Keine zwölf Stunden liegen zwischen beiden E-Mails. Am späten Dienstagabend teilte das Ehepaar Krupp-Versen mit, dass sich nun eine Bürgerinitiative gegen das geplante Hotel auf dem Schlossgarten-Areal formiert habe. Die nennt sich „Kein Hochpunkt Friedrichshafen„. Am Mittwochvormittag schickte die städtische Pressestelle ein Statement des Häfler Jugendparlaments. Tenor: Die jungen Leute „sehen es als eine tolle Initiative an, diesen Hochpunkt zu errichten“.

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Mit Widerstand mussten die Eigentümer des Areals an der westlichen Friedrichstraße rechnen, als sie ihre Hotel-Pläne kurz nach der Ratssitzung am 22. Februar öffentlich machten. Die Netzwerk-Fraktion wollte einen „Hochpunkt„ an dieser Stelle, wie es der Rahmenplan seit 2012 vorschlägt, verhindern. Ohne Erfolg.

„Gewaltiger Fremdkörper im Wohnquartier“

Schon davor hatten sich Christine Krupp-Versen und Axel Versen an die Öffentlichkeit gewandt und die Gründung einer Bürgerinitiative avisiert, wenn es beim „Hochpunkt„ bleibt. Nun haben sich Anwohner der umliegenden Wohnquartiere, Häfler Hoteliers und weitere Bürger der Stadt zusammen geschlossen, teilt das Ehepaar mit, das ganz in der Nähe am Alten Friedhofsweg zuhause ist.

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Sie führen viele Gründe ins Feld, warum sie gegen die Hotel- und Hochhauspläne sind. Der Bau würde „doppelt so hoch wie die umgebende Bebauung wie ein gewaltiger Fremdkörper aus dem Wohnviertel“ herausragen. Der stünde dann nicht an einem breiten Boulevard, sondern an einer zweispurigen Straße mit schwierigen Kreuzungsverhältnissen. Und: Häfler Hoteliers fürchteten eine schärfere Konkurrenz vor allem im Winterhalbjahr, zumal künftig weniger Geschäftsreisende erwartet werden. Kleinere Betriebe wären gegenüber einer großen Hotelkette dabei benachteiligt.

Vorgehen der Stadtverwaltung stößt auf massive Kritik

Nicht zuletzt stößt bei der Bürgerinitiative jedoch das Vorgehen von Stadtverwaltung und Teilen des Gemeinderats „auf massive Kritik“. Mehr noch: Was in der Ratsvorlage zum Netzwerk-Antrag stand sowie der Verlauf der Ratssitzung am 22. Februar „haben unser Vertrauen erschüttert“, schreibt das Ehepaar Versen im Namen der Bürgerinitiative. Befürchtet wird, dass die Bürgerschaft auf die Pläne nicht mehr in relevantem Maße Einfluss nehmen kann. Dabei sollten eigentlich, bevor der Gemeinderat die planerische Entwicklung des Hochpunkts beschließt, die Bürger beteiligt werden. Das fand – bedingt durch die Pandemie – bisher nicht statt.

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Nun liegt das Konzept der OS2K Projekt GmbH, hinter der die Eigentümer des „Schlossgarten„, darunter CDU-Gemeinderat Daniel Oberschelp, stehen, auf dem Tisch. Die Mehrheit des Rats habe dieses Konzept bereits in Stille „adoptiert“, schreibt die Bürgerinitiative. Das sei in seiner Gesamtheit aber so starr, dass nach Ansicht der Gegner „keine wirksamen Modifikationen oder Reduktionen möglich sind“.

Bürgerinitiative fordert Beteiligung der Bürgerschaft

Zu einem Bebauungsplan für das Quartier Oranienstraße habe die Stadt in den vergangen Jahren nicht die Kraft gehabt. Jetzt soll der Investor mit einem Bebauungsplan nur für sein Projekt planerisch in Vorleistung gehen – was vom Rat aber noch nicht beschlossen wurde. Der Acht-Punkte-Plan für „vorhabenbezogene Bebauungspläne“ beziehe sich jedoch ausdrücklich auf den Wohnungsbau. Und der sehe in Punkt 6 lediglich eine „informelle Öffentlichkeitsbeteiligung durch den Investor“ vor, heißt es in der Mitteilung.

Ein Hochhaus am Ende der Friedrichstraße? So sieht es der Rahmenplan seit 2012 vor.
Ein Hochhaus am Ende der Friedrichstraße? So sieht es der Rahmenplan seit 2012 vor. | Bild: Wick&Partner

Deshalb fordert die Bürgerinitiative von der Stadt „nachdrücklich“, im Bebauungsplan-Verfahren „zwingend die Öffentlichkeit zu beteiligen“. Knapp 1100 Personen, davon über 800 Häfler, unterstützen die Initiative bisher und lehnen das Hotel-Hochhaus ab.

Jugendvertreter sind für den Hochpunkt

Ganz anders das Häfler Jugendparlament: „Wir im Jugendparlament sehen es als eine tolle Initiative an, diesen Hochpunkt zu errichten“, heißt es im Wortlaut, so die städtische Pressestelle. Die Jugendvertreter befürworten demnach ausdrücklich einen Bau in die Höhe anstatt in die Breite und verweisen auf den Klimawandel. Den Befürchtungen der Bürger müsse aber Rechnung getragen werden, weshalb sie „an der Ausgestaltung des Hochpunktes angemessen beteiligt“ werden sollten.

Das Hotel Schlossgarten in der Friedrichstraße schloss 2016 geschlossen. Seither wird es vom Landratsamt als Gemeinschaftsunterkunft für ...
Das Hotel Schlossgarten in der Friedrichstraße schloss 2016 geschlossen. Seither wird es vom Landratsamt als Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete genutzt. | Bild: Ambrosius, Andreas

Eigentlich geht es den Jugendlichen aber um etwas anderes. „Wir wollen Friedrichshafen lebendig machen“, ist da zu lesen. Die nachfolgenden Zeilen suggerieren, dass die Mitglieder des Jugendparlaments – genau wie der Gemeinderat – vom Hotel-Konzept ja noch nichts wissen. Denn sie schreiben, das noch nicht feststehe, „was mit dem Hochhaus konkret geschehen soll“. Allerdings klingt das, was die Jugendvertreter da als deutliche Präferenz beschreiben, sehr nach den Plänen der Investoren.

Jugendparlament will „offenes Wohnzimmer“

„Wir stellen uns ein offenes Wohnzimmer vor, das je nach Wunsch unterschiedlich genutzt werden kann. Sowohl von Auswärtigen als auch von Häfler Bürgern“, schreiben sie. Sie denken an „gute Unterkünfte und Orte der Begegnung, zum Dealmaking nach der Konferenz, zum Dialog“. Also etwas, das „absolut notwendig für die zukünftige Attraktivität in Friedrichshafen„ sei. Da passt ein „me and all“-Hotel, dass von den Investoren als „neues Wohnzimmer von Friedrichshafen„ beschrieben wird, ganz gut ins Konzept.

Sehnsucht nach Orten, „die nicht um 19 Uhr die Bürgersteige hochklappen“

Denn hier sind, so legten die Eigentümer dar, bis zu 150 kostenfreie Veranstaltungen pro Jahr abends in der Lobby geplant. „Häfler Bürger sind auch alle Menschen unter 20 Jahren, die sich nach Orten sehnen, die nicht um 19 Uhr die Bürgersteige hochklappen, an denen man ungestört und locker in einem coolen Ambiente zusammenkommen kann. Von solchen Orten gibt es in Friedrichshafen viel zu wenig“, erklärt das Jugendparlament.