der neue Chef Erginbilgic hatte im Januar die Lage des Konzerns als ‚brennende Plattform‘ beschrieben. Der Betriebsrat forderte daher: „Der sinnvollste Weg für Rolls-Royce wäre, uns teils oder komplett zu verkaufen. Er wisse von mehreren Investoren, die am Betrieb interessiert wären. „Aber es gibt keine Rückmeldung, ob man bereit ist, zu verkaufen.“
Thelse Godewerth, Personalvorständin bei RRPS, wollte sich hingegen auf solche Diskussionen nicht einlassen. „Das kann ich nicht beantworten“, antwortete sie daher auf die Frage, ob RRPS verkauft werden soll. Vielmehr betonte sie, in welch positiver Lage sich der Betrieb befinde. Ein „Klima der Angst“, wie es laut Thomas Bittelmeyer im Betrieb herrscht, wollte sie nicht bestätigen. „Veränderungen bringen Bewegung“, räumte sie zwar ein. Das führe zu Sorgen bei den Beschäftigten. „Wir sind allerdings im Dialog und erklären, was da passiert.“
Tatsächlich führt die derzeitige Stimmung zu einigem Unmut bei den Beschäftigten. Bereits Ende Januar hatten sich gut 4000 Beschäftigte auf dem RRPS-Gelände versammelt, um gegen Investitionsstau und einen Ausverkauf des Betriebs zu demonstrieren. Im laufenden Jahr sollen zwar 80 Millionen Euro investiert werden. Allerdings steht diese Summe einem Vorjahresumsatz von gut 4 Milliarden Euro entgegen.
Rüstungsgeschäft brummt
Einig waren sich beide Seiten, dass sich besonders das Geschäft ihrer Rüstungssparte positiv entwickelt. Für das Jahr 2023 rechnen sie etwa mit zahlreichen Aufträgen aus Nato-Ländern. Hierfür wurden bereits in Friedrichshafen Vorbereitungen getroffen: Eine Produktionslinie wurde von Werk 1 ins Werk 2 verlagert, um dem gestiegenen Bedarf an Kapazitäten gerecht zu werden.
Ob RRPS tatsächlich ganz oder zum Teil verkauft wird – und wann – darüber konnten weder Bittelmeyer noch Godewerth beim Termin Auskunft geben. Klar ist hingegen Folgendes: Rolls-Royce zieht ordentlich Geld von RRPS ab. Auch Vorständin Godewerth bezeichnete die geforderten Abgaben als „ambitioniertes Ziel.“