Die beiden großen christlichen Konfessionen verlieren immer mehr Mitglieder. So ist die Zahl der Menschen, die einer Kirche angehören, im vergangenen Jahr bundesweit erneut zurückgegangen. Und das hat auch Auswirkungen auf den Immobilienbestand. Bis 2060 könnten die Kirchengemeinden einem Positionspapier zufolge rund 40.000 Immobilien aufgeben – auch Kirchen sind nicht mehr vom Verkauf oder einer Umwidmung ausgeschlossen. Umso erstaunlicher mag es da scheinen, dass in Friedrichshafen eine Kirche neu gebaut wird.

Gebäude ist stark sanierungsbedürftig

„Der Neubau von Kirchen ist tatsächlich recht selten geworden“, sagt Kirchengemeinderat Roland Merz. In Jettenhausen steht ein solcher nun bevor, denn die Kirche St. Maria, die in den 1960er-Jahren gebaut wurde, ist stark sanierungsbedürftig. „Eine Überprüfung des Gebäudes hat ergeben, dass die Traglast des Dachs nicht mehr ausreichend gegeben ist“, erläutert Merz und zieht zum Vergleich die ZF-Arena heran. Diese wurde 2020 geschlossen, nachdem Gutachter vor allem die Dachkonstruktion der Halle als problematisch eingestuft hatten.

Das Gebäude aus den 1960er-Jahren wird abgerissen.
Das Gebäude aus den 1960er-Jahren wird abgerissen. | Bild: Fabiane Wieland

„Auch wir müssten die Kirche bei hohen Schneelasten aktuell sperren“, betont Merz. Für eine Sanierung wären große Investitionen nötig gewesen. Nach der Wirtschaftlichkeitsprüfung habe man sich daher für einen Neubau des mehr als 60 Jahre alten Gebäudes entschieden. In St. Maria finden aktuell rund 700 Menschen Platz. „Das ist eigentlich zu groß“, betont Merz, „auch an hohen Feiertagen wird sie nicht mehr voll.“ Die neue Kirche soll daher nur noch halb so groß werden. Das bestehende Gebäude soll mit Ausnahme des Glockenturms abgerissen werden.

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Viel Holz und vom Licht durchflutet

Die neue Kirche wird als Holzhybridbau mit Lehmbestandteilen errichtet. Es werden trennbare Baustoffe verwendet, um Recycling und Wiederverwertung zu erleichtern. Das Gebäude wird mit Photovoltaik-Modulen ausgestattet und nutzt Erdwärme. Zudem soll es eine natürliche Belüftung mit drehbaren Verschattungselementen geben. Das Besondere für Roland Merz ist allerdings die Form des Gotteshauses. Dieses sei rund und erinnere architektonisch ein wenig an die Kapelle der Versöhnung in Berlin. Die Glaselemente sorgen für einen lichtdurchfluteten Innenraum, sagt Roland Merz. Der sakrale Charakter bleibe erhalten. Dieser kann künftig durch die Ausstattung insgesamt flexibler genutzt werden.

So sollen Pfarrkirche und Gemeindehaus künftig aussehen.
So sollen Pfarrkirche und Gemeindehaus künftig aussehen. | Bild: Visualisierung Braunger Wörtz Architekten

Die neuen Gemeinderäume sollen von den Kirchengemeinden St. Maria und Zum Guten Hirten in einem Gebäude vereint und gemeinsam genutzt werden, erklärt Merz. 2023 war für das Projekt ein Planungswettbewerb ausgelobt worden, im Frühjahr 2024 hatte ein Preisgericht entschieden. „Nach und nach wird es nach langer Vorbereitung nun immer konkreter“, freut sich der Kirchengemeinderat. Er geht davon aus, dass im kommenden Jahr mit dem Abbruch des Bestandsgebäudes begonnen werden kann.

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Info-Veranstaltung geplant

In seiner Sitzung stimmte der Gemeinderat dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Neubau der Kirche und der Gemeinderäume in Jettenhausen zu. Nach Angaben der Stadt sollen die Bürger bei einer Info-Veranstaltung mehr über das Projekt erfahren. Der Termin soll voraussichtlich noch im Frühjahr sein. Danach folgen im Herbst der Entwurfsbeschluss und voraussichtlich im Winter die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange. Der Satzungsbeschluss soll dann aller Voraussicht nach im Frühjahr 2026 erfolgen. Man habe viel Herzblut in die Planung gesteckt, betont Roland Merz: „Jetzt freuen wir uns auf die Umsetzung.“