Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vor fast einem Jahr schien Albrecht von Brandenstein-Zeppelin mit seinem Latein am Ende. Der jahrelange Rechtsstreit schien endgültig entschieden, der Graf mit seiner Klage unterlegen. Seit 2015 versuchen er und sein Sohn Frederic, die Zeppelin-Stiftung aus der Hand der Stadt Friedrichshafen zu lösen. Die wurde 1947 per Gesetz aufgelöst und die Verwaltung des Vermögens an die Stadt übertragen. Die Nachfahren des Luftschiffpioniers halten das für rechtswidrig.

Gericht urteilt: Kein Recht zu klagen

Die Richter in Mannheim urteilten, die Stifterfamilie habe kein Recht, für die Stiftung zu klagen. Allerdings wies der VGH einen anderen Weg: Die Nachfahren hätten ein berechtigtes Interesse, einen Notvorstand für die Stiftung zu beantragen. Der wäre dann befugt, für die Rechte der Zeppelin-Stiftung einzutreten.

Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin kommt in den Saal des Verwaltungsgerichts vor Beginn des Prozesses um die Zeppelin-Stiftung, den ...
Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin kommt in den Saal des Verwaltungsgerichts vor Beginn des Prozesses um die Zeppelin-Stiftung, den er am Ende verlor, weil er kein Klagerecht hat. | Bild: Felix Kästle (Archiv)

Diesen Rechtsweg schlägt die Stifterfamilie nun ein. Am Mittwoch habe Albrecht von Brandenstein-Zeppelin beim Amtsgericht in Ulm beantragt, einen Notvorstand für die Zeppelin-Stiftung einzusetzen, erklärt Wolfgang Schuster. Der Oberbürgermeister a.D. von Stuttgart wird darin als Mitglied dieses Notvorstands vorgeschlagen. Ebenfalls benannt ist Ulrich Palm, Rechtswissenschaftler und Professor an der Universität Hohenheim, sowie Conrado Dornier, Enkel des Gründers der Dornier-Werke. „Ich werde, falls das Amtsgericht Ulm so entscheidet, diese Aufgabe übernehmen“, so Schuster in einem exklusiven Gespräch mit SÜDKURIER und Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) am Mittwoch.

Rechtsweg bald wieder offen?

Folgt das Amtsgericht Ulm dem Antrag, wäre der Rechtsweg also wieder offen. Laut Urteilsbegründung des VGH ist das kein aussichtsloses Unterfangen: Es erscheine „nicht ausgeschlossen“, dass die Stifterfamilie die Voraussetzungen dafür „glaubhaft machen können“.

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Warum haben sich die Zeppelin-Nachfahren nun doch entschlossen, den Rechtsweg weiter zu gehen? Im Januar dieses Jahres teilte Albrecht von Brandenstein-Zeppelin mit, dass er seine Berufung gegen das VGH-Urteil zurückziehe. Nach dieser Entscheidung sei aber „umso mehr der Gesetzgeber gefordert, um den offensichtlichen Missbrauch von Stiftungen durch die öffentliche Hand in politisch labilen Zeiten zu beenden“. Doch weder der Bund noch das Land Baden-Württemberg sahen sich dazu veranlasst.

Wolfgang Schuster, Alt-Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, hat den Zeppelin-Freundeskreis für Ecoflying gegründet.
Wolfgang Schuster, Alt-Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, hat den Zeppelin-Freundeskreis für Ecoflying gegründet. | Bild: Cuko, Katy

Für Wolfgang Schuster lässt sich das Rad der Geschichte nicht einfach zurückdrehen. Aus seiner Sicht könne man aber darüber sprechen, wie sich der Stifterwille heute im Sinne des Grafen umsetzen lässt. Dass die Stadt Friedrichshafen die Gelder ‚konsumiert oder in Sparstrümpfe steckt‘, werde auch der Verantwortung gegenüber den Stiftungsbetrieben mit über 150.000 Mitarbeitern weltweit nicht gerecht.

Gesprächsangebote abgelehnt

Bisher prallte der Ex-OB der Landeshauptstadt aber mit seinen Gesprächsangeboten im Auftrag der Stifterfamilie ab – bis hin zum Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne). Weder die Landesbehörden noch OB Brand seien an einem „einvernehmlichen Interessenausgleich“ zwischen Land, Stadt Friedrichshafen und Stifterfamilie interessiert.

Begründung: Wo kein Kläger, da kein Richter. „Für die ist das Thema erledigt“, sagt Wolfgang Schuster. Eine Haltung, die für ihn weder nachvollziehbar noch rechtlich haltbar sei. Mehrere Gutachten dazu lägen vor, dass die Stiftungsauflösung nicht rechtens und auch nicht wirksam sei. Die Stadt Friedrichshafen ist da allerdings gegenteiliger Auffassung und verwies immer wieder auf eigene Rechtsgutachten.

Büste des Luftschiffpioniers Graf Ferdinand von Zeppelin. Sein Erbe wirft lange Schatten.
Büste des Luftschiffpioniers Graf Ferdinand von Zeppelin. Sein Erbe wirft lange Schatten. | Bild: Cuko, Katy (Archiv)

„Der Notvorstand ist ein juristischer Hebel, um noch einmal anzuklopfen“, erklärt der Ex-OB, der weiß, wie die Politik in Stuttgart tickt. „Aufgabe dieses Notvorstandes ist es, im Verhandlungswege dem ursprünglichen Stifterwillen Rechnung zu tragen.“ Und der lautet: Forschung in der Luftfahrt.

Konzept für Forschungszentrum am Flughafen

Dafür hat Schuster am Mittwoch ein Konzept vorgelegt, das aus seiner Sicht ganz im Sinne des Grafen Zeppelin sei. Er will mit dem neu gegründeten Verein Zeppelin-Freundeskreis für Ecoflying e.V. am Flughafen Friedrichshafen ein europäisches Forschungszentrum für nachhaltiges Fliegen schaffen. Das Geld dafür soll aus den Erträgen der Zeppelin-Stiftung kommen, ergänzt um Drittmittel. „Bei diesem Weg wäre die Stadt Friedrichshafen der große Gewinner“, glaubt Schuster.

Notvorstand als Drohung?

Verliefen diese Gespräche allerdings erneut ohne befriedigendes Ergebnis, werde man über den Notvorstand klagen. „Bis heute gibt es keine gerichtliche Entscheidung darüber, ob die Auflösung der Stiftung im Jahre 1947 rechtswirksam erfolgt ist“, findet Wolfgang Schuster. Dann wäre es Zeit, den Status der Stiftung ein für alle Mal zu klären.