Die Verhandlung begann eine Dreiviertelstunde später als vorgesehen. Zuvor lehnte Wolfgang Rittmann, Direktor des Amtsgerichts Tettnang, einen Befangenheitsantrag ab, den der Angeklagte gegen Richter Oliver Kovatschevitsch gestellt hatte.
Anschließend verlas Rechtsreferendarin Aimée Nöth die Anklage: Im Januar 2020 schlug der Angeklagte demnach seiner Lebensgefährtin in deren Wohnung mehrfach mit der Faust ins Gesicht. Anfang Juni schubste er sie auf dem Romanshorner Platz in Friedrichshafen, wobei die Frau zu Boden fiel und sich eine blutende Wunde im Gesicht zuzog. Beleidigungen wie „Fick dich“ und „Drecksbullen“ mussten sich drei Polizeibeamte bei einer Personenkontrolle am 13. Juli anhören.
Angeklagter spricht von einem „normalen Beziehungsding“
„Ich hatte fast zwei Promille und zusätzlich Tabletten eingeworfen. Ich bin ausgerastet und es tut mir leid“, sagte der Angeklagte während der Verhandlung zum ersten Tatvorwurf. Bei dem Streit habe es sich um ein „normales Beziehungsding“ gehandelt. Ihr blaues Auge könne auch unbeabsichtigt durch einen Stoß mit dem Ellbogen gekommen sein, sagte die Lebensgefährtin des Mannes im Zeugenstand. Die Polizei hatte damals ein Bekannter der Frau gerufen, der bei der Auseinandersetzung mit involviert war.
Partnerin erstattete in beiden Fällen keine Strafanzeige
Auch im Zusammenhang mit dem zweiten Tatvorwurf spielte Alkohol eine Rolle. „Wir waren am See und haben jede Menge getrunken“, so die Lebensgefährtin des Angeklagten. „Ich bin im Sitzen nach einem Schubser umgefallen und habe die Straße geküsst“, erinnerte sie sich. Eigentlich habe sie mit dem Taxi nach Hause fahren wollen, aber der Fahrer habe die blutende Frau dazu gedrängt, zur Polizei zu gehen.
Strafanzeige hatte sie in beiden Fällen nicht erstattet. Die Polizeibeamten im Zeugenstand sagten aus, dass die Frau in beiden Fällen extrem eingeschüchtert gewesen sei und es aus Angst vor Schlimmerem gelassen habe.
„Wir trinken nicht mehr zusammen. Das ist besser.“Der Angeklagte
Vorstrafenregister umfasst 26 Einträge
Pflichtverteidiger Hubert Mangold wies darauf hin, dass das Paar auch ein Jahr nach der ersten Tat noch zusammen sei. „Beide gehen schnell oben raus und eins hat das andere ergeben.“ Nicht hinwegsehen könne man auf das Vorstrafenregister des Angeklagten. Während dieses zuvor verlesen worden war, hatte sich der Angeklagte eine Zigarette gedreht. Es umfasst 26 Einträge von Diebstählen über Beleidigungen, Hausfriedensbruch und Drogendelikten bis hin zu gefährlicher Körperverletzung.
„Er sieht aber ein, dass er sich völlig falsch verhalten hat“, sagte Mangold. Während er für eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten plädierte, forderte Rechtsreferendarin Nöth 13 Monate ohne Bewährung. „Es ist ja nett, dass man mich auch mal fragt“, meinte der Angeklagte, als ihm Richter Kovatschevitsch das letzte Wort erteilte.
Richter sieht keine verminderte Schuldfähigkeit
Mit einer Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung pendelte sich der Richter zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ein. „Ich sehe keine verminderte Schuldfähigkeit“, so seine Begründung. Die Kosten des Verfahrens trägt der Angeklagte.