Es blieb kein Geheimnis, dass am Montag die Zukunft der ZF in nicht-öffentlicher Sitzung des Gemeinderates auf der Tagesordnung stand. Und die Nachrichten scheinen nicht gut gewesen zu sein. Am Donnerstag informierte das Unternehmen alle seine Mitarbeiter darüber, dass ein Stellenabbau mittlerweile nicht mehr abzuwenden sei. Und die Zahlen, die in der Mail genannt werden, lassen nichts Gutes ahnen. Bis 2025 will ZF 15 000 Stellen abbauen, die Hälfte davon in Deutschland. Wer befristet beschäftigt ist, wird wohl keine Chance mehr haben, übernommen zu werden. Wie hart es den Standort Friedrichshafen treffen wird ist derzeit völlig unklar.
Auszüge aus der E-Mail
Unter dem Betreff: „Wichtige Informationen zur aktuellen Lage“ heißt es in der E-Mail, die dem SÜDKURIER vorliegt: „Aus heutiger Sicht müssen wir bis 2025 weltweit unsere Kapazitäten anpassen und 12 000 bis 15 000 Arbeitsplätze abbauen, davon etwa die Hälfte in Deutschland. Bei einem mitarbeiterorientierten Unternehmen wie ZF ... muss dieses immer vermieden werden, solange andere Maßnahmen noch möglich sind. Solchen Spielraum haben wir aktuell nicht mehr, weshalb wir jetzt schnell und konsequent handeln müssen.“

Obwohl das China-Geschäft wieder gut angelaufen sei, könne das die Umsatzeinbrüche in anderen Teilen der Welt nicht annähernd ausgleichen. „Aufgrund des Nachfragestopps auf Kundenseite wird unser Unternehmen 2020 große Verluste machen“, teilt die Unternehmensführung weiter mit.
Krise wird länger dauern
„Alle bislang getroffenen Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, denn die Krise wird länger dauern und wir werden selbst 2022 bei unserem Umsatz spürbar unter unseren Planungen liegen. Kurzfristig wird das Unternehmen zusätzliche Beiträge aus dem Kreis der Mitarbeiter brauchen, um das Jahr 2020 zu bewältigen“, schreiben ZF-Vorstandschef Wolf-Henning Scheider und Personal-Vorständin Sabine Jaskula.
Erst vor wenigen Wochen hatte Andreas Moser, Leiter der Division Nutzfahrzeugtechnik, in einer Pressekonferenz „tiefgreifende Einschnitte“ angekündigt. Zwar sprach Moser noch nicht explizit von Stellenabbau, teilte aber mit, dass „eine daten- und faktenbasierte Analyse darüber, was in den nächsten Jahren auf uns zukommen wird“ angestellt werden müsse. Danach werde das Unternehmen „die notwendigen Dinge angehen“, weil sich ZF in einer „extrem kritischen Lage“ befinde.

Sowohl die Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie als auch die rückläufige Nachfrage machen der ZF zu schaffen. Schon bei der Bilanzpressekonferenz im März war klar geworden, dass der Automobilzulieferer mit massiven Einbrüchen zu kämpfen hat. Schon im März wollte ZF-Chef Scheider für 2020 keine Prognose abgeben. 2019 hatte ZF bereits Rückschläge hinnehmen müssen. Der Gewinn nach Steuern brach um fast 60 Prozent auf rund 400 Millionen Euro ein.
Betriebsrat will um Arbeitsplätze kämpfen
ZF-Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich äußerte sich auf Nachfrage des SÜDKURIER zu der E-Mail nur kurz und knapp. „Unser oberstes Ziel ist es, die Beschäftigung zu sichern. Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen.“ Eigentlich gilt am Standort Friedrichshafen eine Beschäftigungs-Sicherungs-Vereinbarung bis 2022. Wie es danach weiter gehen wird, ist derzeit unklar.
In der E-Mail heißt es weiter, dass der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall bereits vom ZF-Vorstand informiert worden seien, man warte derzeit auf eine Stellungnahme. „Die Detailplanung wird in den nächsten Wochen erarbeitet und mit der Arbeitnehmervertretung verhandelt. All dies ist leider notwendig, um ZF nachhaltig wirtschaftlich zu sichern und an die neue Realität anzupassen“, heißt es in der E-Mail weiter.
Offiziell wollte sich das Unternehmen nicht zu dem Vorgang äußern. „Wir geben keinen Kommentar, da es sich um interne Kommunikation des Unternehmens handelt“, sagte ein Konzernsprecher auf Nachfrage des SÜDKURIER.