Als Richter und Schöffen den Saal betreten, um Recht zu sprechen, wenden sie das an, was der Vorsitzende im Prozessverlauf das „schärfste Schwert des Strafgesetzbuchs“ nannte. Das Gericht verurteilt den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, sah das Mordmerkmal der Heimtücke als gegeben. Angeklagt worden war der 84-Jährige, der seine Lebensgefährtin in Friedrichshafen-Berg erschossen haben soll, wegen Totschlags.

Mit einem Schuss in den Kopf ihr Leben beendet

Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte in den frühen Morgenstunden des 27. September mit einer Pistole das Wohnzimmer betrat und mit einem Schuss in den Kopf seiner Partnerin ihr Leben beendete. Diese habe im heimischen Wohnzimmer nicht mit einem Angriff auf ihr Leben rechnen können, sagte der Vorsitzende Richter Veiko Böhm in seiner Urteilsbegründung und fügte hinzu: „Das war ein Heimtücke-Mord.“ Die Legende eines Suizides habe der Angeklagte erfunden und bis zu Prozessbeginn aufrechterhalten.

In einer Wohnanlage für Senioren soll der Angeklagte im September 2023 seine Lebensgefährtin erschossen haben.
In einer Wohnanlage für Senioren soll der Angeklagte im September 2023 seine Lebensgefährtin erschossen haben. | Bild: Benjamin Schmidt (Archiv)

Noch wenige Minuten vor ihrem Tod habe seine Partnerin eine Nachricht an den Nebenbuhler – den vermeintlichen Mark Keller – verfasst. Dass es sich bei diesem Chatpartner um Betrüger handeln muss, war den Ermittlern schnell klar geworden, der 84-Jährige und seine Lebensgefährtin hätten allerdings geglaubt, dass es sich um den echten Schauspieler aus Überlingen handelt.

„‘Jetzt kann ich dir endlich schreiben‘ – versehen mit diversen Herzchen und Liebesbekundungen“, das schreibt niemand, der gleich sterben will, so die Ansicht des Vorsitzenden Richters. Der Angeklagte habe diese Nachrichten gelesen. „Ihre Partnerin wollte raus aus der Beziehung. Sie wollten es nicht zulassen, dass sie sich einem anderen Mann zuwendet, sie sollte daher mit dem Tod bestraft werden“, sagte Veiko Böhm in Richtung der Anklagebank. Es dränge sich auf, dass „die Tat eine Hinrichtung war“.

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Staatsanwalt Florian Brütsch hatte eine Verurteilung wegen Mordes und eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert. Als Motiv wertete er, dass sich die Partnerin einem anderen Mann zugewandt hatte. „Auch wenn dieser so nicht existierte, glaubte sie daran.“ Sie wollte ein anderes Leben, das wollte der Angeklagte nicht akzeptieren. Verteidiger Uwe Rung hatte für eine mildere Strafe plädiert, sprach weiterhin von einer fahrlässigen Tötung.

Schreck sei riesengroß gewesen

Der Angeklagte hatte vor dem Urteil das letzte Wort. Während er im Laufe der Ermittlungen und zum Prozessauftakt keine Angaben zur Tat machte, wollte er sich nun äußern. Der Schreck darüber, dass sich ein Schuss gelöst habe, sei riesengroß gewesen. Daraufhin will er seiner Partnerin die Waffe in die Hand gelegt und gesagt haben: „jetzt kannst mich auch mitnehmen“. Erstmals im Prozess zeigte der Angeklagte eine Gefühlsregung. Es tue ihm alles so leid. Wenn er es könnte, würde er es wieder gut machen.

Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Das Gericht hatte eigenen Angaben zufolge geprüft, ob sich das hohe Alter strafmildernd auswirken kann. Bei der Verurteilung wegen eines Heimtücke-Mordes und aufgrund seines Alters sei es eher unwahrscheinlich, dass der Angeklagte nochmal frei kommen werde. Das Alter allein verändere aber nichts am Strafmaß, so das Ergebnis der Kammer. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.