Corona: An diesem Wort kam keine Fraktionschefin, kein Fraktionschef vorbei, der oder die am Montagabend seine Haushaltsrede hielt. Mit der Pandemie sind die fetten Jahre in Friedrichshafen erst einmal vorbei. So lassen sich die Eckdaten dieses Budgetplans bis Ende 2022 jedenfalls lesen, auch wenn die aktuelle Gewerbesteuer-Prognose deutlich besser ist als noch im Januar. Mit 41 Millionen Euro rechnet das Rathaus nun in diesem Jahr, mit 37 Millionen Euro im nächsten. Damit fehlen aber trotzdem einige Millionen an Gewerbesteuer, nimmt man die durchschnittliche Summe von 50 Millionen Euro jährlich in der letzten Dekade.

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Ein Teil davon will das Rathaus durch Einsparungen in der Verwaltung und beim Personal, aber auch durch höhere Gebühren kompensieren. Um vor allem die Investitionen zu finanzieren, kommt die Stadt nicht umhin, neue Schulden zu machen. Neue Kredite sind eingeplant, sodass die Stadt Ende 2022 wohl mit über 60 Millionen Euro in der Kreide steht.

Bild 1: Vom Not-Haushalt zum Spar-Haushalt: Der Budgetplan der Stadt für zwei Jahre steht
Bild: Kerstan, Stefanie

Denn gleichzeitig haben die Ratsfraktionen diesem Doppelhaushalt ihren Stempel aufgedrückt. Einige Projekte, die das Rathaus erst einmal auf die lange Bank schieben wollte, werden nun doch finanziert – wenn auch oft nur erste Planungsmittel dafür. Über 100 Anträge hatten CDU und Grüne, SPD und FDP, Freie Wähler und Netzwerk gestellt und damit ihren Willen bekundet, das Rad in der Stadt trotz der Geldnot weiter zu drehen.

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OB-Ruf nach „striktem Haushalten“ kommt nicht ganz an

Insofern verhallte der Ruf von Oberbürgermeister Andreas Brand ein Stück weit, der noch im Januar mahnte, jetzt sei „striktes Haushalten“ angesagt. Dafür Schulden bis an die Schmerzgrenze zu machen, erschien der Ratsmehrheit als vertretbar. Bis auf drei Anträge wurden am Montagabend alle gesammelt beschlossen. Gemeinde- und Ortschaftsräte hatten sich bereits vor der Sitzung am Montag in den Beratungen der Ausschüsse darauf verständigt, was zusätzlich im Doppelhaushalt aufgenommen wird. In Summe sind das Mehrausgaben von 12 Millionen Euro bis Ende 2022.

Der Doppelhaus ist unter Dach und Fach, wird aber auch für Oberbürgermeister Andreas Brand und die Verwaltung ein Kraftakt.
Der Doppelhaus ist unter Dach und Fach, wird aber auch für Oberbürgermeister Andreas Brand und die Verwaltung ein Kraftakt. | Bild: Cuko, Katy

So stehen nun (mehr) Gelder unter anderem für die Albert-Merglen-Schule, die Rotachhalle in Ailingen, für das Kulturhaus „Caserne“ oder die Begrünung des Adenauerplatzes im Finanzplan der beiden Jahre drin. Für die Entwicklung des Zollhaus-Areals sind Mittel eingestellt, für die Erschließung des Baugebiets im Lachenäcker in Kluftern ebenso. Nach der kompletten Öffnung der B 31-neu soll die Neugestaltung von Albrecht- und Maybachstraße angeschoben werden, und es gibt Millionen für den Radverkehr in der Stadt. Ein „anspruchsvolles Programm“, kommentierte OB Andreas Brand mit Blick auf die „Leistbarkeit“ der Verwaltung. Um das abzuarbeiten, müsse der Rat Prioritäten setzen und klar sagen, in welcher Reihenfolge die Projekte vorangetrieben werden sollen.

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Im Stiftungshaushalt muss die Stadt Ausgaben von rund 85 Millionen pro Jahr komplett aus der Rücklage nehmen, da es von der ZF in diesem Jahr keine Dividende gibt. Damit dürfte etwa die Hälfte des Angesparten aufgebraucht sein, wenn das Jahr 2021 zu Ende geht. Noch ein „Null-Jahr“ der ZF, und das Sparschwein der Zeppelin-Stiftung ist leer.

Gebühren und Beiträge steigen – früher oder später

Für die Häfler bleibt dieser Spar-Haushalt jedoch nicht ohne Auswirkungen. Bereits beschlossen wurden am Montag die Erhöhung von Hundesteuer, Zweitwohnungssteuer und Vergnügungssteuer ab nächstem Jahr. Auch die Rathaus-Gebühren sollen steigen. Der Gemeinderat gab mehrheitlich auch seine Zustimmung, dass Bestattungs- und Parkgebühren neu kalkuliert werden und die Bädergebühren auf den Prüfstand kommen und wohl erhöht werden. Für eine „Anpassung“ der Gebühren für Kitas und Schulessen allerdings gab es keine Mehrheit, wenn auch nur knapp. Dafür sollen die Freiwilligkeitsleistungen der Stadt in den Kindertagesstätten von derzeit 2,4 Millionen Euro „auf vertretbare Einsparungen“ überprüft werden. Vom Tisch ist derzeit auch die Kürzung der Vereinszuschüsse, zumindest in diesem Jahr. 2022 soll es rund 400 000 Euro weniger geben.

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Auch wenn der Doppelhaushalt unterm Strich ausgeglichen ist: Viel Luft für Unvorhergesehenes bleibt nicht. Dafür Risiken, die nicht eingepreist sind, wie beispielsweise Sanierung oder Neubau der ZF-Arena oder zusätzliches Geld für den Flughafen, der im Insolvenzverfahren steckt.