Nach Bekanntwerden der schweren Vorwürfe gegen den Medizin Campus Bodensee (MCB) scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Wie der SÜDKURIER aus mehreren Quellen erfahren hat, wurde für Mittwoch eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrats anberaumt. Dessen Aufgabe ist es unter anderem, die Geschäftsführung zu beraten und zu überwachen.
Klinikleitung unter Druck
Die Geschäftsführung ist seit Tagen unter Druck. Nach dem Freitod der Leitenden Oberärztin der Internistischen Intensivstation wurde bekannt, dass die Frau bereits im Dezember 2021 ihren Chefarzt vor einer massiven Gefährdung des Patientenwohls durch mangelnd qualifizierte Assistenzärzte gewarnt hatte. Kurze Zeit darauf soll es zu mehreren vermeidbaren Todesfällen und Fällen von Patientengefährdung gekommen sein. Zudem soll es Aufforderungen zur Vertuschung seitens der Geschäftsführung gegeben haben.
Weitere Vorwürfe werden vom Anwalt der Verstorbenen, Detlef Kröger, erhoben. Es geht etwa um den Verdacht, wonach ein Notarzt mit seiner Patientin vom Akutversorger MCB abgewiesen worden sein sollen. Öffentlich hat sich die Klinikleitung bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert, weist diese zurück und bezieht sich dabei auf ein Gutachten. Dieses wird jedoch von Beteiligten in Zweifel gezogen.
Großer Wunsch nach Aufklärung
Beschäftigte des Krankenhauses – sowie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger – wünschen sich eine genaue Aufarbeitung der Fälle. So forderte etwa ein Oberarzt im Rahmen einer Betriebsversammlung am MCB von Geschäftsführer Franz Klöckner: „Das Ergebnis ist offen, ich habe da kein Problem mit. Aber arbeiten Sie es auf. Sonst verlieren Sie einen Großteil des Personals.“ Auch Anwalt Detlef Kröger fordert im SÜDKURIER-Interview: „Herr Oberbürgermeister Brand, sorgen Sie für Aufklärung im Krankenhaus!“
Kröger adressiert den Oberbürgermeister in dessen Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums. Im Gremium sitzen noch eine ganze Reihe anderer Akteure, darunter zahlreiche Mitglieder des Gemeinderats Friedrichshafen. Im Kern soll es nach Angaben informierter Kreise um die Vorwürfe gegen das Klinikum gehen – eine Beschlussvorlage gibt es bisher noch nicht. Der Wunsch vieler Beschäftigter, mit denen der SÜDKURIER in Kontakt steht, ist allerdings klar. Sie wünschen sich Konsequenzen für den in ihren Augen nicht mehr tragbaren Chefarzt des Hauses.
Die Stadt Friedrichshafen bestätigt die Sitzung übrigens nicht offiziell, dementiert sie aber auch nicht. Auf Anfrage heißt es aus dem Rathaus: „Aufsichtsratssitzungen finden nichtöffentlich statt und unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Eine Auskunft über Termine und Inhalte können wir daher generell nicht geben.“
Das sagt die Sana Kliniken AG
Auch die Sana Kliniken AG gibt sich bislang bedeckt. Das Unternehmen ist als externes Management damit beauftragt, die Sanierung der finanziell klammen Klinik zu begleiten. Trotz der schwerwiegenden Vorwürfe will Sana seinen vertraglichen Pflichten nachkommen, schreibt ein Sprecher auf Nachfrage. Eigentlich sollte bis zum Jahresende eine Standort- und Medizinstrategie vorgelegt werden. Ob dieser Zeitplan eingehalten wird, darauf ging der Sprecher nicht ein – genauso wenig wie auf die Frage, ob und wie sich Sana bei mit Blick auf die Aufsichtsratssitzung positionieren wird. Auch hätte der SÜDKURIER gerne erfahren, wann Sana von den Warnungen der Oberärztin erfahren hat. Doch auch hier blieb das Unternehmen eine Antwort schuldig.