CDU will „Weitsicht und Verlässlichkeit“ beweisen
Verwöhnt von den guten vergangenen Jahren, sieht CDU-Fraktionschef Achim Brotzer das Land in der Wirtschaftskrise und auch Friedrichshafen nicht nur wegen der Corona-Krise „mitten im Wandel“. Das setze den Haushalt unter Druck, sogar so stark, dass der Stiftungshaushalt in diesem Jahr ohne ZF-Dividende auskommen muss. Dass das geht, sei dem Oberbürgermeister und der weitsichtigen Entscheidung des Gemeinderats zu verdanken, das Vermögen der Stiftung breiter zu streuen – und der ZF 18 Prozent vom Gewinn abzuknöpfen.
Das Geld der „fetten“ ZF-Jahre von 2017 bis 2019 füllt nun die Stiftungs-Rücklage mit rund 168 Millionen Euro, die so den nötigen Puffer bietet, um Ausgaben von 85 Millionen Euro zu schultern. Im städtischen Haushalt sieht die CDU eher kritisch, dass neue Schulen von über 80 Millionen Euro gemacht werden sollen. Schließlich habe der Gemeinderat 2013 eine Schuldenobergrenze ab 2017 von maximal 50 Millionen Euro beschlossen. „Einen Schuldenballon aufzublähen, das wird es mit der CDU-Fraktion auch in Zukunft nicht grundsätzlich nicht geben.“ Diesmal gingen die Christdemokraten mit, weil der Haushalt trotz Verschuldung genehmigungsfähig sei.
Grüne wollen Zukunft gestalten
Mit einem Zitat des ZF-Vorstandsvorsitzenden Wolf-Henning Scheider begann die Fraktionschefin der Grünen, Anna Hochmuth, ihre Haushaltsrede: „Wir haben an allem gespart, außer an der Zukunft.“ Die Grünen fragten sich allerdings, ob das auch auf den Doppelhaushalt zutreffe. Denn das Wort ISEK und damit das unter großer Bürgerbeteiligung gefasste Stadtentwicklungskonzept tauche kein einziges Mal im Haushaltsplan auf – ein „Schlag ins Gesicht“ der am Prozess beteiligten Bürger.
Dabei wollten die Häfler sehen, dass die 500 000 Euro, die dafür in die Hand genommen wurden, „Wirkung entfalten“, so Hochmuth. Deshalb stelle die Fraktion ihr Handeln unter das ISEK-Motto „Wir gestalten Zukunft“. Die Grünen wollten in der Krise gestalten, Leitmotiv sei dabei das Gemeinwohl. „Wir machen Dinge nicht, weil wir sparen müssen“, erklärte Anna Hochmuth. Die Verschiebung solcher Projekte wie Veloring oder Uferpark seien keine Vertrauen schaffende Politik, wenn auf der anderen Seite Geld ausgegeben wird, was nicht dem Gemeinwohl diene, wie für den Flughafen. Das Schutzschirmverfahren werde man „kritisch begleiten.“
SPD will Projekte trotz Geldnot vorantreiben
Auch die SPD-Fraktion beruft sich auf das Stadtentwicklungskonzept ISEK und will wichtige Themen nicht aufs Abstellgleis schieben. Zwar sei der finanzielle Spielraum eingeschränkt, sagte Fraktionschef Wolfgang Sigg. Aber seine Fraktion möchte Planungen und Projekte so weit vorbereiten, dass die Stadt nach der Krise mit wieder mehr Geld in der Kasse durchstarten könne.
Dazu zählen SPD und Fraktionskollege Sander Frank (Die Linke) den Hinteren Hafen, das Bundesbahn-Gelände, Uferpark und Museumskonzept, die Umgestaltung der Friedrichstraße und den Bau des Karl-Olga-Hauses mitsamt dem Kindergarten. Die Fraktion stehe außerdem hinter dem Klinikum, dessen finanzielle Schieflage zu beseitigen ist. Hierfür könnten Stiftungsgelder „nicht besser verwendet werden“, so Sigg.
Netzwerk will Augenmaß, aber keinen Stillstand
„Nicht in der Krisenbewältigung stehen bleiben“, mahnte Jürgen Holeksa, Fraktionschef des Netzwerks für Friedrichshafen. Auch wenn die Finanzen Grenzen setzen. Eine Verschuldung von über 60 Millionen Euro und eine Liquidität auf dem Minimum seien wohl Kennzeichen einer „neuen Normalität“.
Trotzdem könne bei Investitionen von 180 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren „von Stillstand keine Rede sein“. Seine Fraktion wolle mit Anträgen wie zur Entwicklung des Zoll-Areals „wichtige Signale für die Zukunft“ setzen. Fakt sei aber auch, dass Risiken nicht eingepreist seien – von ZF-Arena über „Caserne“ bis zum Flughafen. Einer nochmaligen Finanzspritze erteilte Jürgen Holeksa für seine Fraktion eine Absage.
Freie Wähler sehen „ungewohnte Herausforderungen“
Dass auch in Friedrichshafen die Wünsche nicht mehr in den Himmel und die Schulden in astronomische Höhen wachsen können, sei für die „verwöhnten“ Häfler eine neue und ungewohnte Herausforderung, sagte Dagmar Hoehne für die Freien Wähler im Rat. Bisher sei es nicht „unsere Stärke“ gewesen, sich in Bescheidenheit zu üben und genau zu überlegen, wo man Prioritäten setzt. Die Freien Wähler wollen daher Schwerpunkte setzen, die dafür sorgen, dass „das brachliegende soziale und kulturelle Leben Impulse bekomme“.
FDP will nicht mehr als 80 Millionen Euro Schulden zulassen
Die Stadt muss finanziell etwas kürzer treten, doch ein „strikter Sparhaushalt“ sei der Haushaltsplan nicht, sagte FDP-Fraktionschefin Gaby Lamparsky. Um Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung werde man nicht herum kommen. Ihre Fraktion werde sich den Vorschlägen der Verwaltung nicht verweigern, wenn es um höhere Gebühren etwa geht. Grund- und Gewerbesteuern wolle die FDP aber auf jeden Fall stabil halten.